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© Neukirchener Aussaat Verlag

14.06.2012 / Buchbesprechung / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Jörg Zander

Harry Potter trifft Gott – Das Evangelium von Hogwarts

Autor Peter Ciaccio sucht im Potter Epos nach Spuren des Glaubens. Gelingt es ihm? Eine Rezension.

Der steile und bedeutungsträchtige Titel umfasst die Arbeitsaufgabe, der sich der italienische methodistische Pfarrer Peter Ciaccio gestellt hat. In 125 Seiten will er in seinem kürzlich erschienenen Buch herausarbeiten, dass der Inhalt der Harry Potter Bände im Einklang mit der Bibel steht. Dazu stellt der Autor in zwölf Abschnitten jeweils eine Passage aus den Potter-Bänden einem biblischen Vers gegenüber.

Nun möchte man meinen, dass Ciaccio die gewählten Textpassagen miteinander vergleicht, Joanne K. Rowlings mögliche Nähe zum Christentum herausarbeitet und Parallelen zur Heiligen Schrift aufzeigt. Doch weit gefehlt. Stattdessen finden sich in seinem Buch immer wieder Versuche, biblische Lehre zu ergänzen, umzudeuten und in Einklang mit dem siebenbändigen Werk um den Zauberlehrling zu bringen.

Pars pro toto – ein Beispiel für Ciaccios Argumentation

Als gutes Beispiel dient das erste Kapitel. Es geht um Magie und Theologie. Gegenüber gestellt werden ein Statement zu den Muggles, Potters Onkel und Tante, und ein Gebot aus dem dritten Buch Mose (3. Mose 19, 26b). Ciaccios Argumentation reicht dann von der ungerechten Hexenverfolgung im Mittelalter bis zur überzogenen Kritik der Potter-Gegner. Schließlich verniedlicht der Autor Magie an sich und zieht als Beleg dafür die Zauberin Gundel Gaukeley in den Disney Büchern heran, die ja auch in Ordnung sei.

Seiner Meinung nach verbietet das zitierte Gebot im dritten Buch Mose auch nicht die Beschäftigung mit okkulten Inhalten. Der Bibelvers rufe "uns dazu auf, unser Vertrauen nicht in diejenigen Menschen zu setzen, die uns ein besseres Leben versprechen, indem sie sich etwas zunutze machen, dass sie uns als "Magie" verkaufen." (S.18.19) Ciaccio versteht das Gebot als eine Warnung, mit der Gott den einzelnen vor der Täuschung durch andere Menschen schützen will.

Vom Legen einer falschen Fährte

Im diesem Auslegungsstil geht es weiter. Wie bei amerikanischen Goldgräbern versucht Ciaccio, die relevanten Phrasen aus den Potter Bänden zu isolieren und anhand der Bibel irgendwie nutzbar zu machen. Dabei behandelt er viele christliche Themen wie Schuld, Vorherbestimmung, Vergebung, Angst, Vertrauen, Umgang mit Reichtum und Macht. Diese werden aber lediglich benutzt und willkürlich auf den Potter – Epos angewandt, mit ihm in Verbindung gesetzt, verzerrt, umgedeutet und in falsche Zusammenhänge gebracht.

Es gibt auch Positives bei Harry Potter

Natürlich verkörpert Harry Potter auch positive Werte: Der Junge ist in Leid und Ungerechtigkeit aufgewachsen und kämpft gegen das Böse. Das Thema seiner Berufung zieht sich durch die einzelnen Bände. Auch geht es um Beziehungen, um Angst und Vertrauen und letztlich um die Konfrontation mit dem Tod, und die Hingabe als Opfer für seine Freunde zu sterben.

Sicher ist aber auch, dass Joanne K. Rowlings diese Elemente nicht in ihre Geschichte eingewoben hat, um biblische Inhalte zu vermitteln. Sie stammen aus dem großen Topf an Erfahrungen im Leben einer Autorin, die mit diesen Metaphern etwas in ihrem Märchen ausdrücken wollte. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, hat Rowling immer wieder deutlich gemacht, dass es sich bei den Potter Geschichten um ein Märchenbuch für Kinder handelt und nicht um ein Heilswerk. Bei Ciaccios Buch spüre ich hingegen ständig das krampfhafte Bemühen, die Potter Bände mit der Bibel vergleichen zu müssen und zeigen zu wollen, dass darin alles gut, sauber und unbedenklich ist.

Wer vergleicht hier was mit wem?

Zudem ist der Begriff "Evangelium" ein fest definierter theologischer Begriff und bezeichnet die gute Nachricht von Jesus Christus, die ich unbedingt zum Leben brauche, ohne die ich verloren bin, mit der ich jedoch eine Perspektive über das derzeitige Leben hinaus habe.

Mit den 125 Seiten versucht der italienische Pastor die Geschichte um Harry Potter zu eben einer solchen Heilslehre zu verklären, indem er die darin verwendeten theologischen Begriffe neu interpretiert und erklärt. Ciaccio versucht mit Potter die Bibel zu erklären, nicht andersherum. So werden die Harry Potter-Bände zu einem Evangelium erhoben, das es zu entdecken gilt und das die Bibel in ihren wichtigen Themen verständlicher erklärt.

Fazit

Ciaccios Buch erinnert mich an den vierten Potter-Band, in dem in einem magischen Ritual Lord Voldemort aus zusammengesuchten Bestandteilen einen neuen Körper erhält. So entsteht mit Ciaccios Büchlein auch etwas Neues: Ein neues, ein anderes Evangelium. Wer sich mit der wirklich Guten Nachricht beschäftigen will, wird mehr davon haben, wenn er sich auf die Bücher konzentriert, die diesen Namen zu Recht tragen.

 Jörg Zander

Jörg Zander

  |  IT-Systemspezialist

Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Netzwerk, Firewalls und virtuelles SAN, Der gelernte Radio- und Fernsehtechniker hat auch Theologe studiert. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

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Kommentare (5)

Markus Oliva /

2. Korinther 11,4: „Denn wenn einer zu euch kommt und einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes mehr

Brigitte /

An ERF-Fan. Nachricht vom 14.06. Ich stimme Dir aus vollem Herzen zu. Es ist nur allzutraurig, dass man immer mehr versucht, das Wort GOTTES mit der Welt gleichzustellen und zu vermischen. Man mehr

Michael /

Falls das ein Versuch sein sollte, Jugendliche für die Bibel zu begeistern, dann schreibt Ciaccio wohl an der Zielgruppe vorbei.
Falls er Christen beruhigen will, die Harry Potter verteufeln, wird er mehr

Gertrud /

Mir fällt dazu nur ein ...und des Büchermachens wird kein Ende sein. Und dieses krampfhafte Büchermachen ist auch ein Spiegel dafür, wie Menschen ihr Ego herauskehren wollen - um jeden Preis! Ich mehr

ERF - Fan /

Warum gibt es Gemeinden, die solche Pastoren dulden? Dass solche Bücher aus den Reihen der Methodisten kommen, macht die Sache um so trauriger. John Wesley hätte einen solchen Prediger nicht mehr

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