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21.03.2013 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Ella Friesen

Anders leben – eine Familie fairsucht's

Nachhaltig, sozial und fair – so leben, wer möchte das nicht? Thomas Weißenborn und seine Familie sind aus ihrem Alltagstrott ausgebrochen und haben es gewagt.

Gar nicht so einfach, mit seinen Gewohnheiten zu brechen und seinen Lebensstil zu verändern. Doch: „Man kann anders sein, wenn man nicht nur weiß, was einem wichtig ist, sondern auch bereit ist, den Preis dafür zu bezahlen.“ Das ist zumindest die Schlussfolgerung von Thomas Weißenborn, nachdem er zusammen mit seiner Familie eine sehr intensive Woche mit den Amischen in Ohio, einem Bundesstaat in den USA verbracht hat. Denn diese waren der Familie ein Vorbild „anders“ zu leben.

Bei ihrem Aufenthalt dort merkten die Weißenborns, dass sie viele falsche Vorstellungen von dieser Gemeinschaft hatten. Denn das 21. Jahrhundert hat nicht nur neue technische Errungenschaften und Verbesserungen gebracht, sondern stellt auch vor weitreichenden Herausforderungen. Und „in einer sich verändernden Welt kann man nicht einfach stehen bleiben.“ Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb -  half den Weißenborns ihr Besuch bei den Amischen, ihren eigenen Lebensentwurf zu überdenken und zu gestalten.

Hinhören oder wegsehen?

In seinem Buch „Anders leben – eine Familie fairsucht’s“ nimmt Thomas Weißenborn seine Leser mit auf seine Reise in ein Leben, das nachhaltig, umweltbewusst und sozial umgestaltet werden soll. Klingt typisch deutsch – ist aber doch irgendwie anders. Denn wie viele Menschen lassen wirklich ihr Auto stehen oder den Computer aus, um bewusst Zeit draußen oder mit ihren Mitmenschen zu verbringen? In kurzen Kapiteln gibt der Autor Gedankenanstöße, beschreibt auf humorvolle Art seine eigenen Erfahrungen und regt den Leser dazu an, über sein eigenes Verhalten nachzudenken.

In zielgerichteten Kapiteln führt der Autor die Themen aus, die entscheidend für einen bewusst nachhaltigen und sozialen Lebensstil sind:  Hinhören, anfangen, wegsehen. Beobachten, fahren, gehen. Essen, anziehen, selbermachen. Schenken, teilen, nachdenken. Wie ein roter Faden zieht sich ein biblisches Thema durch das Buch, das Weißenborn nach jeden Abschnitt wieder aufgreift: Das letzte Mahl von Jesus und seinen Jüngern. Der Autor beleuchtet die Situation eines Jüngers, der am Essen teilnimmt. Diese Perspektive hilft dem Leser, sich selbst und sein Verhalten zu reflektieren und nicht vorschnell über andere zu urteilen. 

Mit kleinen Schritten zum großen Ziel

Der Autor nimmt den Leser in seine Erfahrungen und Gedanken mit hinein, ohne sie zu seinem eigenen Lebensstil bekehren zu wollen. An einigen Stellen hätte er durchaus weniger ausholend über seine Vergangenheit oder Gedanken schreiben können, ohne dadurch das Verständnis für den Leser zu erschweren. Der Autor erinnert auch nicht mit mahnendem Zeigefinger an die mittlerweile bekannten globalen Probleme der Ungleichheit, Armut und ungerechten Verteilung. Er verzichtet auf Zahlen oder Fakten über die momentane Lebenssituation, die seine Ausführungen veranschaulichen würden.

So bleibt der Leser nicht mit einem schlechten Gewissen zurück, sondern wird angeregt, seinen eigenen Lebensstil und sein Konsumverhalten zu reflektieren. Das fordert heraus, sich neu auszurichten und zu überlegen, an welchen Stellen man nachhaltiger leben könnte: Zum Beispiel, indem man anfängt, fair-trade gehandelten Kaffee oder Schokolade zu kaufen.

Thomas Weißenborn macht deutlich: Seinen Lebensstil zu verändern muss nicht heißen, von heute auf morgen das ganze Leben auf den Kopf zu stellen. Oft reiche es, mit einer kleinen Veränderung zu beginnen. Wichtig ist nach Weißenborn, sich vorher genau zu überlegen, an welchen Punkten man arbeiten möchte und sich auf dieses Ziel festzulegen. 

Fazit

Der Fokus des Buches ist komplett auf eigene Erfahrungen und Anschauungen gerichtet. Daher erhält der Leser, der durch das Buch motiviert ist, selbst so ein Experiment zu starten, leider keine weiterführenden Informationen. Er muss sich allein im deutschlandweiten Fairtrade- und Biodschungel zurechtfinden. Deshalb hätte es sich angeboten, noch ein entsprechendes Kapitel anzuhängen oder zumindest auf weiterführende Literatur oder Internetseiten zu verweisen, die den Einstieg erleichtern.

„Anders leben“ ist kein Ratgeberbuch, das dem Leser Orientierung gibt, wo er fair und nachhaltig hergestellte Produkte im Supermarkt finden kann. Dennoch eignet das Buch sich für alle, die sich Gedanken machen über ihren Lebensstil und neugierig sind, wie andere es geschafft haben, nachhaltiger zu leben. Wer auf klare Handlungsanweisungen zu einen nachhaltigen Lebensstil hofft, sucht hier vergebens.

Das Buch kann dennoch eine Hilfe für Menschen sein, die anders leben wollen, gleichzeitig aber damit kämpfen, nicht in alte Gewohnheiten zu verfallen. Denn es macht deutlich, dass bestimmte Probleme und Herausforderungen einfach dazugehören, wenn man seinen Lebensstil bewusst umstellt. Das macht Mut. Allerdings wäre es an manchen Stellen auch hilfreich gewesen, mehr praktische Tipps und Informationen zu erhalten.

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