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14.05.2012 / Expo in Südkorea / Lesezeit: ~ 7 min

Autor/-in: Anika Lepski

Südkorea: Samsung, Hyundai und Kirchen

Die Expo 2012 findet in Südkorea statt. Zeit, das Land und seine Christen vorzustellen.

Ähnlich, aber doch fremd, das könnte die Devise sein, vergleicht man Südkorea mit Deutschland. Das Land ist eine Industrienation mit einer bewegten Vergangenheit, es ist in zwei Teile gespalten – wie einst auch Deutschland – und es liegt in einer ähnlichen Klimazone.

Doch im Frühling wird gelber Sand aus der Wüste Gobi herangeweht und im Sommer bringt der Monsun eine Regenzeit mit sich. Südkorea ist an drei Seiten von Wasser umgeben, eine Landesgrenze besitzt es nur zu Nordkorea. Außerdem sind etwa 70% des Landes gebirgig (in Deutschland etwa 15%) und etwa zwei Drittel des Landes bewaldet (in Deutschland etwa nur ein Drittel).1

Und obwohl Südkorea als Staat noch nicht einmal einhundert Jahre besteht und nach dem Zweiten Weltkrieg noch zu den Entwicklungsländern gehört hat, zählt es jetzt zu den großen Industriestaaten der Welt. Samsung und Hyundai – das sind für uns inzwischen vertraute koreanische Namen.

Ähnlich, aber für uns Europäer ungewohnt ist auch der christliche Glaube in diesem asiatischen Land.

Christentum in Südkorea

„Wer zum ersten Mal nach Seoul kommt, ist verwundert, mehr Kirchtürme und Radiostationen mit einem Kreuz darauf zu sehen als in Frankfurt zum Beispiel oder New York.2

Das Christentum in Korea kann längst nicht auf eine so lange Geschichte zurückblicken wie in Europa. Trotzdem gehören etwa 30% der Südkoreaner einer christlichen Kirche an. Südkorea ist neben den Philippinen das einzige ostasiatische Land, in dem das protestantische Christentum eine größere Rolle spielt.3 Nimmt man die Vergleichszahlen seiner Nachbarländer Japan (etwa 1,3%) und China (zwischen 5-10%), dann ist das viel. Zwar zählen sich in Deutschland etwa 60% der Bevölkerung zu den Christen, aber das Christentum gibt es hier schon sehr viel länger.4

Der christliche Glaube bewegt sich in Südkorea zudem in einem ungewöhnlichen Umfeld: Das Land wurde stark vom Buddhismus, Konfuzianismus und Schamanismus geprägt, zugleich sind heute etwa 40% der Gesamtbevölkerung Atheisten. Auch gibt es in Südkorea nicht, wie wir es gewohnt sind, eine große evangelische Kirche. Stattdessen haben sich über die Jahrzehnte an die 200 kleine und kleinste, meist presbyterianische Kirchen herausgebildet.5

Koreaner als Missionare

Nach den USA senden die Südkoreaner die meisten Missionare aus. Über 13.000 Christen sind von Südkorea aufgebrochen, um das Evangelium in die Welt zu tragen. Bis 2020 wollen sie sogar 100.000 Missionare entsendet haben.6

Viele der Missionare haben sich vor allem auf die Mission unter Muslimen konzentriert. Im Gegensatz zu den Westeuropäern müssen sie dabei nicht auf Spannungen achtgeben, die durch eine konfliktreiche Vergangenheit hervorgerufen werden. Daher begegnen die Muslime ihnen viel aufgeschlossener.7

Aber wie kommt es, dass es in Südkorea so viele Christen gibt, die sich zudem auch so stark für die Mission engagieren?

Der Anfang der christlichen Mission und die japanische Fremdherrschaft

Bereits 1784 kamen Katholiken nach Korea, protestantische Missionare dagegen erst etwa einhundert Jahre später. Über die Einführung des Christentums schreibt eine Koreanerin: „Das einfache Volk hing dem Schamanismus an und hatte große Angst vor Geistern. So war das Christentum eine große Befreiung für das einfache Volk, weil der Name Jesu stärker als alle anderen Geister war und Schutz bot.“8

Doch nicht nur das einfache Volk interessierte sich für das Christentum, sondern auch die intellektuelle Schicht Koreas. Denn als Korea ab 1905 von den Japanern besetzt wurde, zog sie aus dem Christentum ihre Kraft zum Widerstand.9 Die Koreaner sahen in den Jahren der Unterdrückung und Zwangsanpassung an die japanische Kultur das Christentum nicht als „West-Import“ an, sondern als ein Mittel zur Erneuerung der Gesellschaft.10 Ohne Zweifel wird die Verbindung des Christentums mit den Widerstandsbewegungen ein Grund dafür sein, warum es heute in Südkorea so viele Christen gibt. Zugleich hatten die Koreaner nicht das Gefühl, mit dem neuen Glauben eine fremde, westliche Kultur übergestülpt zu bekommen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei einem Aufstand gegen die japanische Fremdherrschaft im Jahr 1919 viele der Anführer Christen waren.11

Militärdiktatur und Minjung-Theologie

 

Korea wurde mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der japanischen  Herrschaft befreit, aber dafür in das kommunistische Nord- und das kapitalistische Südkorea geteilt. Diese Spaltung war viel umfassender als diejenige in Deutschland. Die auseinandergerissenen Familien standen in keinem Kontakt mehr – und das hat sich bis heute nicht wesentlich geändert. Zudem herrschte von 1950 bis 1953 Krieg zwischen dem kommunistischen Norden und dem kapitalistischen Süden und brachte erneut großes Leid über das Land.

Ab den 60er Jahren ging es wirtschaftlich mit Südkorea aufwärts, allerdings auf Kosten der Demokratie. Denn von 1961 bis 1987 beherrschten Militärregierungen das Land. Doch gerade in dieser Zeit wuchsen die protestantischen Kirchen in erstaunlicher Weise: Innerhalb von zwanzig Jahren stieg die Zahl der Christen von ca. 70.000 auf etwa 7 Millionen an. Christen engagierten sich erneut in der Opposition und setzten sich für Menschenrechte, Demokratie und die Wiedervereinigung ein.12

Bedeutend wurde in dieser Zeit für die koreanischen Christen die Minjung-Theologie, die aus den prägenden Erfahrungen der andauernden Unterdrückung entstand. Mit Minjung (übersetzt etwa: „leidende Unterseite“) wird die Unterschicht der koreanischen Gesellschaft bezeichnet, wie arme Bauern, Landlose und Arbeitslose, aber auch Arbeiter. Diese erste politische Theologie Südkoreas nimmt den Gedanken des Leids auf, das unerträglich wird und gegen das man aufsteht. Dass Jesus sich besonders an die Armen und Unterdrückten gewandt hat, verbanden die Südkoreaner mit den einheimischen Widerstandstraditionen.13

Demokratie, Aufschwung und Krise

Erst mit der Einführung der Demokratie 1987 änderte sich die politische und wirtschaftliche Lage und Südkorea wurde zum High-Tech-Staat. Ein Koreaner drückt es so aus: das „Minjung fährt heute Auto“.14

Der Aufschwung währte jedoch nicht lang. Als die asiatische Finanzkrise Südkorea 1997 erreichte, wandelte sich die Stimmung im Land. Die Kirchen waren immer eng mit dem Wohlergehen des Volkes verbunden gewesen. In den Zeiten der Unterdrückung standen sie auf der Seite des Volkes und setzten sich für Freiheit ein. Als es mit dem Land wirtschaftlich aufwärts ging, waren auch die Kirchen finanziell gut gestellt.

Doch nun erreichte die Krise auch die Kirchen, die zudem intern mit Problemen zu kämpfen hatten. Kritik am Wohlstand der Kirchen, der Zersplitterung in Kleinstkirchen und der fehlenden gegenseitigen Anerkennung kam auf und führte erstmals zu rückläufigen Zahlen.15

Diese Probleme führten dazu, dass die Kirchen ihre traditionellen Konzepte neu überdachten. Inzwischen kooperieren die Gemeinden über ihre eigenen Grenzen hinaus und leisten national und international diakonische Hilfe.

Wie allen Südkoreaner ist den Christen die Wiedervereinigung mit Nordkorea ein großes Anliegen. Seit 1997 wird in Südkorea eine Annäherungspolitik an Nordkorea betrieben, die zum Teil auch erfolgreich war.

Doch die internationalen Beziehungen zwischen den USA und Nordkorea haben sich wieder verschärft und trübt das Verhältnis zwischen den beiden Ländern erneut.

Die Weltausstellung hat zum ersten Mal im Kristallpalast in London im Jahr 1851 stattgefunden. Die Weltausstellungen sind technische und kunsthandwerkliche Leistungsschauen. Die letzte Expo in Deutschland war 2000 in Hannover unter dem Thema „Mensch – Natur – Technik“. 2010 war sie in Shanghai (China) und 2015 wird sie in Mailand, Italien, unter dem Thema „Den Planeten ernähren, Energie für das Leben“ stattfinden.

Die Lage bleibt auch nach dem Tod von Kim Il Sung angespannt – eine Hoffnung auf Besserung ist derzeit nicht in Sicht. Erst kürzlich hat der Norden dem Süden mit dem Angriff gedroht.

Expo 2012 - "Lebendiger Ozean, lebendige Küste"

Nach der Fußballweltmeisterschaft 2002 wird nun die Expo 2012 in Südkorea ausgerichtet – eine neue Möglichkeit, die Welt auf dieses faszinierende Land aufmerksam zu machen.

Auf der International Exposition Yeosu Korea 2012, so der offizielle Name, werden maritime Themen dargestellt –auf einem Gelände, das auf dem Meer errichtet wurde. Zentrale Themen der Expo sind die nachhaltige Entwicklung der Meere und Küsten und innovative maritime Industrien und Technologien. Der deutsche Pavillon trägt den passenden Namen „Seavolution“ und stellt die deutschen Küsten und das Ökosystem Ozean vor.16

Die diesjährige Weltausstellung begann am 12. Mai und dauert drei Monate.

Südkorea ist ein faszinierendes Land und nirgendwo anders trifft die ostasiatische Tradition so stark auf das Christentum. Gleichzeitig ist es ein Land, in dem viel Leid durch Fremdbestimmung und Unterdrückung geherrscht hat. Auch jetzt noch ist es von seinem anderen Teil – Nordkorea – auf erschreckende Weise abgetrennt. Doch Südkorea steht auch dafür, was Christen erreichen können: Die Christen haben sich aktiv an der Entwicklung ihres Landes beteiligt und haben zusammen mit ihren Mitmenschen viele positive Wandlungen herbeigeführt.

Waren Sie schon einmal in Südkorea? Wie haben Sie das Land erlebt? Oder haben Sie es bisher kaum wahrgenommen? Schreiben Sie uns doch darüber in der Kommentarfunktion.

Tipp: Neben der offiziellen Seite (englisch) ist vor allem die Facebook-Seite (englisch) zu empfehlen, die mit vielen Bildern und Kommentaren aufwartet.

2 Die wahre Familie Jesu - Minjung-Theologie und Widerstand des Volkes in Südkorea. Prof. Dr. Jürgen Moltmann, S. 71.

3 Die Situation der protestantischen Kirchen heute. Prof. Dr. Jeong-Ae Han-Rhinow, 2007, S. 192.

4 http://de.wikipedia.org/wiki/Südkorea#Religionen [Stand: 11.05.2012]

5 Die Situation der protestantischen Kirchen heute. Prof. Dr. Jeong-Ae Han-Rhinow, 2007, S. 200.

6 Ebda., S. 192. sowie http://www.schauen.de/themen---ausland/14/68-hintergrund-koreanische-missionare [Stand: 11.05.2012]

7 http://news.hopeforindonesia.com/2009/sudkorea-14-000-missionare-in-160-nationen [Stand: 11.05.2012]

8 Die Situation der protestantischen Kirchen heute. Prof. Dr. Jeong-Ae Han-Rhinow, 2007, S. 197.

9 Ebda., S. 198.

10 Die wahre Familie Jesu - Minjung-Theologie und Widerstand des Volkes in Südkorea. Prof. Dr. Jürgen Moltmann, S. 71.

11 Die Situation der protestantischen Kirchen heute. Prof. Dr. Jeong-Ae Han-Rhinow, 2007, S. 178.

12 Ebda., 2007, S. 198f.

13 Die wahre Familie Jesu - Minjung-Theologie und Widerstand des Volkes in Südkorea. Prof. Dr. Jürgen Moltmann, S.72.

14 Ebda., S.74.

15 Die Situation der protestantischen Kirchen heute. Prof. Dr. Jeong-Ae Han-Rhinow, 2007, S. 201

16 http://expo2012-deutschland.de/de/deutscher_pavillon/pavillon.php [Stand: 11.05.2012]

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Stellastellina /

Genau so sehe ich es auch mit den Zahlen: 30% Christen in Korea heisst konkret praktizierende ChristInnen und bei 60% im Westen hat es auch viele so genannte "Karteileichen" oder Leute, welche die mehr

Peter /

Ein sehr interessanter Artikel.
Ich wußte garnicht, daß es in Korea so viele Christen gab und gibt.
Und damit schon meine Frage, wie verhält es sich mit den christen in Nordkorea.
Insbesondere, mehr

Rami A. /

Der Ursprung des Christentums in Korea ist typisch deutsch "erklärt". Tatsächlich haben über Jahrzehnte viele Märtyrer gesät, was man heute als Ernte dort sehen kann. Auch hinkt der Vergleich 30% mehr

RÖSCHEN /

DIE CHRISTEN IN KOREA BETEN SCHON LANGE FÜR DIE WIEDERVEREINIGUNG IHRES LANDES. MÖGE UNSER HERR JESUS CHRISTUS IHNEN DAZU GNADE GEBEN

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