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04.01.2008 / Ein Anruf und seine Folgen: Ein Klassentreffen / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: NN

»Das hat man nun davon...«

In der Schulzeit gehörte ich zum uninteressanten Durchschnitt und bekam das zuweilen auch zu spüren. Kommunisten, Maoisten und andere politisch Überzeugte waren

Eine mir vom Namen her zunächst unbekannte Dame meldete sich am Telefon: „Bist du die Anna Müller*, die vor 30 Jahren am Goethe-Gymnasium Abitur gemacht hat?“ – „Ja – ich bin´s“. Große Freude auf der anderen Seite der Leitung: „Seit einem guten Jahr bin ich dabei, die alten Klassenkameraden ausfindig zu machen. Dich konnte ich nicht finden – keiner wusste Bescheid. Da habe ich es übers Internet versucht und fand über einen Artikel deine Adresse.“

Dieser Artikel war drei Wochen vorher erschienen. Und nur wenig später war er die entscheidende Hilfe, mich ausfindig zu machen. „Und gelesen habe ich ihn auch. Ich bin zwar überzeugte Atheistin und aus der Kirche ausgetreten, aber das war mal etwas anderes.“
In diesem Artikel ging es um mein Suchen nach einem Lebenssinn und ums Finden im Glauben an Gott. Das hat man nun davon... Ich musste lächeln: Sowas passiert doch sonst nur im Film, oder? Gott hat vielleicht Humor...!

Nun entwickelte sich ein längeres Gespräch. Die Schulzeit hatte ich längst zu meinen Lebensakten gelegt. Eine Zeit, zu der ich keine Beziehung mehr hatte und auch nicht mehr haben wollte. Es war eine schwierige Zeit damals: Maoismus, Kommunismus, Rauschgift – auch in unserer Klasse. Ich selber gehörte damals mehr zum konservativen Flügel und damit zu den Außenseitern.

Meine Gedanken übersprangen in Windeseile 30 Jahre. Nein, ich hatte mich in der Schulzeit »in keinster Weise« profiliert. Weder durch gute Noten noch durch eine politische Gesinnung, auch nicht durch religiöse Überzeugungen. Meine Suche nach Gott kam erst in der Studentenzeit. In der Schule gehörte ich zum uninteressanten Durchschnitt und bekam das zuweilen auch zu spüren. Ein wohlbekannter Druck tauchte aus der Vergangenheit auf und siedelte sich in der Magengegend an. Nein, so glücklich wie die Anruferin konnte ich nicht unbedingt sein.

Ein Klassentreffen hatte es nie gegeben. Ebenso keine Rundbriefe. Alle Mitschüler waren bald nach dem Abitur aus meinem Lebenskreis verschwunden. Und die Anruferin hatte sich schon Gedanken gemacht: „Ein Klassentreffen wäre doch toll! Aber das hat bis jetzt niemand befürwortet. Da müsste man erst einmal einen geeigneten Ort und auch einen Raum haben. Alle leben in der Bundesrepublik verstreut. Die ganze Organisation würde viel Arbeit machen. Das will sich keiner aufladen.“

Das Gemeindehaus...“ geht es mir durch den Kopf. Es hat mehrere Räume in verschiedenen Größen. Technisch gut ausgerüstet. Und mein Wohnort liegt ziemlich in der Mitte zwischen Norden und Süden. Aber eigentlich wollte ich nicht unbedingt jemanden wieder sehen.

Gott, was soll ich tun...“ – Die Anruferin redet und redet – „...soll ich das vorschlagen? Na Gott, Du hast vielleicht Humor...

„Also, in unserem Gemeindehaus wäre Platz genug,“ höre ich mich sagen. Die Anruferin springt gleich darauf an. Ein Gemeindehaus? Du meinst so eine Kirche ohne Turm, ja? Warum nicht?“ meint sie. Der christliche Hintergrund stört sie nicht.

Sie organisiert eine Umfrage unter allen Beteiligten. Erstaunlicherweise stößt der Vorschlag allgemein auf Interesse. Auch einige Lehrer werden dabei sein. Mittlerweile steht das Datum fest. Einladung zum Gottesdienst inklusive. Auch dagegen gab es keine Bedenken. Im Gegenteil: „Eine Freie Gemeinde? Noch nie davon gehört. Ist sicher interessant.“ Damit hätte selbst ich nicht gerechnet...

Inzwischen freue ich mich auf das Event. Und manchmal muss ich über diese ganze Situation lachen. Dass ausgerechnet bei mir ein Klassentreffen stattfinden würde, daran hätte ich nie gedacht! Gott hat wirklich Humor!

Die Autorin ist der Redaktion bekannt.

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