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© Matthew Spiteri / unsplash.com

18.07.2012 / CIDEL – Projekt gegen Korruption in Afrika / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Anika Lepski

„Korruption zerstört unsere Gesellschaft“

Afrika könnte es besser gehen, wenn es bessere Führungskräfte gäbe. Was er gegen das Problem unternimmt, erzählt Dr. Hibaile im Interview.

Dr. Augustin Hibaile aus der Zentralafrikanischen Republik setzt sich mit seiner Organisation „Centre International pour le Dèveloppement de l’Ethíque du Leadership“ (Internationales Zentrum für die Entwicklung ethischer Führung, kurz: CIDEL) dafür ein, ethische Werte zu vermitteln und gegen die Korruption in Afrika zu kämpfen. Mit ERF Online hat er über seine Vision und seine Aufgaben gesprochen.

ERF: Was ist CIDEL und welche Ziele verfolgt Ihre Organisation?

Dr. Augustin Hibaile: CIDEL ist eine christliche Organisation, die ich im Jahr 2005 gegründet habe. Sie setzt sich für die Entwicklung ethischer Führungsstile ein. Unser Ziel ist es, Führungskräften zu helfen, in ihrem Charakter zu wachsen. Sie sollen integre Persönlichkeiten werden und dazu beitragen, dass wir sozialen Frieden und auf politischen, sozialen und ökonomischen Gebieten eine Entwicklung erreichen.

In unserem Land behaupten 80% der Menschen von sich, Christen zu sein, aber sie sind nur am Sonntag Christen. CIDEL möchte den Menschen helfen, jeden Tag mit dem christlichen Glauben zu leben. Sie sollen Jesus an den Arbeitsplatz bringen und sein Licht in der Gesellschaft zeigen. Unser Hauptanliegen ist es, dass sie eines Tages mit ruhigem Gewissen vor Gott stehen können.

ERF: Wie wollen Sie diese Ziele erreichen?

Dr. Augustin Hibaile: Wir organisieren viele Seminare in unserem und anderen afrikanischen Ländern. In den sieben Jahren seit unserer Gründung hat Gott unseren Dienst durch die Möglichkeit gesegnet, Führungskräfte und Studenten zu schulen. Wir halten aber auch Seminare für Menschen im öffentlichen Dienst, in Institutionen und für Kirchenleiter.

Wir haben viel Segen erlebt. Teilnehmer unserer Seminare fingen an zu begreifen, dass sie ihren Charakter entwickeln müssen, um rechtschaffene Menschen zu werden. So können sie Gott in ihre Familien, auf den Arbeitsplatz und in die Gesellschaft bringen.

ERF: Was hat Sie dazu bewegt, CIDEL zu gründen?

Dr. Augustin Hibaile: Ich habe 20 Jahre Pastoren im Bibelseminar ausgebildet. Neben meinem Dienst an der Bibelschule war ich auch freiwilliger Polizeikaplan. Ich arbeitete mitten unter Polizeioffizieren und bemerkte, dass sie in Bestechungen und Korruption verwickelt waren. Mir wurde bewusst, dass eine große Lücke zwischen der Kirche und dem Arbeitsplatz vorhanden war. Das weckte Leidenschaft in mir und die Vision, die Organisation von CIDEL mit dem Auftrag zu gründen, eine Brücke zwischen Glauben und Praxis zu errichten. Das war die Motivation, die mich und einige andere Christen in meinem Land dazu brachte, die Arbeit mit CIDEL zu beginnen.

„Es mangelt uns an guten Führungskräften“
 

ERF: Warum ist Korruption so ein großes Thema in der Zentralafrikanischen Republik?

Dr. August Hibaile: Weil die Menschen in Afrika sehr leiden. Afrika ist ein schöner Kontinent und wir haben alles, was wir brauchen, um zu überleben und unser Land zu entwickeln. Leider mangelt es uns an guten Führungskräften in der Regierung und sogar in der Kirche. Ich dachte über mein Land nach und bemerkte, dass es so ist, wie in der Bibel geschrieben steht. Sie sagt, dass wir alle von Kopf bis zum Fuß verdorbene Wesen sind, weil die Menschheit nicht Gottes Regeln folgt. Wir haben ethische Probleme. Das bringt viele Anführer, sogar Christen, dazu, dass sie korrupt handeln und andere Menschen ausnutzen.

ERF: Welchen Effekt hat die Korruption auf die Gesellschaft und die Wirtschaft Ihres Landes?

Dr. Augustin Hibaile: Die Korruption wirkt sich auf das Leben der Leute dahingehend aus, dass das Einkommen für Bürger meines Landes weniger als einen Dollar pro Tag beträgt. Staatsgelder wandern in die Taschen einiger weniger Menschen, anstatt dass sie jedem zugutekommen. Die verantwortlichen Leute nutzen ihre Macht, um das Geld für sich zu behalten.

Die Korruption erzeugt die politischen Unruhen und den Mangel an Entwicklung. Wir haben keine guten Straßen und in Krankenhäusern leiden die Menschen. Die Ärzte erwarten, dass man ihnen vor der Behandlung Geld gibt! Ich habe viele Menschen vor den Augen der Ärzte sterben sehen, obwohl diese geschworen haben, den Menschen zu überleben helfen. Und nun befolgen sie aufgrund ihrer Gier den Schwur nicht.

Wir hatten Militärrevolten und viele Streiks in unserem Land. Schuld an diesen und anderen Störungen war zum Großteil die Korruption. Auf diese Weise zerstört Korruption die Gesellschaft. Sie erzeugt Gewalt, Krieg und jede Art von Problemen. Deshalb ist es wichtig, die Menschen darauf anzusprechen. Sie müssen verstehen, dass die Gesellschaft sich zum Guten wandelt und das Leben lebenswert wird, wenn sie aus der Korruption herauskommen.

ERF: Haben Sie keine Bedenken bezüglich Ihrer Sicherheit, wenn Sie solche brisanten Themen zur Sprache bringen?

Dr. Augustin Hibaile: Die Situation ist wirklich gefährlich, aber Gott gibt mir den Mut. Ich fürchte mich nicht. Natürlich ist Angst in mir, weil ich ein Mensch bin. Aber der Heilige Geist legte die Leidenschaft in mein Herz, über ethische Führung zu unterrichten. Deshalb möchte ich mutig zu den höchsten Leuten meines Landes sprechen. Wenn Gott also mit mir ist, kann niemand meiner Leidenschaft etwas anhaben, selbst wenn ich dafür in den Tod gehen müsste, dass ich die Wahrheit erzähle.

„Nicht alle mögen es, sich im Spiegel vorgeführt zu bekommen“
 

ERF: Können Sie bereits Erfolge feststellen?

Dr. Augustin Hibaile: Ja, seit etwa vier Jahren treffe ich mich jeden Montag mit dem Premierminister Faustin Archange Touadéra in seinem Kabinett und wir diskutieren über diese Themen. Er hat mich eingeladen, wöchentlich mit ihm in der Bibel zu lesen und zu beten. Inzwischen hat er einige korrupte Mitglieder seines Kabinetts ins Gefängnis gebracht. Der Premierminister ist einer der Teilnehmer meines Seminars. Ich denke, dass ein Teil des Trainings, das ich als Mentor mit ihm hatte, ihm nun hilft, gegen die Korruption in meinem Land zu stehen.

Der Premierminister ist einer der höchsten Führer meines Landes. Dass er offen für das Thema ist, bedeutet, dass Gott im Land arbeitet. Natürlich müssen wir uns Schwierigkeiten und Herausforderungen entgegenstellen, weil wir eine neue Organisation sind. Viele verstehen nicht, was wir machen. Aber wir haben auch schon Früchte des Erfolgs gesehen, da einige Leute sich nun dafür engagieren, Regierungsgelder rechtmäßig einzusetzen.

ERF: Haben Sie Rückschläge erfahren?

Dr. Augustin Hibaile: Ja, zum Beispiel wollten wir ein Seminar für die Mitglieder der Regierung organisieren. Aber wir spürten die Abneigung einiger Minister, die nicht teilnehmen wollten. Denn unsere Seminare dienen dazu, sich selbst im Spiegel zu sehen. Wir wollen ihren Charakter entwickeln, nicht ihre politischen Fähigkeiten. Wir geben Gottes Wort an sie weiter und helfen ihnen, sich selbst zu visualisieren. Aber nicht alle mögen es, sich im Spiegel vorgeführt zu bekommen.

Das ist eine unserer Schwierigkeiten, aber mit Gottes Hilfe bewegen wir uns vorwärts. Wir freuen uns, wie Gott unsere Organisation nutzt, um die Menschen in unserem Land zu ändern.

ERF: Was gibt Ihnen Stärke nach einem Rückschlag?

Dr. Augustin Hibaile: Die Stärke kommt aus meinem Glauben. Die Bibel sagt: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“ (Römer 1,17) Bereits die Gründung der Organisation war ein Zeichen des Glaubens, denn vorher befand ich mich unter dem Schirm einer Organisation, die mich bezahlte. Aber ich machte einen Schritt darunter hervor und gründete CIDEL ohne jegliche Unterstützung und ohne bereitstehende Gelder.

Ich hörte mit meinem alten Leben auf wie Abraham. Gott sagte „Geh, verlass dein Land und deine Familie“ und ich tat es. Glauben ist wie dieses Bild: Wenn du auf dem Wasser gehen möchtest, dann musst du das Boot verlassen. Ich stieg aus dem Boot und begann die schwierige Aufgabe, gegen die Korruption und für ethische Werte unter den afrikanischen Führern zu kämpfen.

ERF: Können Leute von Deutschland aus etwas für die Situation in Ihrem Land tun?

Dr. Augustin Hibaile: Ja, das können sie. Ich bin nach Deutschland gekommen, weil ich von Mitgliedern des Bundestags zur 17. Internationalen Berliner Begegnung eingeladen worden bin. Aber ich wollte auch herumreisen und in Kirchen darüber sprechen, wie Gott mich in Afrika einsetzt, um sein Licht in der Dunkelheit zu verbreiten. Dieses Amt kann nicht allein getan werden. Wir brauchen Partner, die mit uns beten und uns in verschiedener Weise unterstützen, sodass wir uns auf unsere Arbeit konzentrieren können. Ich denke, dass Afrika von Gott vielleicht in einigen Jahren genutzt werden kann, sein Licht wieder nach Europa zu bringen.

Wir möchten Christen in Deutschland dazu ermutigen, unseren Dienst von CIDEL zu unterstützen. In Deutschland kooperieren wir mit der Organisation Life Project. Ich arbeite nicht nur in meinem Land, sondern gehe auch in andere afrikanische Ländern. Daher wird eine Unterstützung für uns eine Unterstützung für ganz Afrika sein.

ERF: Vielen Dank für das Gespräch und Gottes Segen für Ihre weitere Arbeit.

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