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© Joseph Chan / unsplash.com

12.01.2021 / Interview / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Regina König

Trump – ein Aufrührer?

Demokraten reichen Antrag für Amtsenthebungsverfahren ein.

 

Die Demokraten wollen Donald Trump feuern. Der Anklagepunkt gegen den amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika lautet: „Anstiftung zum Aufruhr“. In einer Rede soll Donald Trump seine Anhänger dazu aufgerufen haben, zum Kapitol zu kommen, laut Twitter: „Seid da, seid wild!“

Fünf Menschen verloren infolge des Sturms auf das Kapitol am Mittwoch vergangener Woche ihr Leben. Zu Trumps Anhängern gehören auch konservative Christen, sogenannte Evangelikale. Mehr als 70 Prozent von ihnen sollen Trump gewählt haben. Wie geht es weiter in den USA? ERF-Moderator Stephan Steinseifer im Gespräch mit Regina König von der Aktuell-Redaktion.

 

ERF: Regina – wie sinnvoll ist ein Amtsenthebungsverfahren 9 Tage vor Amtsübergabe? Denn am 20. Januar wird ohnehin Joe Biden als neuer US-Präsident vereidigt.

Regina König: Fachleuten zufolge sind die Erfolgsaussichten gering. Um das Verfahren zu starten, bedarf es zwar nur einer einfachen Mehrheit im demokratisch geführten Repräsentantenhaus, doch für einen anschließenden Schuldspruch sind zwei Drittel der Stimmen im Senat erforderlich. Somit müssten 17 republikanische Senatoren dafür stimmen, dass ihr Präsident des Amtes enthoben wird. Das ist bisher nicht erwartbar. Außerdem könnte das Verfahren frühestens am Tag der Einführung des neuen Präsidenten beginnen: am 20. Januar um 13h Uhr Ortszeit.

Amtsenthebungsverfahren wird Gräben vertiefen

ERF: Warum streben die Demokraten trotzdem dieses Amtsenthebungsverfahren an?

Regina König: Sie wollen ein Zeichen setzen und hoffen, Donald Trump so auf alle Zeit loswerden zu können, denn wenn er tatsächlich seines Amtes enthoben wird, darf er nicht mehr für hohe Staatsämter kandidieren.
 

ERF: Das würde also das politische Aus für Donald Trump bedeuten und er könnte 2024 nicht wieder als Präsidentschaftskandidat auftreten. Aber der sogenannte „Trumpismus“ wäre damit nicht verschwunden.

Regina König: Nein, denn immerhin haben ihn 74 Millionen US-Amerikaner gewählt, seine Wahlniederlage war denkbar knapp. Und in einer Umfrage des Fernsehsenders ABC sprechen sich auch nur 56 Prozent der Befragten für einen Rücktritt des Präsidenten aus. Seine Vorstellungen von „America first“ werden weiterleben.

Das Land ist tief gespalten, bis hinein in die Familien ziehen sich die politischen Brüche. Das wird wohl einer der großen Herausforderungen Joe Bidens sein, Verständnis füreinander und Versöhnung wachsen zu lassen. Wobei ein Amtsenthebungsverfahren die Gräben eher noch vertiefen wird.

Viele US-Evangelikale stehen hinter Trump

ERF: Auch unter konservativen Christen gibt es viele Trump-Unterstützer.

Regina König: Ja, sie gelten als wichtige Wählergruppe der Republikaner, offenbar haben mehr als 70 Prozent der sogenannten „Evangelikalen“ für Trump gestimmt. Schließlich setzte er sich ein z.B. gegen Abtreibung und für Israel. Doch dabei geriet vieles in den Hintergrund, wie z.B. Trumps Einstellung zu Wahrheit und Lüge. Sogar beim Sturm auf das Kapitol waren offenbar auch Christen mit in der Menge, zumindest haben Beobachter Schilder gesehen mit der Aufschrift „Jesus 2020“ oder „Jesus saves“.

Evangelikale in den USA müssen sich spätestens jetzt fragen, ob ihnen Patriotismus und Nationalismus wichtiger geworden sind als der Blick auf Jesus und damit auf sein Reich, das nicht von dieser Welt ist.

Dass diese Gewalt, diese Wut und dieser dort gezeigte Hass nicht zusammenpassen mit christlichen Glaubensüberzeugungen, liegt auf der Hand. Und sicher sieht das die große Mehrheit der US-Christen genauso. Doch Evangelikale in den USA müssen sich spätestens jetzt fragen, ob ihnen Patriotismus und Nationalismus wichtiger geworden sind als der Blick auf Jesus und damit auf sein Reich, das nicht von dieser Welt ist.
 

ERF: Vielen Dank, Regina, für das Gespräch.

 Regina König

Regina König

  |  Redakteurin

Für ERF Plus in Mitteldeutschland unterwegs. Sie ist verheiratet und hat vier Kinder.

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Kommentare (4)

Jörg /

Das schreibt die schweizer Weltwoche dazu: "Es braucht hier schon die inquisitorische Fantasie eines Schauprozessanwalts aus den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts in Moskau, um aus solchen mehr

Jörg /

Es sind gerade die größten Despotien und deren Vertreter, die den Begriff Demokratie besonders gerne gebrauchen. Als Beispiel sei Robert Mugabe genannt. Goebbels sprach von "veredelter Demokratie", mehr

Ulrich H. /

Ich unterstützte den ERF seit 35 Jahren und seit 25 Jahren regelmäßig mit einer höheren monatlichen Spende. Ich finde Eure Beiträge wie diesen hier sehr gut und ausgewogen. Es geht nicht darum, mehr

Jörg /

Trump ist der erste Präsident seit Carter, der keinen Krieg geführt hat. Er hat Friedensverträge zwischen Israel und den arabischen Emiraten sowie Bahrain erreicht. Durch Steuerbefreiung haben gerade mehr

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