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© Martin Abegglen CC BY-SA 2.0

19.02.2011 / Kommentar / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Andreas Meißner

Kirche am Abgrund?

Andreas Meißner wird das Gefühl nicht los, dass sich Kirche vielerorts selbst demontiert. Er hat aber auch hat eine Vision, was helfen könnte.

Vor einiger Zeit fuhren wir zum Luzerner Hausberg, dem Pilatus. Von dort oben – nach Auffahrt mit der steilsten Zahnradbahn der Welt – hat man einen phantastischen Rundblick über einen Teil der Alpen. Und natürlich auch über die Ebene, die Stadt Luzern und den Vierwaldstättersee.

Als wir von einem Gipfelkreuz aus in nördliche Richtung blickten, sahen wir diese kleine Kirche. Sie stand extrem dicht an einem Abgrund: die Kapelle Klimsenhorn. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis durch Erosion und Erschütterungen noch mehr Gestein abbricht – und das Kirchlein abstürzt.

Sind wir absturzgefährdet?

Manchmal erscheinen mir unsere Kirchen – welcher Denomination auch immer – ähnlich dicht am Abgrund zu stehen. Die Menschen kommen nicht mehr in die Gottesdienste oder treten gleich ganz aus der Kirche aus. Und natürlich gehen die Verfehlungen der Kirchenverantwortlichen durch die Presse. Für alle Gegner des christlichen Glaubens ein gefundenes Fressen.

Eine Ursache, wieso Kirchen bzw. christliche Gruppen an Attraktivität verloren haben, scheint mir die Anpassung an die gerade landläufige gesellschaftliche Meinung zu sein. Wir nehmen der Bibel die in ihr wohnende Kraft, indem wir sie zur moralischen Lebenshilfe herabstufen. Wir greifen die Meinung auf, man könnte vieles heute nicht mehr so sehen wie damals. Selbst Jesus würde heute anders reden und handeln, nicht wahr? Grundüberzeugungen des christlichen Glaubens bröckeln weg, mehr und mehr.

Eine Ursache, wieso Kirchen bzw. christliche Gruppen an Attraktivität verloren haben, scheint mir die Anpassung an die gerade landläufige gesellschaftliche Meinung zu sein.

Paulus hätte nichts zu sagen

Symptomatisch hierfür zwei Kommentare zu einem Beitrag auf WELT ONLINE, der kürzlich erschienen ist:

„Richtig! Die Bibel ist ja nicht abgeschlossen, sondern wird immer weiter fortgeschrieben, weil das Handeln Gottes mit den Menschen weitergeht. Wir glauben heute nicht mehr, dass die Welt in sieben Tagen erschaffen worden ist, das wäre ja rückschrittlicher Kreationismus. Auch wissen wir heute, dass die Auferstehung Christi nicht leiblich, sondern metaphorisch gemeint ist.“

„Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten. Leben ist Veränderung. Sehr richtig heißt es in der Bibel, dass der Buchstabe tötet. Gott will sich uns immer neu offenbaren: “Siehe, ich mache alles neu.” […] Ein Paulus wäre heute sicherlich kein kanonischer Autor mehr.“

Wenn wir derart an allen Ecken der biblischen Grundaussagen herumfeilen und hobeln, müssen wir uns nicht mehr wundern, wenn uns Suchende nicht mehr ernst nehmen.

Klüger als Gott

Oft vergessen wir den Grundsatz: Nicht wir beurteilen die Bibel – sondern die Bibel beurteilt uns! Und deren Hauptthema ist Jesus. Was unsere christlichen Kirchen heute wieder neu brauchen, ist Christus. Anstelle von gut gemeinten Lebenshilfevorträgen oder der Aufforderung, aktive Beiträge in der Gesellschaft zu leisten, muss erst mal wieder der Grund gerade gerückt werden. Den hat Jesus – ohne Wenn und Aber – mit seiner Erlösungstat am Kreuz gelegt.

Unsere Kirchen brauchen spirituelle Christen. Damit meine ich Menschen, die mit Gott leben und ihn im Alltag erfahren. Die sein Angesicht suchen und sein Herz klopfen hören. Die ihm alles Mögliche und Unmögliche zutrauen. Die ihn nicht herunterdividieren wollen auf einen klugen Menschen, sondern Gott Gott sein lassen. In Staunen und Ehrfurcht. Aber auch im Vertrauen auf ihn in Not- und Fragezeiten. Die seine Aussagen ernst nehmen, weil er sie dann auch ernst nimmt. Die seine dargebotene Hand der Freundschaft ergreifen und sich nicht für klüger als Gott halten. Die sich eher beunruhigen über Bibelstellen, die sie verstehen und die unverständlichen (vorerst) einfach stehen lassen im Vertrauen, dass der Autor schon wusste, was er schrieb.

Unsere Kirchen brauchen spirituelle Christen. Damit meine ich Menschen, die mit Gott leben und ihn im Alltag erfahren. Die sein Angesicht suchen und sein Herz klopfen hören.

Jesus sorgt für die Werbung

Für mich habe ich eine Vision, einen Wunsch: Dass Christus aus uns Christen so herausstrahlt, dass Menschen angezogen und fragend werden. Dass der Wunsch wach wird, das auch zu haben, was die „Frommen“ haben.

Der oben verschmähte Paulus schreibt einmal an die Kolosser: „Ihnen wollte er zu erkennen geben, welch wunderbaren Reichtum für die nichtjüdischen Völker dieses Geheimnis umschließt. Und wie lautet dieses Geheimnis? ‚Christus in euch – die Hoffnung auf Gottes Herrlichkeit!‘“ (Kolosser 1,27)

Mit dieser Hoffnung im Herzen bräuchte es keine ausgefeilte Missionsstrategie oder bestechende Beweisführung mehr. Christus, der in uns und in der Kirche wohnt, würde selbst für die „Werbung“ sorgen.

Ihr Kommentar

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Kommentare (14)

Werner J. Hohenwarter /

Tja warum treten so viele aus der Kirche aus. Ich weiß nur von einem und der bin ich. Gläubig immer noch. Evangelisch Kirchlich nicht mehr. Obwohl lange Jahre im Kirchenvorstand. Aktiv in der mehr

Beate Schanz /

Da mich Jesus selbst in seiner Größe und Allmacht überwältigt hat und ich Tag für Tag dieses "in Christus sein" erleben darf, kann ich alles unterstreichen, was Sie, lieber Bruder Meißner, hier aufgeführt haben. Vielen Dank für diese klaren Worte und Überzeugungen. Gott segne Sie!
Beate

Andreas Meissner /

Lieber Herr Michael Drossel,
vielen Dank für ihre ergänzenden Hinweise bezüglich der "Schöpfung in 7 Tagen". Es ist zwar nicht das Thema des Artikels, zählt aber für mich selbst ohne Probleme zu mehr

Konrad Bollmann /

"Wüßten die Leute, wie gut es bei JESUS ist, sicherlich würde heute noch so Mancher auch ein Christ!"
Wir müssen nicht unbedingt mit frommen Worten "um uns schlagen". Wir sollen ein lebendiges mehr

Helga /

Danke fuer diese Erlaeuterungen !
Dieser Meinung und diesem Wunsch kann ich mich voll und ganz anschliessen!

Alexander Koch /

AMEN

maite /

ein sehr interessanter und vor allem auch notwendiger beitrag. vielen dank. folgender aspekt könnte auch noch in die vision miteinfließen: dass ihr einander liebt, daran wird jeder erkennen, dass ihr mehr

ion62 /

Amen!
Eigentlich ist diesem Artikel nichts hizuzufügen, aber ich möchte ihn doch so ergänzen:
Allein wenn uns Menschen klar würde, dass Gott der Schöpfer und der Herr dieser Welt ist, dass ER der mehr

Michael Drossel /

Lieber Herr Meißner,
danke für Ihren anschaulichen Text.
Darin erwecken Sie allerdings den Eindruck, dass der Glaube an die "Schöpfung in sieben Tagen!" zu den Grundüberzeugungen des christlichen mehr

Uwe Rueß /

Hallo liebe Redaktion und lieber Verfasser, Jesus liebt Euch und ich auch! Ich finde den Artikel sehr herausfordernd und gleichzeitig spannend. Unsere Kirche in Karlsruhe schafft es das Menschen mehr

Gisela Banse /

Wisset Ihr nicht, das Ihr Gottes Tempel seit. ( Paulus )
Dann kann der Geist Gottes auch in den Kirchen zu spüren und zu erleben sein.Dann wird aus der Hoffnung,der feste Glauben.Und dann kann der Glaube Berge versetzen.

Renate /

Danke für diese klaren Worte!

Imre Ambrus /

Lieber Andreas!
Ich habe mehrmals auf diese Seite geschrieben,dass die Kirche auf Politische,Wirtschafliche,Gesellschaftliche Problemen Antworten geben müßten.Problem ist,dass die Kirche in der mehr

Gerhard Schäfer /

Ja, wenn das nicht so wäre, wenn Gott nicht die Welt erschaffen hätte und Jesus nicht auferstanden wäre, woran sollte ich dann glauben, auf wen meine Hoffnungsetzen, worauf würde ich dann im Leben mehr

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