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© Esther Tuttle / unsplash.com

11.11.2019 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Horst Marquardt

Befiehl du deine Wege

Gott kümmert sich auch um scheinbar ausweglose Situationen.

Als Paul Gerhardt, von seinem Predigtamt enthoben, im Jahre 1666 Berlin verlassen musste, kehrte er, ohne zu wissen wohin, in einem Gasthaus ein. Seine Gattin wurde vom Kummer so überwältigt, dass sie sich nicht fassen konnte. Paul Gerhardt redete ihr zu und sagte ihr den Bibelspruch:

„Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen.“ (Psalm 37,5).


Dann ging er in den Garten des Hauses und dichtete das bekannte Lied „Befiel du deine Wege...“ Als er es eben seiner bekümmerten Frau vorgelesen hatte, traten zwei Abgeordnete des Herzogs Christian zu Merseburg ins Zimmer und kamen mit Gerhardt ins Gespräch. Sie erzählten ihm den Zweck ihrer Reise. Sie wollten nämlich nach Berlin gehen, um einen gewissen abgesetzten Pastor, namens Gerhardt nach Merseburg einzuladen. Was mögen Paul Gerhardt und seine Frau bei dieser Nachricht empfunden haben? Es traf doch genau ein, was Paul Gerhardt in seinem Lied sich und anderen ins Herz gesagt hatte: „Befiel dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn. Er wird's wohl machen.“ Von dem Herzog zu Merseburg bekam Gerhardt eine Pension. Dazu kam im Jahre 1669 das Archidiakonat, also die Stellvertretung des Bischofs, zu Lübben in der Niederlausitz.


Paul Gerhardt, geboren am 12. März 1607 in Gräfenhainichen; gestorben am 27. Mai 1676 in Lübben, war ein evangelisch-lutherischer Theologe und Kirchenlieddichter im Barock. Vor allem sein Werk als Kirchenlieddichter ist bedeutsam und zahlreiche seiner Lieder sind auch heute noch ein wesentlicher Bestandteil von evangelischen Gesangbüchern. Da Paul Gerhardt als Dichter grenzüberschreitend wirkte, ist er Namensgeber zahlreicher Einrichtungen geworden.

Wer jeweils die ersten Worte seiner 12 Verse des Liedes aneinander fügt, entdeckt den Bibeltext aus Psalm 37, Vers 5: „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohlmachen.“


 

1) BEFIEHL du deine Wege
und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege
des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.
 

2) DEM HERREN musst du trauen,
wenn dir's soll wohlergehn;
auf sein Werk musst du schauen,
wenn dein Werk soll bestehn.
Mit Sorgen und mit Grämen
und mit selbsteigner Pein
lässt Gott sich gar nichts nehmen:
es muss erbeten sein.
 

3) DEIN ewge Treu und Gnade,
o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade
dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen,
das treibst du, starker Held,
und bringst zum Stand und Wesen,
was deinem Rat gefällt.
 

4) WEG hast du allerwegen,
an Mitteln fehlt dir's nicht;
dein Tun ist lauter Segen,
dein Gang ist lauter Licht.
Dein Werk kann niemand hindern,
dein Arbeit darf nicht ruhn,
wenn du, was deinen Kindern
ersprießlich ist, willst tun.
 

5) UND ob gleich alle Teufel
hier wollten widerstehn,
so wird doch ohne Zweifel
Gott nicht zurücke gehen;
was er sich vorgenommen
und was er haben will,
das muss doch endlich kommen
zu seinem Zweck und Ziel.
 

6) HOFF, o du arme Seele,
hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle,
da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken;
erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken
die Sonn der schönsten Freud.
 

7) AUF, auf, gib deinem Schmerze
und Sorgen Gute Nacht!
Lass fahren, was das Herze
betrübt und traurig macht;
bist du doch nicht Regente,
der alles führen soll:
Gott sitzt im Regimente
und führet alles wohl.
 

8) IHN, ihn lass tun und walten!
Er ist ein weiser Fürst
und wird sich so verhalten,
dass du dich wundern wirst,
wenn er, wie ihm gebühret,
mit wunderbarem Rat
das Werk hinausgeführet,
das dich bekümmert hat.
 

9) ER wird zwar eine Weile
mit seinem Trost verziehn
und tun an seinem Teile,
als hätt in seinem Sinn
er deiner sich begeben
und solltst du für und für
in Angst und Nöten schweben,
als frag er nicht nach dir.
 

10) WIRDS aber sich befinden,
dass du ihm treu verbleibst,
so wird er dich entbinden,
da du's am mindsten gläubst;
er wird dein Herze lösen
von der so schweren Last,
die du zu keinem Bösen
bisher getragen hast.
 

11) WOHL dir, du Kind der Treue!
Du hast und trägst davon
mit Ruhm und Dankgeschreie
den Sieg und Ehrenkron;
Gott gibt dir selbst die Palmen
in deine rechte Hand,
und du singst Freudenpsalmen
dem, der dein Leid gewandt.
 

12) MACH ENd, o Herr, mach Ende
mit aller unsrer Not;
stärk unsre Füß und Hände
und lass bis in den Tod
und allzeit deiner Pflege
und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege
gewiss zum Himmel ein.
 

 Horst Marquardt

Horst Marquardt

  |  langjähriger Direktor des ERF (✝)

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Kommentare (1)

Marianne H. /

Danke! Das Lied ist mir wohl bekannt, singe und spiele es oft.
Aber so habe ich es noch nicht gelesen. Das muss ich gestehen.
Es ist wunderbar! Das werde ich weitergeben.

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