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23.09.2014 / Theologie / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Joachim Bär

Dem Meister auf der Spur

Werden wie Jesus, geht das? Was die Bibel mit Heiligung meint.

Verwandelt, erneuert, eine neue Kreatur: Christen sind mit ihrem Glauben mitten drin in einem spannenden Veränderungsprozess. Heiligung nennen ihn die biblischen Autoren. Sie machen deutlich: Wer die Welt verändern will, muss bei sich anfangen.

Wie kann ich so leben, dass es Gott gefällt und mein Leben gute Spuren hinterlässt? Wer wirklich als Christ leben will, wird sich diese Frage früher oder später stellen. Es gibt in der Bibel eine Reihe von Hinweisen, wie die Antwort aussehen kann. Die meisten von ihnen haben im Kern ein Thema: Heiligkeit. Im Sinne Gottes zu leben, heißt heilig zu leben.

Diesen Zusammenhang entdeckten schon die Christen der frühen Kirche. Besonders wichtig wurde das Thema Heiligung auch im 18. und 19. Jahrhundert. Damals entstand eine etliche Länder übergreifende Bewegung, die Heiligungsbewegung. Christen unterschiedlicher Konfessionen trafen sich zu damals außerordentlich großen Konferenzen von mehreren Tausend Besuchern, vornehmlich in England. Sie alle trieb der innige Wunsch an, ein Leben zu führen, wie Gott es möchte.

Warum sollte ich aber ein heiliges Leben führen? Muss ich ein moralischer Überflieger werden? Und wie sieht dieses Leben aus?

Heiligkeit ist Gottes Anspruch

Der Wunsch vieler Christen, ein heiliges Leben zu führen, ist gut begründet. Viele Passagen der Bibel rufen Gläubige dazu auf, ein heiliges Leben zu führen. „Darum heiligt euch und seid heilig; denn ich bin der Herr euer Gott“, lässt Gott seinem Volk durch Mose sagen (3. Mose 20,7). Gottes Heiligkeit ist damit der Maßstab für die, die an ihn glauben. Im Neuen Testament ist es vor allem Paulus, der die Christen zu einem heiligen Lebensstil aufruft. Der Gemeinde in Thessalonich schreibt er: „Gott hat uns dazu berufen, ein geheiligtes Leben zu führen und nicht ein Leben, das von Sünde beschmutzt ist.“ (1. Thessalonicher 4,7) Ein heiliges Leben ist bis heute Gottes Auftrag an seine Leute.

Allerdings bekommt die Heiligung durch Jesus einen neuen Bezugspunkt. Gottgefällig zu leben, bedeutet so zu leben, wie Jesus es getan hat. Er ist das Vorbild, dem alle Christen nacheifern sollen. Oder wie Paulus es ausdrückt: „Wen Gott nämlich auserwählt hat, der ist nach seinem Willen auch dazu bestimmt, seinem Sohn ähnlich zu werden.“ (Römer 8,29; vgl. 2. Korinther 3,18)

Paulus liefert damit etwas wie eine Definition von Heiligung: Sie beschreibt eine prozesshafte Erneuerung und Reinigung von allem, was von Gott trennt. Sie beginnt mit der Hinwendung zu Gott (Bekehrung) und hat das Ziel, Jesus immer ähnlicher zu werden. Damit sind Christen nicht nur Nachfolger Jesu, sondern auch seine Nachahmer. Sie sollen ein Leben führen, das mehr und mehr Jesu Art zu denken und zu leben verinnerlicht und übernimmt.

Teamarbeit von Gott und Mensch

Nun hapert es aber mit der Heiligkeit selbst bei langjährigen Christen – womit die Frage aufkommt, wie man überhaupt heilig wird. Welchen Einsatz muss ich als Christ selbst bringen – oder ist es Gott, der allein meinen Charakter umformt und mich auf diese Weise heilig macht?

Die Meinungen gehen auseinander. Manche sind der Ansicht, dass es Gott allein möglich macht, ein Leben zu führen, das ihm gefällt. „Der Gott des Friedens aber […] rüste euch aus zu jedem guten Werk, damit ihr seinen Willen tut, indem er in euch das wirkt, was ihm wohlgefällig ist, durch Jesus Christus […]“, schreibt der Autor des Hebräerbriefes. (Hebräer 13, 20-21). Und allen voran ist es der Heilige Geist, der in den Christen wohnt, ihren Charakter formt und so die Heiligung fördert. Er bewirkt die Auswirkungen des Geistes, die zu einem heiligen Leben dazugehören. (Galater 5, 22-23).

Das klingt eindeutig, ja einseitig. Gott sorgt für meine Heiligung. Wer aber die gesamte Bibel in den Blick nimmt, stellt fest: Ohne meinen Einsatz geht es eben doch nicht. Eindrücklich macht das eine Passage im Hebräerbrief deutlich: „Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird.“ (Hebräer 12,14) Auf dringliche und ernste Weise heißt das: Ich bin gefragt, meine Heiligung weiter zu entwickeln. Sie stellt sich nicht von selbst ein.

Immer mehr so zu leben, wie Gott es möchte, ist damit keine schöne Zugabe zum christlichen Glauben. Heiligung gehört zum Kern. Glaube ohne Heiligung gibt es ebenso wenig wie ein Glaube ohne entsprechende Taten (Jakobus 2, 17.26). Nicht umsonst fordern viele Texte des Neuen Testaments dazu auf, alles zu lassen, was einem heiligen Leben zuwider läuft (z. B. Römer 12, 1-13). Christen sollen sich von allem fernhalten, was ihre Gedanken oder ihr Handeln beschmutzt (2. Korinther 7, 1).

Damit gehört beides zusammen: Mein tiefster Wille und größte Anstrengung, gleichzeitig Gottes verändernde Kraft. Gott nimmt mich als sein Geschöpf ernst, gegen meinen Willen wird er mich nicht heilig machen. Gleichzeitig komme ich als Mensch und sein Geschöpf ohne Gottes Hilfe durch seinen Geist auf keinen grünen Zweig. Der eigene Wille reicht nicht aus. Heiligung ist Teamwork, das sich wohl am besten so beschreiben lässt: Weil Gott mir hilft, kann ich meinen Teil beitragen.

Mit dem Einfluss der Heiligung auf das persönliche Leben beschäftigt sich der zweite Teil des Artikels.

 Joachim Bär

Joachim Bär

  |  Unit Leader erf.de / Antenne

Joachim Bär war Unit Lead von erf.de und hat die übergreifenden Themen der redaktionellen Angebote des ERF koordiniert. Er ist Theologe und Redakteur, verheiratet und hat zwei Kinder.

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Gerlinde /

...ein zentrales, wesentliches Thema, was uns zum Nachdenken hilft, inwieweit wir es praktisch mit der Heiligung halten (GOTTES Wort gehorchen, überwinden, lieben...)

maja /

eine tolle auslegung, gut zu lesen und umfangreich, einfach zu einem schwierigen thema. gleichzeitig vermisse ich jedoch auch was: ein paar konkrete beispiele, wie er und sie denn sind als neue mehr

Karin /

Danke für diese Auslegung! Sie hat mich sehr angesprochen und mir Mut gemacht am *Ball* zu bleiben!

Juliana I. /

So zu leben wie Gott es möchte ist keine Zugabe. Im Gegenteil gerade jetzt im Alter, wenn keine Termine mehr das Leben bestimmen und ich mich auch auf mich selbst besinnen kann, entdecke wie wahr das mehr

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