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© Arun Sharma / unsplash.com

27.05.2020 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Annagret Schneider

Großer König – ganz klein

Wie David aus einer tiefen Hoffnungslosigkeit herausfindet.

Psalm 6 ist überschrieben mit „Bußgebet in Anfechtung“ und der verzweifelte Beter geht gleich in medias res: „Ach HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm!“ (Psalm 6,2).
 

Das fängt ja gut an! Was hat der Beter verbrochen, dass er solche Angst vor der Strafe, dem Zorn und dem Grimm Gottes hat?, so möchte man im ersten Augenblick denken. Der Beter jedenfalls wendet sich hier an einen Gott, der so gar nicht dem „lieben Gott, der alles durchgehen lässt und schon ein Auge zudrücken wird“ entspricht (so, wie wir ihn uns mitunter gerne vorstellen). Er wendet sich an einen Gott, der sehr wohl sieht, was dem Beter an Verfehlungen unterlaufen ist – oder wohinein er sich vielleicht bewusst begeben hat. 

Und dieser ist sich im Klaren darüber, dass er nichts vorzuweisen hat, womit er den allmächtigen Gott beschwichtigen könnte. Warum sonst würde David, von dem dieses Gebet stammt, Gott so ansprechen?

Am Boden zerstört

Aber hier ist David offensichtlich am Boden zerstört. Denn kaum hat er den ersten Satz ausgesprochen, fügt er an: „HERR, sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HERR, denn meine Gebeine sind erschrocken und meine Seele ist sehr erschrocken“ (Vers 3-4a).

Der große König David zeigt sich hier so, wie er ist – so, wie wir alle sind: schwach und hilfebedürftig – abhängig von der Gnade Gottes, der allein wir alles Gute in unserem Leben zu verdanken haben. Und so bittet er Gott um Heilung – und zwar ganzheitlich.

Er betont, dass Körper und Seele erschrocken sind; die Seele offenbar noch heftiger als die Gebeine. Und er fleht seinen Herrn an: „Ach du, HERR, wie lange! Wende dich, HERR, und errette mich, hilf mir um deiner Güte willen!“ (Vers 4b-5). Und weiter noch: „Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; wer wird dir bei den Toten danken?“ (Vers 6).

Das klingt nach einem Menschen, der keinen Ausweg mehr sieht, wenn er nur auf sich selbst und seine eigene Kraft und sein Können vertraut. Aber hier klingt auch sein Vertrauen auf Gott durch – auf seine Güte. Nur diese kann ihm helfen und an die appelliert er. David fühlt sich hier dem Tod offensichtlich näher als dem Leben.

Kennen Sie das auch?

Diese grausamen Nächte, die nicht enden wollen? Deren Ende man aber fürchtet, weil man sich dann dem neuen Tag wieder stellen muss? Kennen auch Sie diese Situation, die David hier beschreibt? „Ich bin so müde vom Seufzen; / ich schwemme mein Bett die ganze Nacht und netze mit meinen Tränen mein Lager. Mein Auge ist trübe geworden vor Gram und matt, weil meiner Bedränger so viele sind“ (Vers 7-8).

Hier ist ein Mensch ehrlich vor Gott. Er gibt zu, dass er, salopp gesagt, mit seinem Latein am Ende ist. Mehr noch: dass er vielen Bedrängern ausgesetzt ist. Gegend die kommt er mit eigener Kraft nicht an. Er ist unbedingt auf das Eingreifen Gottes angewiesen. Er beschreibt nicht, wer diese Bedränger und Feinde sind. Verliert kein Wort darüber, womit genau sie ihn nun unter Druck setzen. 

Aber er kennt die Adresse, an die er sich wenden muss, um seiner bedrückenden Lage zu entkommen. Entschieden gebietet er den Übeltätern, von ihm zu weichen, weil Gott sein Weinen hört (Vers 9).

Als er sich das erst einmal vor Augen geführt hat, stellt er ohne Umschweife fest: „Der HERR hört mein Flehen; mein Gebet nimmt der HERR an. Es sollen alle meine Feinde zuschanden werden und sehr erschrecken; sie sollen umkehren und zuschanden werden plötzlich“ (Vers 10-11).

Wer sind Ihre Feinde und Bedränger? Wenden auch Sie sich in den schlaflosen Nächten, die Sie umtreiben, an den Einen, der Ihnen da heraushelfen kann? 

Wer sonst könnte aus einer solchen Not befreien als allein der allmächtige Gott? Dieser Gott kann zwar strafen und zürnen. Aber er ist auch gütig. Und zwar so gütig, dass er uns hört, wenn wir uns vertrauensvoll an ihn wenden.

Das will ich aus diesem Gebet Davids für mich lernen

  • Ich kann in große Not geraten – aber die brauche ich vor Gott nicht zu verheimlichen. Er weiß ja längst Bescheid über mein Leben. Über die Situation, die mich umtreibt. Er kennt meine Bedränger.
  • Gott hört mich, wenn ich meine Not vor ihm ausspreche.
  • Ich darf an Gottes Güte appellieren.
  • Und dann darauf hoffen, dass ER mir hilft, dem neuen Tag nach der schlaflosen Nacht ins Auge zu schauen. Im Vertrauen darauf, dass Gott die Situation in seiner Hand hat und die Kontrolle nicht verliert.

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