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© ERF, Oliver Jeske

13.02.2019 / Gesellschaftliche Verantwortung / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Oliver Jeske

Vom Helfer für Obdachlose zum Lobbyisten für Einsame

Dieter Puhl von der Berliner Stadtmission kämpft für Lösungen von sozialen Problemen.

 

 

Der Mann ist ein echtes Phänomen. Ein Berliner Original, auch wenn er ursprünglich aus der Gegend von Kiel kommt. Dieter Puhl hat zehn Jahre lang die Bahnhofsmission am Berliner Zoologischen Garten geleitet. Ein Anlaufpunkt für  Obdachlose. Puhl kennt die Nöte der Menschen, die auf der Straße leben: „Wenn man nicht so viel Ahnung von Obdachlosigkeit hat, kann man sich nicht vorstellen, wie schwierig das ist, morgens im Tiergarten wach zu werden: Du hast keine Toilette. Du hast keinen Einwegrasierer. Du hast keine Tampons. Du hast keinen Slip, um die Unterhose zu wechseln.“

Den Obdachlosen nah

Dieter Puhl hat das beinahe Undenkbare möglich gemacht. Er hat Menschen mit diesem Leid konfrontiert, die sonst in ganz anderen Lebenswelten unterwegs sind. Die Bundespräsidenten Joachim Gauck und Frank-Walther Steinmeier waren in der Bahnhofsmission am Zoo. Sie haben Brötchen geschmiert, den Geschirrspüler bedient und den Menschen von der Straße einfach zugehört. Auch Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube war da und hat der Bahnhofsmission zusätzliche Räume spendiert: ein Hygienecenter mit 7 Duschen und Waschmaschinen. Dreimal die Woche bieten Friseure außerdem ehrenamtlich ihre Dienste an. Und es gibt kostenlose Fußpflege. Ein wichtiger Dienst, findet Puhl: „Kaum woanders sind wir dem Menschen so nah. Wenn du jemandem hilfst zu duschen, dann bekommst du vielleicht mit, dass er gerade dabei ist zu verfaulen. Wenn du mitkriegst, wie sehr seine Füße riechen, weil sie sich voller Eiter auflösen, dann erahnst du, wie psychisch erkrankt der Mensch ist. Wenn du die Menschen dann geduscht hast, vielleicht ihren Fuß verbunden hast, kannst du sie wieder zurück in den Tiergarten schicken – oder du kannst im vorderen Bereich der Bahnhofsmission ein neues Zentrum bauen, um langfristig daran zu arbeiten, dass dieser Mensch adäquat unterkommt.“

Ein „Senator“ gegen Einsamkeit

Hierfür hat der amtierende Bahnchef Richard Lutz weitere 500 Quadratmeter an Räumen an die Bahnhofsmission übergeben. Darum kümmert sich jetzt Dieter Puhls Nachfolger. Puhl selbst leitet seit Januar 2019 die Stabstelle christliche und gesellschaftliche Verantwortung der Berliner Stadtmission. Er beschreibt sein neues Amt als einen ehrenamtlichen Senator im Kampf gegen Einsamkeit. „In Irland und England haben wir diese Einsamkeits-Senatoren. 70 Prozent Single-Haushalte … Was macht das mit unserem Leben? Wir haben dann niemanden mehr, der uns im Krankenhaus besucht, wenn es uns persönlich schlecht geht.“

Puhl bringt Sachen auf den Punkt. Stellt unbequeme Fragen: Auch an die, die es mit dem Glauben an Jesus Christus ernst meinen. „Wie verändern sich Gesellschaft und Kirche?  70 Prozent-Single Haushalte und wir laden ein zu Familien-Gottesdiensten! Wie wollen wir leben? Für was macht das Sinn? Möchte ich, wenn ich 80 bin, die letzten fünf Jahre auf einer Siechenstation in einem Pflegeheim leben? Weil ich das nicht will, setze ich mich lieber mit 60 dafür ein, dass es mir auch mit 80 nicht so gehen wird.“

Ein „guter Stadtmissionar“

Dieter Puhl ist jetzt selbst knapp über 60. In seinem Leben hat er nicht nur viel fremdes Leid erfahren. Auch in seiner eigenen Vita ging es auf und nieder – im Privaten wie im Glaubensleben des Christen. Auch wenn der Träger des Bundesverdienstkreuzes glaubhaft versichert, dass er auf Ehrungen und Lob wenig wert legt. Über eine Begegnung mit seinem Chef von der Berliner Stadtmission spricht er doch gerne. Der habe einmal zu ihm gesagt, er sei ein guter Stadtmissionar. „Das ist ja gar nicht mein Job. Aber ganz ehrlich: Das hat mich total gefreut.“

 Oliver Jeske

Oliver Jeske

  |  Redakteur

Sprachlich Hannoveraner, seit einem Vierteljahrhundert in Berlin zu Hause, liebt er Jesus, Tanzen mit seiner Frau, Nordsee-Spaziergänge mit seinen Söhnen und leckeren Fisch. Von Gott ist er fasziniert, weil der ihn immer wieder überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert.

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