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© Taylor Wright / unsplash.com

29.08.2020 / Interview / Lesezeit: ~ 11 min

Autor/-in: Lucia Ewald

Ein Danke öffnet das Herz

Die Sängerin Dania König über die Kunst Danke zu sagen.

„Wer anfängt Gott zu danken, findet immer mehr Grund Gott zu danken.“ Das ist die Erfahrung der Musikerin Dania König. Ihre Erlebnisse mit der Dankbarkeit hat sie in 13 Liedern zum Ausdruck gebracht und auf dem Konzept-Album „Mit jedem Atemzug“ veröffentlicht.

Lucia Ewald hat für ERF Plus ein Gespräch mit der Künstlerin geführt über die wohltuende Tugend der Dankbarkeit. Im Folgenden lesen Sie Auszüge aus dem Interview.

 

ERF: Dania, du hast dich intensiv mit dem Thema der Dankbarkeit beschäftigt. Für was bist du zurzeit besonders dankbar?

Dania König (Foto: Dino Soldo)
Dania König (Foto: Dino Soldo)

Dania König: Wo soll ich anfangen? Oder besser: Wo soll ich aufhören? Wenn ich anfange aufzuzählen, wofür ich dankbar bin, wird es schwer ein Ende zu finden. Da gibt es eine ganze Menge. Wie du eben gesagt hast, je mehr man dankt umso mehr findet man, für das man dankbar sein kann. Ich bin sehr sehr dankbar für meine Kinder, dass wir gesund sind, dass wir hier sein können in Deutschland, dass ich Musik machen kann.

Dankbarkeit ist eine Haltung

ERF: Im CD-Booklet habe ich gelesen, dass du dich bisher eigentlich immer als ein sehr dankbarer Mensch empfunden hast. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als du angefangen hast Lieder übers Danken zu komponieren. Was hat sich da bei dir verändert?

Dania König: Die Beschäftigung mit dem Thema Dankbarkeit hat mir gezeigt, dass Dankbarkeit nicht nur ein Gefühl ist. Ich dachte immer, Dankbarkeit ist etwas, wenn man etwas Schönes erlebt, dann sagt man daraufhin „danke!“ Als ich mich mehr damit beschäftigt habe, sind mir sehr viele Dinge aufgegangen, von denen ich vorher nicht wusste, dass sie eigentlich auch ein Grund zum Danken sind.

Dankbarkeit ist eine Haltung. Beim Schreiben der Songtexte bemerkte ich, wie viele verschiedene Aspekte die Dankbarkeit hat. Wie weit sie reicht. Welche Tiefe sie beinhaltet. Welche Kreise sie zieht.

Ich hab angefangen so ein kleines Tagebuch zu schreiben. Ich habe mir einfach eine kleine Kladde genommen und habe angefangen jeden Tag aufzuschreiben, wofür ich dankbar bin. Und es war einfach unfassbar, dass die Sachen nicht aufhören für die man dankbar ist. Auch dass plötzlich Sachen auftauchen, für die man vielleicht vor ein paar Wochen noch nicht dankbar gewesen wäre. Weil ich es jetzt plötzlich mit anderen Augen sehe und viel offener durchs Leben gehe… einfach wacher bin.
 

ERF: Du bist auch Mutter von drei Kindern. Was hast du von deinen Kindern über die Dankbarkeit gelernt?

Dania König: Kinder leben viel mehr im Moment. Die machen sich nicht so viele Gedanken über das, was gestern war oder was morgen sein wird. Das finde ich immer sehr faszinierend und das ist etwas, was ich mir von meinen Kindern oft abgucke. In einem Moment einfach hundertprozentig zufrieden, glücklich und dankbar sein zu können, weil sie die Gedanken noch nicht haben, mit denen wir uns als Erwachsene ständig herumschlagen, wie „was mache ich denn heute zum Abendessen“ und so weiter. Kinder sind einfach sehr im Moment verhaftet und das finde ich sehr schön.

Manchmal sag ich Danke einfach nur, weil ich den Geber mag, nicht, weil ich die Gabe gerne trag.

ERF: Welche Rolle spielt Dankbarkeit in deinem Alltag? Gibt es – neben dem Tagebuch schreiben – bestimmte Rituale in deiner Familie?

Dania König: Wir machen tatsächlich „drei Dinge“. Wenn wir abends beten, überlegen wir uns vorher: welche Top drei Dinge gab es heute, für die wir dankbar sind? Was waren die drei schönsten Momente heute? Dann zählen wir sie auf – jedes Kind und ich auch. Das macht uns viel bewusster im Alltag, weil wir schon durch den Tag gehen und uns überlegen, was könnte ich vielleicht heute Abend sagen. Meistens hat man dann mindestens Top 20.


ERF: „Drei Dinge“ – so heißt auch eines deiner Lieder auf der CD „Mit jedem Atemzug“. Ein gutes Ritual, vor dem Schlafengehen gehen noch einmal Danke zu sagen für das, was Gott einem an diesem Tag geschenkt hat. In dem Lied heißt es auch „Dankbarkeit schenkt uns die Gegenwart.“ Wie erlebst du das?

Dania König: Ich glaube, dass wir oft so gestresst sind und so gehetzt sind von den täglichen Terminen, dass man einfach überhaupt nicht mehr links und rechts guckt. Wenn man sich das aber bewusst macht, für was man alles dankbar ist – auch über eine längere Zeit. Das passiert nicht innerhalb von zwei, drei Tagen. Dieses Ritual mit den drei Dingen, für die wir dankbar sind, hat mich dazu gebracht meine Augen weiter aufzumachen, mal stehenzubleiben und mal Luft zu holen und Sachen zu sehen, die ich vorher überhaupt nicht gesehen habe. Ganz normale kleine Dinge.

Beim Geschirrspülen – wie schön das Wasser glitzert. Dass der Holzfußboden eine schöne Farbe hat oder dass ich aus dem Fenster gucke und Grün sehen darf oder dass der Himmel blau ist oder dass es regnet. Und plötzlich wird man so dankbar für ganz viele Sachen, die man vorher einfach nur so hingenommen und nicht mal richtig wahrgenommen hat.

Und je mehr man nach Dingen sucht, für die man dankbar sein kann, umso mehr nimmt man wahr. Diese Wahrnehmung hilft, im Moment zu leben. Sich bewusst zu sein, was man gerade tut, erlebt, sieht, hört, riecht und schmeckt.

Gott als Kompass des Lebens

ERF: Was macht das mit deinen Gefühlen? Wie verändert Dankbarkeit dein Lebensgefühl?

Dania König: Ja, es macht mich definitiv wacher - und glücklicher. Eine innere Haltung der Dankbarkeit lässt – und das hat auch die jüngere Psychologie herausgefunden – uns subjektiv besser fühlen, weniger depressiv sein und weniger Stress empfinden. Man kann nicht gleichzeitig dieses Gefühl der Dankbarkeit haben und sich schlecht fühlen. Zumindest für einen Moment wischt die Dankbarkeit das andere Gefühl weg. Und in der Gegenwart zu sein verhindert vielleicht, dass man ständig weiter in der Vergangenheit grübelt oder sich Sorgen macht um das, was vielleicht die Zukunft bringt.

Es geht eigentlich darum, dass man so ein bisschen lernt „Danke“ zu sagen. Auch für die Dinge, für die man vielleicht gar nicht spontan gedankt hätte. Wie so eine Art Vertrauen im Voraus. Man bekommt ein Geschenk, es ist eingepackt und man sagt „Danke“. Es setzt einfach voraus, dass du Vertrauen zu dem Geber hast und dass du die Dinge nimmst und dafür dankst, auch wenn du noch gar nicht weißt, was im Geschenk drin ist. Oder auch wenn irgendetwas drin ist, mit dem du erst mal gar nichts anfangen kannst. Oft zeigt sich erst im Nachhinein der Grund, warum wir dankbar dafür sein können.
 

ERF: In deinem song „Wenn ich Danke sag“ formulierst die Zeile „Manchmal sag ich danke einfach nur weil Er es besser weiß.“ Gott als Kompass deines Lebens. Gott, der dein Leben lenkt – dieses Thema kommt öfter in deinen Liedern vor. Wie erfährst du das? 

Dania König: Ich erfahre das hauptsächlich in den eher schwierigen Momenten oder in den leidvollen Erfahrungen. Ganz oft versuche ich die Situation nicht gleich zu bewerten. Ich darf meine Fragen und Zweifel haben und in schwierigen Situationen lege ich das einfach vor Gott hin und sage: „Ich verstehe es nicht. Ich weiß nicht, was ich damit jetzt anfangen soll. Aber du weißt es!“ Und dieses Loslassen und dieses „Nicht-bewerten-müssen“, das empfinde ich als sehr befreiend.

Gott hält meine Fragen und Zweifel aus, das hält uns zusammen. Ich kann bei Gott ganz ehrlich bleiben. Und offen für die Antworten, die vielleicht kommen oder die ganz oft auch nicht kommen. Aber ich halte diesen Draht zu Gott aufrecht und ich weiß, dass er mir Frieden bringt. – Dania König

In schwierigen Situationen darf und soll ich tun, was ich kann. Aber nur bis zu einem bestimmten Punkt, der Rest liegt in Gottes Hand, ob es funktioniert, was ich gemacht habe oder wie es weitergeht... Gott zieht mich raus aus dem „Alles-selber-machen-müssen“ und führt mich aus der Tiefe auf einen Berg, sodass ich einen anderen Blickwinkel bekommen. Das anzunehmen bringt mir tiefen Frieden.

Aus der Tiefe

Du, der ewig lebt

Auf anderen Wegen geht

Ziehst mich aus der Tiefe

Führst mich auf den hohen Berg

Mich bei dir geborgen

An dir heil geworden

Wohnung meiner Seele…

(Text und Musik Jörn Schlüter, Dania König)

Ein zerbrochenes Herz spiegelt das Licht besser wider

ERF: Du lebst mit deiner Familie in der Nähe von Köln in einem kleinen Dorf. Zuvor hast du einige Jahre in Südkalifornien gelebt. Du bist verheiratet mit dem amerikanischen Musiker Dino Soldo. Es ist deine zweite Ehe. Seit 2014 lebt ihr wieder in Deutschland. Wir alle erleben irgendwann mal tiefe Einschnitte und Brüche in unserem Leben. Wie ist das mit der Dankbarkeit in schmerzhaften Situationen? Was hast du da über‘s Danken gelernt?

Dania König: Schwierige Frage. Ich empfinde es oft so, dass man erst im Nachhinein sieht, wo diese Zeiten einen hingebracht haben. Als ich mitten drin steckte, war ehrlich gesagt nicht viel mit „Dankbar-sein“ oder „das-Gute-im-Schlechten-sehen“. Das passiert erst lange hinterher. Inzwischen denke ich durchaus, dass es mich auf jeden Fall hat wachsen lassen auf verschiedene Arten und Weisen. Es hat mich verletzlicher gemacht auf eine offene Art und gleichzeitig aber auch stärker.

Ich kann inzwischen, wenn Leute durch die gleiche Situation gehen, es von einem anderen Blickwinkel sehen. Ich habe auch fast ein ganzes Album über die Trennung geschrieben (CD „Auf dem Grund“) und viele Zuschriften bekommen von Menschen, die sehr dankbar sind dafür, dass ich das in Liedern und in Musik ausgedrückt habe. Viele sagen ich spreche ihnen genau aus der Seele und das tut ja gut, dass man sich verbunden fühlen kann mit anderen Menschen, die Ähnliches erlebt haben und man realisiert: ich bin nicht allein da drin, sondern jemand anders hat das auch durchgemacht.

Ich bin nicht an einem Punkt, an dem ich sage, das war total super. Eine zerbrochene Familie bleibt eine zerbrochene Familie. Aber ich glaube, wir haben sehr gut gelernt damit umzugehen, und es hat uns alle ein ganzes Stück weitergebracht. Inzwischen kann ich immerhin einen Sinn darin sehen.

Mir hat sehr das Loslassen geholfen, von dem ich bereits gesprochen habe. Dass man nicht denkt, ich muss jetzt etwas reparieren, sondern einfach zugeben, dass man am Ende ist. Dass man jetzt hier gar nicht mehr weiter kann und dann einfach offen bleiben und gucken wie es Schritt für Schritt weiter geht. Ich habe tief in mir eine Hoffnung darauf, dass alles besser ist als wir es eigentlich wahrnehmen oder sehen oder denken. Diese Hoffnung, dass es immer wieder Gutes und kleine Lichtblicke gibt.

Und wenn man daran glaubt und danach sucht, dann merkt man auch, dass immer wieder Sachen kommen, die einem das Herz wieder ein Stückchen aufmachen.

Es gibt dieses schöne Wort, dass ein zerbrochenes Herz das Licht besser widerspiegelt. Und manchmal habe ich das Gefühl, das ist so. Durch die Wunden, die wir haben, kann plötzlich viel mehr durchfließen und uns lebendig machen. – Dania König

Auch das Annehmen eines ungewollten Geschenkes, das „Danke dazu sagen“, ist eine Art Akzeptanz einer schwierigen Situation, die unendlich viel Wert sein kann. An schwierigen Geschenken wachsen wir am meisten. Darin liegt eine ungeheure Kraft.
 

ERF: Du hast in den USA und die längste Zeit deines Lebens in Deutschland gelebt. Du kennst beide Länder. Für was bist du besonders dankbar?

Dania König: Ich bin ganz besonders dankbar dafür, dass wir hier in Deutschland unsere Kinder zur Selbstständigkeit erziehen können. Das hat mich in Amerika sehr überrascht, wie wenig ihnen zugetraut wird. Unsere Tochter ist mit dem Rädchen zur Schule gefahren, sie war nur ein Block weit entfernt. Und auch in den USA haben wir sehr ländlich gelebt.

Und ich kann nicht sagen wie oft wir darauf angesprochen wurden, weil Amerikaner ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen und sie holen sie auch wieder ab. Da fährt niemand alleine mit dem Fahrrad in die Schule, jedenfalls nicht wenn er sieben Jahre alt ist. Das ist fast verboten, auf jeden Fall sehr verpönt. So gab es viele solcher Geschichten, die wir erlebt haben. Das machte es mir etwas schwer, weil ich meine Kinder dazu erziehen will, dass sie sich etwas zutrauen und selbstständig sein können.

Ganz besonders dankbar bin ich für unser soziales System in Deutschland. Also ich habe eine Krankenversicherung für meine Kinder und wenn sich einer den Arm bricht, dann weiß ich, dass ich irgendwo hingehen kann, wo er versorgt wird und zwar sofort und ohne Fragen und das ist in Amerika – je nachdem wie man aufgestellt ist – völlig anders. Das Gesundheitssystem ist sehr teuer und nicht jeder kann es sich leisten. Und selbst wenn man es sich leisten kann, muss man noch sehr viele Abstriche machen.

Dankbarkeit ist so viel mehr als ein gutes Gefühl

ERF: Auf deinem Album „Mit jedem Atemzug“ gibt es ein Lied mit dem Titel „Was ich geben kann“. Was möchtest du damit ausdrücken? Um was geht es?

Dania König: Da schließt sich so ein bisschen den Kreis, den ich versucht habe mit dieser CD zu ziehen. Ich finde, dass Dankbarkeit ein Kreislauf ist. Wenn wir Sachen sehen, für die wir dankbar sind, dann kommt irgendwie automatisch das Gefühl auf, dass man das weitergeben möchte und diese Dankbarkeit verteilen möchte – sei es an andere Menschen oder als Dankbarkeit an Gott.

Ich habe mich immer gefragt, was es heißt, wenn in der Bibel steht, dass wir Gott segnen. Ich dachte immer, das kann doch nur andersherum passieren. Eigentlich kann Gott doch nur mich segnen, aber ich nicht ihn. Aber heute glaube ich, wenn wir mit offenen Augen durchs Leben gehen und diese Dankbarkeit in unserem Herzen tragen und Danke sagen, dass wir damit den Weg freimachen und Gott segnen mit dem, was wir sind und mit unserem Leben.

Ich wünsche mir, dass meine Lieder über die Dankbarkeit das bei Menschen auslösen. Dass Menschen „Dankbar-sein“ neu erfahren in all seinen Facetten, dass sie lernen, ein bisschen tiefer hinzugucken, und sie dankbarer werden für die vielen kleinen und großen Dinge in ihrem Leben.

Wer wirklich dankbar ist, der muss und wird es an andere weitergeben. Der kann die Geschenke nicht einfach für sich behalten. Und so wird jeder Teil eines unendlichen Kreislaufs. – Dania König

ERF: Dania König, vielen Dank für das Gespräch.

 

Was ich geben kann

Ich hab ein Herz

Ich hab ein Leben

Und nichts davon

Hab ich mir selbst gegeben

 

Das was ich kann

Das was ich geben kann

Ist Dank

 

Dank

Ein Leben lang

Ich gebe Dank

Ein Leben lang

 

Denn überall

In meinem Leben

Und in mir drin

Fließt lauter Segen

(Text und Musik Dania König)



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