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© Heike Huslage-Koch, via Wikimedia Commons BY-SA 4.0

13.09.2017 / Kommentar / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Andreas Odrich

Vorbild für Geradlinigkeit

Zum Tod von Heiner Geißler.

Kantiger Querkopf. Geradeaus. Ehrliche Haut. Streitbar. Am Ergebnis orientiert, nicht am Zeitgeist oder an der Parteiraison. Am Dienstag ist Heiner Geißler im Alter von 87 Jahren im Kreise seiner Familie gestorben. Langjähriger Generalsekretär der CDU, Familienminister in der Regierung Kohl und in späteren Jahren gern gesehener Schlichter in verfahrenen Situationen bei Tarifverhandlungen so auch beim heiß umkämpften Großprojekt „Stuttgart 21“.

Jesus als Gefährte

In jungen Jahren wurde Geißler Jesuit. Dieser Orden hat einen Wahlspruch: "Wir haben Jesus als Gefährten." Das war für Geißler Programm. Er war in der CDU der „Linke“ und setzte sich ein für eine gerechte Verteilung des Vermögens. Dabei blieb er unbequem und ist zum Unverständnis vieler in den eigenen Reihen später Mitglied des globalsierungskritischen Netzwerks Attac geworden.

Markige Worte, die man sich merkt

Geißler konnte alte und junge Menschen mitreißen und war um markige Worte, die sich jeder merken kann, nicht verlegen. So kommentierte er die Schere zwischen Armen und Reichen so: "Geld liegt auch in Deutschland rum wie Dreck, es gehört nur den Falschen". Und als Familienminister in der Regierung Kohl, die nach der 68er-Zeit die geistig moralische Wende zurück ins Bürgerliche vollziehen wollte, schrieb er den Männern ins Stammbuch, sie sollten doch "bitte mal runterkommen von ihrem Paschathron".

An Kohl gescheitert

Doch markige Worte allein führen nicht immer zum Erfolg. Das musste auch Geißler lernen. Als er in seiner Funktion als Generalsekretär der Union den in seinen Augen zu konservativen und rückwärtsgewandten Kanzler Helmut Kohl stürzen will, scheitert er. Kohl blieb, und Geißler musste gehen.

Bis ins hohe Alter präsent

Für die Menschen und für die Medien ist Heiner Geißler trotzdem bis zum Schluss präsent geblieben. Geholfen hat ihm dabei sicher seine Beharrlichkeit und eine gewisse Portion Demut, die man bei Jesus Christus finden kann. Als Bergsteiger hat er gelernt, auch bei schwerem Wetter und Gegenwind weiterzumachen.

Mut zur eigenen Meinung

Und Geißler hat nach vorne rausgesagt, was er denkt, auch wenn es nicht zum eigenen Image passt. So hat er den Natodoppelbeschluss, das gegenseitige Wettrüsten von Ost und West, verteidigt, obwohl er sonst der LInke seiner Partei war.

Mit ihm wäre ein Kanzlerduell anders ausgefallen

Was als Geißlers Vermächtnis bleibt? Mit ihm wäre ein Kanzler-Fernsehduell sicherlich anders ausgefallen. Nicht seicht und konsenssüchtig sondern als harter aber fairer Schlagabtausch, der um der Sache und der Menschen willen geführt werden muss. Denn mehr denn je braucht es heute Menschen, die leidenschaftlich Klartext reden ohne sich selbst zu schonen - so, wie Heiner Geißler.

 

 Andreas Odrich

Andreas Odrich

  |  Redakteur

Er verantwortet die ERF Plus-Sendereihe „Das Gespräch“. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und ist begeisterter Opa von drei Enkeln. Der Glaube ist für ihn festes Fundament und weiter Horizont zugleich.

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