Navigation überspringen

04.01.2008 / Erfahrungsbericht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Martin Mandt

Dankbar, dass ich bin, wie ich bin

Ich bin schwerbehindert – amtlich bestätigt und mit einer Prozentzahl, dem Grad der Behinderung, versehen. Das heißt, dass ich nicht ohne Krücken laufen kann, denn ab der Hüfte abwärts funktionieren Gelenke und Muskeln nicht so, wie sie sollten. Der Grund dafür sind fehlende Knochen in der Wirbelsäule.

Dass ich für diesen Umstand dankbar bin, ist nichts, was ich von Anfang an sagen konnte. Natürlich war es nicht einfach, buchstäblich hinterherzuhinken, wenn Schulkameraden mit dem Fahrrad unterwegs waren oder Fußball spielten. Andere rannten, bolzten, kletterten – all das konnte ich nicht – und das machte mich bei den Kindern meiner Zeit zum Außenseiter. Später hatte ich ein paar gute Freunde aus Schule und Nachbarschaft – aber für die Mädels damals war ich ein Neutrum. Sie wollten einen, der schöne Dinge mit ihnen machte und – machen wir uns nichts vor – dessen Körper ansehnlich und begehrenswert war. All das war ich nicht und konnte es nicht bieten. 

Einen drauf machen

Erst als ich begann Dinge zu entdecken, die ich auch als Behinderter tun konnte, glaubte ich, dadurch vollwertiger zu werden. Es begann mit dem Autofahren. Dank moderner Technik kann ich einen Wagen per Hand steuern. Aber es ging weiter: Zigaretten rauchen, Komasaufen und andere Drogen einwerfen waren Dinge, mit denen ich mir cool vorkam und die ich machen konnte. Schließlich konnte ich kein Motorrad fahren oder tanzen gehen, keine „Schnecken abschleppen“ – Sex fiel also definitiv als Droge aus – also probierte ich alles andere.

Viel später erst begriff ich, aus welchen Sümpfen mich Gott herausgeholt hatte. Meine Drogenquelle versiegte, als ich aus meiner Stammdisko rausgeworfen wurde. Vor Geschlechtskrankheiten oder Alimenten blieb ich verschont – Bekannte, hatten sich beim Sex mit wechselnden Partnern schon das eine oder andere „eingefangen“. Wie viele ungewollte Schwangerschaften bei diesen Zeitgenossen abgebrochen worden sind, will ich lieber nicht wissen. Ich habe manches mitgemacht, aber auf andere Erfahrungen kann ich gewiss verzichten.

Ich möchte mich – um das deutlich klar zu stellen – weder über diese Menschen erheben, noch sie verurteilen. Sie alle waren und sind vermutlich heute noch auf der Suche nach erfülltem Leben. Und ich war das damals auch. Und wenn Gott nicht eingegriffen hätte, wäre ich vielleicht schon lange mit einem Motorrad tödlich verunglückt. Vielleicht wäre ich kriminell geworden, um Drogen zu beschaffen und wäre letztendlich an der Nadel verreckt. Vielleicht hätte ich diversen Mädchen die Jugend genommen, weil ich sie geschwängert hätte. Und vielleicht wären andere Dinge passiert, die mein Leben und das Leben Anderer versaut hätten.

Erkenntnis und Einsicht

Die Behinderung, die Gott zuließ, die viel Schmerzen – vor allem meinen Eltern – bereitet hat, war vielleicht nötig, um mich vor mir selbst zu retten. Auch wenn sie mich oft zweifeln ließ, ob es einen Gott gibt, der wirklich gerecht ist, der mich liebt, war die Behinderung möglicher Weise mein Rettungsanker vor dem ganzen Blödsinn, den ein junger, lebenshungriger Mann machen kann.

Die Einsicht, dass Gott mich – trotzdem? – deswegen? – unendlich liebt, konnte ich irgendwann doch entdecken. An einem Tiefpunkt in meinem Leben (den ich trotz aller hier gezeigten Offenheit lieber für mich behalten möchte) gab es für mich nichts mehr – außer einem Gebet:

„Gott, wenn Du mich wirklich wolltest, so wie ich bin, dann beweise mir Deine Liebe zu mir.“

Mein Leben änderte sich nicht schlagartig. Meine Situation war immer noch verfahren und schlimm. Aber ich spürte in mir drinnen eine Ruhe, weiten Frieden, den ich weder im Suff, im Rausch oder bei Parties je erlebt hatte. Ich wusste plötzlich, dass mein Leben nicht mehr in der Luft hing, sondern bei diesem Gott verankert war. Meine Perspektive war anders geworden. Ich sah plötzlich nicht mehr den Sumpf in dem ich steckte, sondern den Weg aus diesem Sumpf heraus. Und ich spürte einen, der mich mit seiner Kraft aus diesem Sumpf herausholen würde: Jesus Christus.

Das bewies mir, dass

  1. Jesus Christus existiert und lebt,
  2. Gott mich genau so wollte – mit Behinderung, mit Fehlern, mit Unfähigkeiten und allem, was zu mir gehört,
  3. ich in Schwierigkeiten – die zweifelsohne da waren und die es immer geben würde – nie mit der Bewältigung allein gelassen sein würde.

Ja, meine Schwierigkeiten konnte ich wirklich bewältigen. Ich nehme heute keine Drogen mehr, habe aufgehört zu rauchen und pflege einen normalen Umgang mit Alkohol. Ich fand eine wundervolle Ehefrau, die mich so akzeptiert und liebt, wie ich bin und ich habe andere Dinge entdeckt, die ich machen kann, ohne einem Motorrad nachweinen zu müssen.

Was bleibt, ist die Unfähigkeit, ohne Hilfsmittel zu laufen – aber auch die Gewissheit, dass dieser Körper nicht alles ist. Jesus Christus hat mir einen neuen versprochen – und er hat meinen Blick geweitet.

 Martin Mandt

Martin Mandt

  |  Redakteur (✝)

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren