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© TWR Kenia

11.09.2012 / ERF International / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: TWR Kenia

"Mit jedem Tag ging es mir besser"

"Double D" ist der Spitzname für Dominic Diba. Mitarbeiter von TWR Kenia erzählen die Lebensgeschichte des jungen Afrikaners.

Während das Radio in Deutschland für viele hauptsächlich ein Begleitmedium ist, spielt es in Teilen Afrikas nach wie vor eine zentrale Rolle: In Kenia ist Hörfunk zum Beispiel immer noch das meist genutzte Medium und Hauptquelle für Information und Unterhaltung. Aus diesem Grund hat unser internationaler Partner TWR Kenia im Land das Radionetz SIFA FM mit sechs Stationen aufgebaut. Ausgestrahlt werden u.a. Programme, die über HIV/Aids aufklären oder Mädchen auf ihre Rechte hinweisen und natürlich Sendungen mit biblischen Inhalten. Letztere helfen auch Dominic Diba, der seine beruflichen Träume aufgrund eines Unfalls begraben muss, seine Hoffnung nicht zu verlieren.

10 Kilometer sind es von Marsabit bis in das Dorf Goro Rukessa. Es ist eine windige, staubige und verlassene Strecke. Aber Radiowellen kennen keinen Staub und keine Einsamkeit. Sie brauchen keine Gesellschaft, auch kein Motorrad oder eine Wasserflasche. Etwas Strom genügt und sie überwinden große Entfernungen und durchdringen Mauern und Zäune. Umso besser, wenn sie dabei noch gute Nachrichten bringen. Dann überwinden sie auch solche Mauern, die Zwiespalt unter Brüdern schaffen und der Grund für Tränen bei vielen Menschen sind. Sie reißen Mauern ein, die den Menschen die lebensnotwendige Hoffnung nimmt. Sie machen den Stolzen demütig und bauen den Leidenden wieder auf.

Und das ist auch der Grund, warum wir die lange Reise nach Goro Rukessa auf uns nehmen: Um den Radiowellen des Senders SIFA FM über die Hügel, Zäune und Mauern hinweg zu folgen - bis in das Herz von Dominic Diba hinein. Wenn man Diba zum ersten Mal begegnet, wird man auf sein Lächeln aufmerksam. Der Charme, mit dem er dich begrüßt, lässt nicht ahnen, was er durchlitten hat. Er hat ein wenig Mühe sich fortzubewegen, und kommt noch mehr ins Straucheln, als er uns allen möglichst bequeme Plätze vorrichten will.

Er erzählt uns seine Geschichte. Er ist der Erstgeborene einer achtköpfigen Familie. Seine Geburt im Jahr 1988 ließ seinen mittlerweile alt gewordenen Vater hoffen. Umso mehr, weil er ein Junge war. Nun hatte die Familie jemanden, der auf die Ziegen aufpassen und damit auch das Erbe übernehmen würde. Ihn in die Schule zu schicken, war weniger wichtig. Doch eine Krankenpflegeschule in der Nachbarschaft ließ die Eltern ihren Standpunkt nochmals überdenken. So ging er die erste Hälfte des Tages in die Schule und in der zweiten hütete er das Vieh. Je mehr Fortschritte er in der Schule machte, desto deutlicher wurde seinen Eltern das Potenzial ihres Sohnes.

Ein Sturz beendet die Träume des begabten jungen Mannes

Letzten Endes schloss er trotz aller häuslichen Aufgaben die High School im Jahr 2006 erfolgreich ab. Die geforderten Leistungen für ein staatliches Stipendium zur Hochschulausbildung erbrachte er allerdings nicht und so ging sein Wunsch, Arzt zu werden, nicht in Erfüllung. Aber Diba gab nicht auf und begann, ohne Lehrerausbildung an einer örtlichen Schule zu unterrichten.

So machte er sich auch am Morgen des  17. Juli 2010 auf den Weg zur Arbeit. Vier Jahre unterrichtete er nun schon als Lehrer. Für den Weg zur Arbeit in die Stadt war er auf eine Erhöhung im Laderaum eines offenen Kleinlasters geklettert, dem hier gängigen Transportmittel. Wohlbehalten kam er in der Stadt an. Aber als er gerade dabei war herunterzusteigen, fuhr der Kleinlaster abrupt an und Diba fiel herunter. An das, was dann geschah, kann er sich nicht erinnern, denn er wurde sofort bewusstlos.

Was uns Diba aber sagen kann, ist, dass er durch die Hölle und zurück gegangen ist. Sein linkes Bein war zweifach gebrochen, dazu die linke Schulter ausgekugelt. Nachdem er in einem Krankenhaus der Region erstversorgt worden war, fanden die Angehörigen seines Dorfes eine Gelegenheit, ihn wieder zurück nach Hause zu holen. Seine Eltern hatten nicht das nötige Geld um einen längeren Klinikaufenthalt zu bezahlen. Aber das war nicht der einzige Grund: Diba sagt, dass sie nie sehr an die Wirkung von Krankenhausaufenthalten geglaubt hätten.

Ähnlich wie für Diba ist das Radio für viele Menschen ein wichtiger Begleiter in ihrem Glauben. Wenn Sie ERF International und seine Partner bei dieser Aufgabe unterstützen möchten, finden Sie hier weitere Informationen.
 
Aktuelles aus der Arbeit erfahren Sie auch in der Sendung ERF International auf unserem Fernsehkanal ERF 1. (Bild: TWR Kenia)

Das Radio als Freund in der Einsamkeit

Was dann kam, war ein Jahr lang Bettruhe, umgeben von zwei alten Medizinmännern, die versuchten, seine Knochen wieder zu richten. Diba erklärt: „Es war ein Jahr der Schmerzen, der Verlassenheit und der Trübsal. Es gab niemanden zum Reden und nichts zu tun für mich – außer herumzusitzen und zu warten, dass es meinem Bein besser geht.“ In dieser Zeit entdeckte er SIFA FM neu für sich. Zwei Jahre zuvor hatte er unseren Sender bereits ein paar Monate lang gehört, doch ließ er es bald wieder sein, weil er zu beschäftigt war. Doch nach dem Unfall und während der Zeit der Bettlägerigkeit entdeckte er etwas, was er nicht gemerkt hatte, als es ihm gut ging: In dem Radio hatte er einen Freund gefunden, einen Begleiter.

„Je mehr ich Radio hörte, desto mehr erwachte die Hoffnung in mir, wieder gesund zu werden. Mit jedem Tag ging es mir besser“, erklärt er und schaut uns dabei entschlossen in die Augen - aber mit seinem typischen Lächeln. „Es brachte mich dazu, über sehr vieles nachzudenken. Deshalb fing ich an, in der Sendung anzurufen um andere Leute zu ermutigen, die ähnliche oder noch schwerere Situationen erlebten“, sagt Diba. Dann erzählt er, dass sein Bein zu heilen schien; sogar soweit, dass er an die Schule zurückkehren konnte. Nach ein paar Wochen kam der Schmerz aber zurück. Und als er auch nicht mehr weichen wollte, musste er wieder daheim bleiben. Zurück in sein Bett, dort, wo sein Radio stand.

In der Zwischenzeit war seine Geschichte bis zu uns in die Radioredaktion durchgedrungen und sie wurde im Laufe der Zeit zum festen Bestandteil unseres Programms. Nicht ein Sendetag verging, an dem der junge Mann uns nicht anrief oder uns seine Mitteilungen per Handy schickte. Außerdem verpasste er kein Radiogespräch, ohne an der Diskussion beteiligt zu sein. Bald bekam er den Spitznamen “Double D“, benannt nach dem Moderatoren der Sendung “Double A“.

„Ich hätte schon längst resigniert.“

Als wir eine Woche lang nichts von ihm hörten, konnten wir davon ausgehen, dass etwas vorgefallen sein muss. So besuchten wir ihn und erfuhren, dass er sich gerade einem zweiten Eingriff auf dem Weg zur Genesung unterzog. Er war einer katholischen Krankenschwester begegnet, die ihm im 300 Kilometer entfernten Wambaa die nötigen Kontakte verschaffte, damit dort eine Fixierung an seinen Fuß angebracht wurde.

 „Ich möchte einfach nur eine Ermutigung für andere sein. Ich möchte denen, die neu im Glauben stehen und ähnlich Hartes durchmachen, einfach sagen, dass sie nicht allein sind“, antwortet Diba auf die Frage, ob SIFA FM in ihm etwas bewegt habe. Sein Lächeln ist immer noch ruhig und herzlich. Es scheint wirklich aus seiner Seele zu kommen, als er uns versichert, einen Zugang zu so gut strukturierten Bibellektionen zu haben, sei für ihn ein großes Vorrecht. „Ich danke Gott für diesen Sender. Ich glaube, wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre mein Leben anders verlaufen und ich hätte schon längst resigniert“, ist sein Fazit.

Unser Besuch geht seinem Ende entgegen. Dass der Wind an unserer Kleidung reißt, der Staub dadurch stark aufgewirbelt wird und die Sonne brennend heiß scheint, stört uns jetzt nicht mehr. Was uns stattdessen umso mehr erfüllt, ist die einzigartige Geschichte dieses immer strahlenden Dominic Diba, der trotz und gerade wegen aller Umstände seine Hoffnung behält. Eine Hoffnung in ihm, die aufkeimte, als die Radiowellen von SIFA FM die Mauern durchbrachen und sein Herz berührten.


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Kommentare (2)

Martina /

Die junge Europäerin Martina findet die Geschichte gut.

Traude D /

Danke für den ermutigenden Bericht aus Afrika. Ja, es ist so wichtig, dass die Botschaft ausgestrahlt wird. DANKE!

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