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04.01.2008 / Helmut Thielicke und Pater Brown / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Gerson Wehrheim

Humor und Glaube sind Geschwister

In seinem Buch „Das Lachen der Heiligen und Narren“ erzählt der Theologieprofessor Helmut Thielicke eine absurde Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg: Gegen End

In seinem Buch „Das Lachen der Heiligen und Narren“ erzählt der Theologieprofessor Helmut Thielicke eine absurde Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg:

Gegen Ende des Krieges predigte er in einer Dorfkirche in der Nähe von Stuttgart. Während der Predigt gab es plötzlich großen Lärm. Die versammelte Gemeinde hörte einen Fliegerangriff, ohne dass vorher Fliegeralarm gegeben worden war. Heulende Flugzeugmotoren, knatternde Maschinengewehre und das laute Krachen der Flak hallten durch die Kirche. Was nun? Hätte es Fliegeralarm gegeben, wäre die Gemeinde nach Hause geschickt worden. Nun saßen sie in der Falle.

Mit dem Organisten hatte Helmut Thielicke für den Fall des Fliegeralarms ein Lied verabredet. Die Gemeinde sollte es zur Beruhigung beim Verlassen der Kirche singen. Dazu war es jetzt aber zu spät. Sie konnten nicht mehr raus, saßen gefangen in der Kirche und mussten einen Treffer befürchten. Geistesgegenwärtige brüllte der Professor in den Höllenlärm hinein: „Alle legen sich auf den Boden! Wir singen »Jesu, meine Freude«“.

So geschah es dann auch. Er selber blieb auf der Kanzel stehen und beobachtete die Szenerie. Seine Gemeindeglieder waren zwischen den Bänken verschwunden. Weiterhin krachte, donnerte und grollte es um sie herum. Zwischen den Kirchenbänken erklang nun das Lied: »Jesu, meine Freude.« Darin heißt es:

  »Trotz dem alten Drachen,
trotz dem Todesrachen,
trotz der Furcht dazu!
Tobe Welt und springe;
ich steh hier und singe,
in gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in acht,
Erd und Abgrund muss verstummen,
ob sie noch so brummen.
«


Thielicke berichtet, wie er auf der Kanzel stehend, lauthals lachen musste. Das war wirklich komisch. In diesem Moment wurde ihm klar, welche Macht dieser alte Choral hat. Das war keine fromme Lyrik, sondern ein Kampfgesang gegen Tod und Teufel.

Das haben Humor und Glaube gemeinsam. Sie schaffen eine Distanz von der manchmal bedrückenden Lage unserer Welt. Von dieser Distanz aus entsteht das Lachen. Humor und Glaube sind Geschwister. Beide überwinden die Schrecken dieser Welt. Das Filmgeschöpf Pater Brown hat recht, wenn er sagt:

Humor ist eine Erscheinungsform der Religion – denn nur der, der über den Dingen steht, kann sie belächeln.“ 

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