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20.08.2019 / Scheitern und Neubeginn / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Oliver Jeske

„Es ist alles weg, aber es macht mir nichts aus.“

Thomas Middelhoff über seinen Weg vom gescheiterten Top-Manager zum Christen.

 

„Ich bin Freitagnachmittag inhaftiert worden. Und Sonntagmorgen war das größte Geschenk, dass ich in die Kapelle der Justiz-Vollzugs-Anstalt gehen konnte zum Gottesdienst.“

Das sagt Thomas Middelhoff. Zur Erinnerung: Bekannt wurde er in Deutschland als Manager, der den Karstadt/Quelle-Konzern retten sollte. Verurteilt wurde er im Jahr 2014, weil er für eine knappe halbe Million Euro eine Festschrift herausgeben ließ – ohne seine Vorstandskollegen zu fragen. Das Urteil hält Middelhoff bis heute für ungerecht.  „Ich halte es juristisch für sehr fragwürdig. Aber charakterlich habe ich es verdient.“ Er hätte schlicht die Vorstandskollegen wegen der besagten Festschrift um Erlaubnis fragen sollen. „Ich habe nicht gefragt, weil ich arrogant war. Ich wollte die Idioten nicht fragen.“

Ein Bedürfnis nach der Bibel und dem Gebet

Im Gefängnis besinnt sich der Katholik Thomas Middelhoff seiner geistlichen Wurzeln. Er sinkt mit im Kirchenchor. Ein evangelischer Anstalts-Geistlicher zeigt ihm einen Weg aus der Krise auf. „Es war keine Gotteserfahrung in dem Moment, sondern ein ständiger Prozess der Hinwendung zum Glauben, zu Gott, zum Gebet, zum Bedürfnis in der Bibel zu lesen.“

Rein materiell und menschlich steht Thomas Middelhoff vor dem Nichts: Er muss in die Privatinsolvenz. Seine Frau trennt sich nach 45 Ehejahren von ihm. Nicht grundlos. Middelhoff hat es mit der Treue nicht so genau genommen, bekennt er heute. Er habe sich so ziemlich aller Sünden schuldig gemacht, die es gibt, sagt er. Umso größer für ihn die Erkenntnis: Es gibt die Möglichkeit zur Buße „… und daraus ein fast kindliches Vertrauen zu entwickeln. Sie müssen sich das vorstellen: Sie sind gefangen auf zehn Quadratmetern. Die schlechten Nachrichten erreichen Sie ständig. Und dann sich nicht zu verlieren, sondern zu vertrauen: Gott hält dich immer. Das war die zentrale Lebens- und Glaubenserfahrung.“

Die zwei Jahre im Gefängnis haben Spuren hinterlassen: Thomas Middelhoff leidet heute an einer chronischen Krankheit. Von seinen Pensionsansprüchen bleibt nur das nicht pfändbare Existenzminium. Die Zeiten, in denen er mit dem Hubschrauber zu dienstlichen Terminen geflogen wurde und die Familienvilla, in der er mit seiner Frau und den fünf Kindern gelebt hat, sind Vergangenheit. Trotzdem ist der Ex-Manager nicht bitter geworden. „Ich bin dankbar für mein Leben, das ich führen durfte.. Es war in Teilbereichen sehr privilegiert mit Dingen, von denen man nur träumen kann. Ich bin wahnsinnig dankbar bin, dass ich jetzt in einer Lebensphase bin: Es ist alles weg und doch macht es mir nichts aus.“

Freude über einen Sünder, der Buße tut

Es klingt wie eine Schutzbehauptung. Doch wer Thomas Middelhoff persönlich erlebt – wer sein befreites Lächeln sieht, spürt: Hier war jemand zerbrochen. Und hat erlebt, dass Gott ihm eine neue Chance gibt. Über seine Erlebnisse hat Thomas Middelhoff ein aktuelles Buch geschrieben. Er schließt es mit einem Zitat aus dem Lukas-Evangelium:

„Ich sage euch: Es wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“

Middelhoff schreibt weiter: Ich habe für meine Fehler gebüßt. Nicht um die Absolution der Öffentlichkeit zu erreichen, sondern vor Gott. … Hatte ich früher zu meiner Positionierung unter Wertegesichtspunkten geantwortet, ich sei ein Humanist, lautet meine Antwort heute: „Ich bin Christ.“

 Oliver Jeske

Oliver Jeske

  |  Redakteur

Sprachlich Hannoveraner, seit einem Vierteljahrhundert in Berlin zu Hause, liebt er Jesus, Tanzen mit seiner Frau, Nordsee-Spaziergänge mit seinen Söhnen und leckeren Fisch. Von Gott ist er fasziniert, weil der ihn immer wieder überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert.

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