Navigation überspringen
© Silviu Beniamin Tofan / unsplash.com

22.07.2020 / Bericht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Katja Völkl

Zeitalter der „Ichlinge“ ist vorbei

Zukunftsforscher Opaschowski sieht Chancen, dass wir geläutert aus der Corona-Krise gehen.

 

 

Horst Opaschowski ist Zukunftswissenschaftler, Publizist, Berater für Wirtschaft und Politik, und benötigt für seine Arbeit keine Glaskugel sondern, Fakten, Fakten, Fakten. Diese speisen sich aus empirischen Umfragen und –wer hätte dies gedacht- aus dem Blick in die Historie. Besonders jetzt, in der Corona Krise, fragen sich viele, wie es weitergeht. Schnell wird klar – im Zentrum stehen bei dieser Frage nicht mehr neue Technologien oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, hier geht es vor allem um das gesellschaftliche Zusammenleben.

Zukunft kann Zuversicht bedeuten

Für Opaschowski beginnt die Zukunft dabei nicht irgendwann in der Ferne, sondern direkt in der Gegenwart:

Die Zukunft beginnt für mich jetzt. Sie wartet nicht. Ich glaube, dass die Menschen die Zukunft brauchen. Zukunft könnte auch Zuversicht bedeuten. Und Zukunft hat viel mit Perspektive zu tun. – Horst Opaschowski

Zukunft ist für Opaschowski so gesehen keine unabwendbare Bedrohung, die auf uns zurollt – Zukunft ist vielmehr gestaltbar. Jeder Mensch brauche eine Zukunftsperspektive und die Möglichkeit, sich selbst und die Gesellschaft weiterzuentwickeln. Horst Opaschowski geht es in seiner Forschung darum, zu schauen, wie sich die Welt zum Besseren verändern kann.

Durch Erfahrung in Krisen gewappnet

Dabei ließe sich nicht jedes Detail vorhersehen – vor allem keine Naturkatastrophen. Aber es gäbe die Möglichkeit, sich auf bestimmte Ereignisse vorzubereiten. Denn – so sagt Horst Opaschowski – die nächste Krise kommt bestimmt:

Ich habe festgestellt, dass es in der Zukunftsforschung, vielleicht auch in der ganzen Geschichte so etwas gibt, wie die ewige Wiederkehr des Gleichen. Und Krisen sind geradezu vorprogrammiert. Jedes Jahrzehnt hat seine Krise. – Horst Opaschowski

Dazu zählt er die Kuba-Krise 1962, die Ölkrise 1972/73, die Nuklearkatastrophe in Tschernobyl 1986, den Golfkrieg 1990/91, die Anschläge am 11. September 2001, das atomare Unglück von Fukushima 2011 und die Corona-Pandemie 2020. Aber gerade dies „soll uns nicht bange machen“. Denn durch diese menschheitsgeschichtlichen Erfahrungen sei der Mensch durchaus krisenerprobt und damit gegenüber Katastrophen zunehmend gewappnet.

Lieber besser leben als immer mehr haben wollen

Um zu verstehen, wie die Menschen auf Krisen reagieren und wie Krisen die Gesellschaft verändern, führt Horst Opaschowski intensive Umfragen durch. Daraus entwickelt er seine Zukunftsprognosen. So auch rund um das Thema Werte und  welche Werte in Deutschland zukünftig wichtig sein werden. Sein Fazit gegenüber ERF:

Auf dem Weg in das Jahr 2030 ist eine neue Besonnenheit angesagt. Vielleicht werden mehr Menschen darüber nachdenken, lieber besser leben zu wollen, anstatt immer mehr haben zu wollen, lieber zu teilen, als nur zu besitzen. – Horst Opaschowski

Die Krise zwinge die Menschen zum Umdenken, und sei somit letztlich eine Chance. Wohlstand werde sich demnach dem Zukunftsforscher zu Folge weg von den materiellen Werten hin zu einer Frage des persönlichen Wohlergehens entwickeln. „Wohlstand hört auf, eine reine Güterfrage zu sein. Wahrer Wohlstand ist kein Warenwohlstand mehr“, so die Schlussfolgerung von Opaschowski.

Das Zeitalter der „Ichlinge“ geht zu Ende

Wahrer Wohlstand heißt daher in Zukunft nicht mehr viel zu besitzen, sondern Wohlergehen für sich und andere zu schaffen. Die Nachbarschaftshilfe könnte wichtiger werden als die Sozialamtshilfe und Beständigkeit wichtiger als Beliebigkeit, sagt Horst Opaschowski:

Es wird eine Umwertung der Werte geben und immer mehr Menschen werden daran interessiert sein, mitzuhelfen eine bessere Gesellschaft zu schaffen. Wir sind aufeinander angewiesen, das Zeitalter der ‚Ichlinge‘ geht vorbei. – Horst Opaschowski

Jeder kann mitwirken

Jeder habe die Chance, daran mitzuwirken, dass es wirklich so kommt. Dennoch empfiehlt der Zukunftsforscher, die Prognosen kritisch zu überprüfen: „Wir sollten nicht blauäugig auf Gutmenschentum machen, sondern immer die zwei Seiten der Medaille sehen.“ Natürlich gäbe es gute Gründe, pessimistisch zu sein. Trotzdem ist der Zukunftsforscher von Berufs wegen Optimist: „90% der gesellschaftlichen Entwicklung mögen schon festgelegt sein. Ich arbeite optimistisch an den übrigen 10%, damit es weiter gut und besser wird.“

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Redakteurin und Moderatorin

Die gebürtige Münsteranerin ist für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (1)

Jörg /

Schön ein eigenartiges Verständnis von Forschung. Wenn ich meine persönlichen Wünsche so als Grundlage definiere und glaube, ich hätte damit einen Einfluss darauf, dass "alles gut und besser wird", dann ist das alles, nur keine ergebnisoffene Forschung.

Das könnte Sie auch interessieren