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© Pietro de Grandi / unsplash.com

01.06.2015 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Theresa Folger

Angriff bei Morgengrauen

Warum Gottes Segen manchmal ganz unerwartet daher kommt.

„Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest“ (1. Mose 32,28) – was ist das denn für eine erpresserische Forderung? Vor allem, wenn sie an einen unbekannten Angreifer gerichtet ist. Ein absurdes Verhalten. Da hat wohl jemand etwas durcheinandergebracht!

Dieser Jemand ist Jakob, einer der Stammväter des Volkes Israel. Seine Lebensgeschichte ist im ersten Buch Mose festgehalten – darunter auch die folgende seltsame Begebenheit: Jakob campiert allein im Freien, als ein Fremder aus dem Nichts auftaucht und auf ihn losgeht. Die ganze Nacht kämpfen sie miteinander, doch keiner gewinnt die Oberhand. Als sich der Angreifer bei Morgengrauen aus dem Staub machen will, hält Jakob ihn fest. Er will unbedingt, dass der Unbekannte ihn segnet.

Wenn ich mit Mühe einen Angreifer in Schach halten könnte, wäre ich erleichtert, wenn er endlich von mir ablässt. Nicht so Jakob. Er ist nämlich überzeugt, dass er mit Gott selbst gekämpft hat. Und wo er ihm schon mal gegenübersteht, will er die Chance auf seinen Segen nicht verpassen.

Gott kämpft um Jakob

Warum Gott ihn angreift, erfahren wir nicht. In den vorhergehenden Kapiteln wird aber deutlich, dass Jakob sein Leben lang um Gottes Anerkennung gerungen hat. Offensichtlich hat der Zweitgeborene Angst davor, zu kurz zu kommen. In seinen Jugendjahren betrügt er seinen älteren Bruder Esau sogar um dessen Erstgeburtssegen. Und nun ist er erneut auf den Segen des Allmächtigen aus.

Dass Gott sich darauf einlässt, ist für mich umso erstaunlicher. Wie einfach wäre es für ihn gewesen, Jakob zu Staub zerfallen zu lassen für seine unverschämte Forderung. Was fällt dem auch ein? Aber nichts da. Gott gewährt Jakob seine Bitte. Er spricht Verheißungen über ihm aus und gibt ihm sogar einen neuen Namen: „Israel“. Dieser Name ist doppeldeutig. Er bedeutet einerseits: Mit Gott gekämpft. Aber auch: Gott kämpft. Gott kämpft um Jakob. Er meint es gut mit ihm.

Ich darf um Gottes Segen bitten

Wie sieht es mit mir aus? Manchmal habe ich auch den Eindruck, Gott jeden kleinen Segen abringen zu müssen: Wenn das Leben mir nicht leicht von der Hand geht und mich alles übermäßig Kraft kostet. Wenn ständig neue Hindernisse vor mir auftauchen und ich mich damit völlig alleingelassen fühle. Von wegen „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“. Mit Mühe schaffe ich es vielleicht, daran hochzukraxeln. Seelische Höhenflüge auf Gottes Segenswelle? Fehlanzeige. Will Gott mir vielleicht nicht helfen, weil ich ihm nicht gut genug bin?

Jakobs Beispiel zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Er ist der unbedeutende Zweitgeborene, der seinen älteren Bruder hinterlistig betrogen hat. Und trotzdem segnet Gott ihn. Das ist für mich ein Wunder. Vielleicht honoriert Gott die Tatsache, dass Jakob regelrecht um seinen Segen bettelt. Vielleicht führt er auch die Segensspur fort, die er Jakobs Großvater Abraham zugesagt hat. Ich weiß es nicht. Aber an Jakobs Leben erkenne ich, dass Gott seinen Segen unverdient gibt. Und noch eins wird mir deutlich: Dass ich ihn darum bitten darf. Ja, dass ich sogar mit ihm darum ringen darf.

Gott hat mich im Blick

Wann, wo und wie Gott auf meine Bitten reagiert, entscheidet er allerdings selbst. Ich kann sein Handeln in meinem Leben nicht voraussehen. Manchmal begreife ich erst im Rückblick, dass Gott mich tatsächlich gesegnet hat – wenn auch anders als erwartet. Vielleicht hat er mir die Augen geöffnet, dass diese Mauer zu hoch für mich ist. Vielleicht hat er mich davor bewahrt, jenen Weg weiterzugehen. Oder ich bin auf dem Rückweg jemanden begegnet, für den ich wiederum zum Segen geworden bin.

Es lohnt sich, nach Gottes Segensspuren in meinem Leben Ausschau zu halten. Oft werde ich positiv überrascht sein, an welchen Stellen ich Gottes Fingerzeig in meinem Leben erkenne. An anderen Stellen vermisse ich ihn vielleicht. Doch selbst dann darf ich wissen, dass Gott mich im Blick hat. Denn Gott meint es gut. Auch mit mir.

 Theresa Folger

Theresa Folger

  |  Redakteurin

Diplomkulturwirtin und Redakteurin, beschäftigt sich vor allem mit den Themenfeldern „mentale Gesundheit“ und „Persönlichkeitsentwicklung“. Mit ihren zwei aufgeweckten Mädels entdeckt sie dabei regelmäßig neue spannende Aspekte.

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Paul S. /

danke für den Beitrag der viel über Gottes Pläne oder Segnungen verrät. Seit Jahren bitte ich im Gebet um Gottes Segen für mich und meine Familie , erfahre immer das die Bitte mir gut tut !

Sabrina B. /

für eva

Hans-Jürgen R. /

Ich sage mir immer alles hat sein gutes im Leben wie auch schlechtes. Es muss ein Gleichgewicht bestehen. Jedes handeln muss bedacht sein. Ich versuche mich immer in die Lage des anderen zu mehr

Sabine /

Hallo Frau Folger, einfach ein Dankeschön für diese mutmachenden Zeilen! Liebe Grüße von Sabine

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