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12.12.2007 / / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Andreas Meißner

Das verflixte 7. Jahr

...oder: Wenn es in der Ehe kriselt. - Diese Formulierung vermittelt, dass eine gute Ehe keine Krise haben dürfe. Doch das ist nicht wahr. eine gute Ehe wird durch diese (übrigens unabwendbaren) Krisen hinduchmanövriert, ohne aufzugeben!

Ich glaube nicht, dass es unbedingt das siebte Jahr ist, das eine Ehe ganz besonders gefährdet. Viele Statistiken kommen zu vielen Ergebnissen. Manche heben das Jahr „Vier“ hervor. Einige das Achte, andere halten am „verflixten“ siebten Jahr fest und schließlich meinen einige, dass nach 25 Jahren, also nach der Silberhochzeit der Ofen aus ist. Als ich geheiratet habe, hielt man eine ganz andere „Statistik“ für wahrscheinlich: Die Liebe habe Feuer für ein Jahr, aber Asche für dreißig!

Ich halte es da mit Winston Churchill, der gesagt haben soll: „Ich traue keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe.“ Denn meine Ehe widerspricht all diesen Statistiken. Während ich das schreibe, freue ich mich auf unseren morgigen Hochzeitstag – die „Lindenhochzeit“. 31 als Eheleute zusammen verbrachte Jahre. Wenn ich zurückschaue, dann ist die Zeit sehr schnell verflogen. Das lag auch an den fünf Kindern, die wir aufzogen. Aber auch an den rasanten gesellschaftlichen und persönlichen Veränderungen.

Männer sind anders – Frauen erst recht!

Unsere Probleme fingen eigentlich gleich nach der Hochzeit an. Wir waren sehr jung, hatten uns selten gesehen, aber umso mehr Briefe geschrieben. Das war in dem Zeitalter, als man Beziehungen weder per SMS begann noch beendete. Dann zogen wir, mangels eigenen Wohnraums, in das Haus meiner Schwiegereltern.

Plötzlich lebte ich mit einem anderen Wesen zusammen, das ich nur teilweise kannte und verbrachte nicht nur die Wochenenden oder einen netten Ausflug mit ihr, sondern den Alltag. Gewöhnungsbedürftig! Übrigens bis heute!

Damals flossen bei meiner jungen Frau viele Tränen. Das sollte nicht sein, aber ich fühlte mich hilflos. Bei Nachfrage, was denn los sei, schluchzte sie: „Das musst du doch wissen!“ Das müsste ich doch merken, fühlen, verstehen – diese Worte wechselten sich ab, aber ich verstand nicht.

Woher sollte ich wissen, was in ihr vorging, wenn sie es mir nicht sagte? Sie muss so was doch sagen! Mitteilen! Rüberbringen!

Ich nahm ihre Ängste, Unsicherheiten und auch körperlichen Schwachheiten nicht richtig ernst. Ich war ein junger Kerl, der noch nicht gelernt hatte, Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen. Das änderte sich allmählich mit der Geburt unseres ersten Kindes, einer Tochter. Bis wir einander verstanden, verging noch einige Zeit. Aber wir merkten: Der Austausch darüber half uns weiter.

Belastungen

Mit zunehmender Kinderzahl, immer enger werdender Wohnsituation und dem Stress mit der älteren Generation im Haus wurden unsere Nerven dünner. Die Eltern konnten wir nicht ändern, die Kinder waren da – so hielt der Partner als Ventil. Im Nachhinein tut uns das unendlich leid - aber so war es.

So wurde oft aus dem Gegenüber aus Hilflosigkeit ein Gegner. Erst mit den Jahren lernten wir, die äußeren Belastungen von der Wertschätzung des Ehepartners zu unterscheiden und nicht beides in denselben Topf zu werfen. Heute können wir einander sagen: „Liebes, dies gefällt mir nicht – aber ich habe dich trotzdem lieb!“

Gewitter

Streiten ist nicht schlimm, aber seinen Partner zu verletzen muss tabu sein und bleiben!
Mein Vater pflegte den Spruch: „Ein Gewitter reinigt die Luft“. Und da ist was dran! Je nach Temperament kann so ein „Naturereignis“ wirklich befreiend und klärend sein. Hin und wieder gab es in den Jahren solche Situationen.

Wenn sich Emotionen wie unausgesprochener Ärger anstauen, kommt der Punkt, an dem man förmlich platzt. Der Partner wird damit völlig überrascht, reagiert entsprechend und schon geht das schönste Gewitter nieder.

Ich finde das nicht allzu schlimm. Voraussetzung ist allerdings, seinen Partner nicht zu beleidigen oder zu verletzen. Als vertrauter Partner kann man Wunden reißen, die lange nicht wieder zuheilen. Und „handgreiflich“ sollte es nie werden. Paulus rät den Lesern seines Epheserbriefs: „Versündigt euch nicht, wenn ihr in Zorn geratet! Versöhnt euch wieder und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.” (Epheser 4,26)

Krisen

Anhaltende finanzielle Probleme, nicht heilbare Krankheiten und keine Lösung zu sehen, eine handfeste Midlife-Crisis, der Wiedereinstieg in den Beruf und wie der Partner damit fertig wird und sogar die Anziehungskraft eines anderen Menschen, der in die Ehe eindringt – all das können Auslöser für Krisen sein.

Wenn das passiert – und solche Dinge passieren trotz allem guten Willen – hilft oft nur Beistand von Außen. Gespräche mit guten Freunden, Hilfe von Seelsorgern können den Ursachen ihrer Konflikte auf die Spur kommen. Und davor sollte sich niemand scheuen. Jeder Mensch braucht irgendwann Hilfe – auch in der Ehe. Solche Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist nur natürlich, denn keiner kann sich das Wort selbst sagen, was einem selbst hilft.

Die größte Hilfsquelle

Zueinanderstehen und auf Gott vertrauen. Das hat unsere Ehe durch alle Höhen und Tiefen gebracht. So blieb es nicht beim heißen Strohfeuer und einer Menge Asche, sondern so blieb uns eine Glut, die auch nach 31 Jahren noch wärmt.
Wir waren sehr jung, als wir heirateten und waren uns überhaupt nicht der Größe der Aufgabe bewusst, was es heißt, eine erfolgreiche Ehe zu führen. Uns irritierte nur diese vermeintliche Weisheit: „Feuer für ein Jahr, Asche für dreißig!“ Aber wir wollten nicht nur ein wenig Wärme für ein Jahr erleben und wir wussten: Allein schaffen wir das nicht.

Darum begannen wir schon nach unserer Eheschließung, Gott um Weisheit, Geduld, gute Ideen füreinander, Nachsicht und um seinen Segen für unsere Partnerschaft zu bitten. Das Vertrauen auf ihn, der die Ehe erfunden hat, gab uns Sicherheit. Und oft konnten wir im Rückblick sein Handeln in unserem Leben erkennen. Vor allem spürten wir Vergebungsbereitschaft und Veränderung unserer ärgerlichen und trotzigen Herzen.

Nach 31 gemeinsamen Jahren durch Höhen und Tiefen wissen wir, dass unsere Beziehung nicht ständig Feuer und Flamme war. Uns verbindet aber eine tiefe und wärmende Glut, die mehr Wärme als nur für ein Jahr spendet und die weniger Asche hinterlässt, als ein loderndes Strohfeuer.

Dafür sind wir von Herzen dankbar.

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