Es war beim Wandern auf dem Eigertrail. Im Reiseführer war er als kleinere Tour angekündigt, die Anstrengungen sollten sich also in Grenzen halten. Allerdings hängt es davon ab, von wo aus man startet. Die meisten starten von oben, von der Station Eigergletscher und laufen bergab.
Wir wollten bergauf und fuhren deshalb von Grindelwald bis zur Bahnstation Alpiglen. Von da an ging es gleich ziemlich steil durch den Nordabhang des Eigers bergauf. Anfänglich plauderten wir noch eifrig miteinander. Schließlich hatten wir schönstes Wetter und waren in einer grandiosen Landschaft unterwegs.
Mein Körper kommt an seine Grenzen
Dann wurde es ruhiger. Nicht nur durch den Anblick der gewaltigen Eigernordwand, über die man schon so mancherlei Tragisches gehört hat, sondern auch durch den körperlich anstrengenden Anstieg. Da ich nicht so oft in den Bergen unterwegs bin, meldete mir mein Körper mehr und mehr, dass er an seine Grenzen kommt.
Meinen Mitstreitern ging es ganz ähnlich. Wir redeten immer weniger miteinander, weil jeder den Atem für den Aufstieg brauchte. Je höher wir kamen, umso stiller wurde es.
Gottes Majestät vor Augen
Während ich einen Fuß vor den andern setzte und den Gedanken freien Lauf ließ, kam mir ein bemerkenswerter Vergleich in den Sinn: Je mehr wir in unserem Leben in Ruhe vor Gott kommen, desto näher kommen wir ihm. Und je näher wir unserem Gott kommen, desto stiller und ruhiger werden wir. Müssen wir werden. Nicht weil es so anstrengend ist. Wir werden es automatisch. Weil er uns beeindruckt, weil er so gewaltig ist. So anders. Erstaunlich. So, dass uns unsere trivialen Worte im Halse stecken bleiben. Je näher wir ihm kommen, desto mehr bringt er mich einfach zum Staunen – oder zur Anbetung.
Um mehr von Gott zu erleben, muss ich mich auch auf Wanderschaft begeben: weg von meinem Alltag, heraus aus dem gewohnten Umfeld, um diesen neuen Blick auf ihn zu bekommen. Begegnung zuzulassen. Und neue Gedanken.
Was Christen not tut
Da fällt mir eine Begebenheit im Leben von Elia ein, der Großes für Gott vollbracht hat. Aber die wirkliche Begegnung der Beiden fand nicht im tosenden Kampf mit den anderen Götzen statt (1. Könige 18) sondern auf einem einsamen Berg. Und selbst hier offenbarte sich Gott weder im Erdbeben, noch im Feuer oder Gewitter, sondern im leisen Säuseln eines sanften Windes. (1. Könige 19, 11 – 13) Dann, als es ruhig war.
Vielleicht ist es genau das, was vielen Christen immer wieder Not tut: Das Einlassen auf die sanfte Begegnung des Allmächtigen. Wir sehnen uns nach großen Erlebnissen. Dabei scheint Gott es zu bevorzugen, uns in der Ruhe zu begegnen. Damit es zu dieser Begegnung kommt, muss ich oft erst einmal meine gewohnten Aktivitäten herunterfahren. Still werden, ruhig werden, runterkommen. Dann kann er neu zu mir reden. Und dann kann ich staunen und anbeten, weil ich ihn ganz neu erfahre.
Mehr vom Autor: www.mein-gott-und-die-welt.erf.de
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Wahrlich ein wunderbares Bild. Für mich möchte ich als Mensch aus dem Alpenvorland noch eines hin zu fügen:
Als Kind war mir oft nicht klar, was mir mein Vater riet. Die Stille genießen und … mehrSauerstoff sparen. Als junger Erwachsener war ich so fit, dass ich plaudernd die Touren begann, steilste und möglichst schnelle Besteigungen anstrebte. Aber in der Wand oder in einem Kamin lehrt Dich der Berg, nun das was Du als endlich „freier“, kräftiger Mensch machen möchtest, einfach nicht geht. Nein, Du musst Dich auf Ihn voll und ganz konzentrieren. Ihm zuhören.
Und das der Gipfel nur in der Gemeinschaft zu erreichen ist. Und das Du Deinen Sauerstoff für das vermeintlich schwächste Glied sparen musst, um es sicher mit zu nehmen. Der Berg sagt Dir schon, wie Du ans Gipfelkreuz kommst!
Heute bin ich der, der aus Erfahrung dieses seinen Kindern und Enkeln weitergibt. Ich bin mir bewusst, dass sie sich eines Tages an meine Worte bzw. (Nichtworte) erinnern werden! Ich kann es nur vorleben, aber der Berg wird es Ihnen dann schon zeigen.
Und ich erzähle Ihnen immer die Geschichte von Isaak. Ein Au-pair – Junge aus Peru. Er wurde in den Anden, unter widerwärtigsten Bedingungen des Militärs in Peru, ganz jung als Gebirgsjäger ausgebildet. Er sagte, etwa halb so alt wie ich, wir haben zwar oft das Blut aus unseren Stiefeln gekippt, aber wir haben es nur geschafft, weil wir mit Gott gingen. In seiner Zeit hier bei uns übergab ich immer Ihm die Leitung. Vieles gingen wir ungesichert, denn wir hatten das Vertrauen in Gott, das Isaak vermittelte. Ich überlegte nicht auf schmalen Steigen, wo ich meinen nächsten Schritt setze. Nein, ich trat auf seinen Schritt und die anderen hinter mir ebenso.
Einmal unten, nach 10h völlig erschöpft, angekommen sagte ich aus Spaß: „Na, gehen wir noch einmal?“ – Seine Antwort: „Lass uns Wasser trinken, Brot und Speck essen und Gott danken, dass wir wieder hier sind. Und ihn bitten, dass er uns weiter behütet! Wir sollten aber dieses Mal doppelt so schnell gehen, da es bald dunkel wird. Dann möchte ich wieder zurück in der Baumgrenze sein!“
Von diesem Moment an, hat sich mein Glaubensbild ein mächtiges Stück weiter entwickelt und verschoben. Er meinte es ernst und ich schämte mich.
ja genau diese Erfahrungen habe ich auch gerade gemacht mit meinen Kindern aus dem Heim allerdings auf dem Watzmann im Berchtesgaden. Ich war sehr beeindruckt von den gewaltigen Bergen, von der … mehrStille und der Weite in die ich schauen konnte. So manche Situation in meinem Leben errinnert an diesen mühsamen Aufstieg mit einem Ergebnis oder nicht beschreibbare´m Erlebnis. Gott ist viel größer und mächtiger als alle meine Klippen im Leben, er der diese Höhen und die Weiten geschaffen hat und sie erhält. Es bleibt auch für mich ein Staunen über seine Allmacht aus diesen Erlebnissen.
Gut geschrieben! Ich erfahre dieses an der Küste - und dort eher im Wind und hohem Wellengang.