Die Leidensgeschichte Jesu bietet Material für einen hochspannenden Krimi: Eine dramatische Festnahme, ein Prozess, der vor Heimtücke nur so strotzt, eine gewalttätige Kreuzigung, ein unerwartet früher Tod und ein Rätsel um das leere Grab. Das ist Stoff für einen mehrbändigen Krimi. Dennoch fasst die Bibel die Ereignisse in nur wenigen Kapiteln zusammen. Das wirklich Notwendige wird natürlich gesagt. Doch der Leser, der mit 2000 Jahren Verspätung auf die Ereignisse schaut, steht vor vielen Rätseln: Was war das für eine Kultur, in der Jesus lebte? Warum wurden die Feinde Herodes und Pilatus durch den Prozess plötzlich Freunde? Warum gibt Jesus seine Mutter kurz vor seinem Tod in die Obhut Johannes des Täufers? Oder: Welche Folgen hatte das Tragen des Kreuzes für Simon von Kyrene?
Ein komplizierter Prozess einfach erklärt
Wer das alles schon weiß, braucht hier nicht weiterlesen. Allen anderen sei die Neuauflage des Buches „Prozess gegen Gott“ wärmstens empfohlen. Das seit 2005 vergriffene Buch wurde aufgrund der großen Nachfrage neu aufgelegt. Der Autor Arthur Richter schildert darin auf wenigen Seiten überraschende Zusammenhänge und Hintergründe rund um die wichtigsten Ereignisse des Christentums. Dabei geht er chronologisch vor. Zurerst ordnet er das Geschehen in das große Bild ein, schildert die Vorgeschichte Israels, die gesellschaftliche Situation und das Leben Jesu bis kurz vor dem Verrat.
Darauf folgt der Schwerpunkt des Buches: der Prozess. Richter schafft es, dem Leser die Abläufe und Zusammenhänge des Prozesses bildlich vor Augen zu stellen, ohne sie mit unnötigen Details auszuschmücken. Das Buch ist schließlich kein Roman, eher eine Dokumentation, bestehend aus erzählenden und kommentierenden Elementen. All das in einer einfachen und lebendigen Sprache, sodass sich das Buch sehr leicht lesen lässt.
Aha- Effekte selbst für langjährige Christen
Beim Lesen wird vor allem eines deutlich: Der Autor hat gut recherchiert. Das Buch ist voll mit Hintergrundinformationen, die selbst einem langjährigen Christen noch viele Aha-Erlebnisse bescheren. Gleichzeitig ist es auch für Menschen verständlich, die wenige Vorkenntnisse haben. Besonders beeindruckt hat mich, dass es Richter gelingt, den rasanten Prozess mit all seinen überschlagenden Ereignissen darzustellen und gleichzeitig deutlich zu machen, wie ruhig und würdevoll Jesus den Prozess über sich ergehen ließ. Der Leser bekommt nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch eine Idee von der Göttlichkeit Jesu.
Ein Buch, das viel verspricht - und es auch hält
Ich hatte große Erwartungen an dieses Buch, denn es verspricht nicht gerade wenig: Der Leser soll sich als Richtender und Gerichteter wiedererkennen und überraschende Zusammenhänge ergründen, so verspricht es der Buchrücken. Und das auf 96 Seiten? Ja! Dieses Buch hält, was es verspricht und motiviert zudem noch, die Bibel aufzuschlagen und dieses zentrale Ereignis einmal neu zu entdecken.
Prozess gegen Gott Arthur Richter SCM R. Brockhaus 96 Seiten 8,95 Euro Im ERF-Shop bestellen. |
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Kommentare (1)
Dieses Buch ist eine Wucht, weil es so viel Hintergrund über Machtpolitik aufschließt! Dank Internet bekam ich noch ein früheres Restexemplar. Großartig, dass es wieder aufgelegt wurde. Es erhellt … mehrden Charakter des Pilatus sehr klar. Das Todesurteil erfolgte m.E. aus Angst um seine Stellung. Ein römischer Antisemit protegierte ihn nach Judäa. Dieser wurde aber später gestürzt. Pilatus' Frau Claudia war eine uneheliche Tochter des Kaisers. Pilatus hatte einige ernsthafte Auseinandersetzungen mit den führenden Juden, in denen er sich nicht immer durchsetzen konnte. Der Umgang des Kaisers mit zu selbstherrlichen Verwaltungsbeamten spielt eine Rolle. Dann auch seine Frau Claudia, die ihn vor der Verurteilung warnte. Wie hat Pilatus doch laviert im Hinblick auf Rom, auf seine Frau, auf seine Stellung in Judäa und was war letztlich Kaiphas' "Trumpf". Die Tafelinschrift über dem Kreuz stellt sich hier als nachvollziehbares Nachtreten des Pilatus dar. - Durch dieses Buch ist mir klar geworden, dass Pilatus charakterlich versagt hat und er zurecht im Glaubensbekenntnis als Verantwortlicher namentlich festgemacht ist.