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02.01.2008 / / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Jörg Berger

Luftschloss – Lebenstraum – Vision

Ein Lebenstraum schlummert in jedem Menschen. Wie eine unsichtbare Kraft formt er Interessen und Wünsche, ja sogar Lebensentscheidungen. Wie Träume reifen und Gestalt annehmen und damit zur Vision werden, wie ein Traum zur Wirklichkeit wird, kannst Du in diesem Artikel entdecken.

Noch immer strahlt sie Kraft und Entschlossenheit aus. Trotzig erträgt sie ihre Schlafstörungen, die Erschöpfung, die Rückenschmerzen. In Ursula lebt ein Traum, dem sie alles zu opfern bereit ist: der Traum, Kinder glücklich zu machen.

Beide Großväter von Ursula erlitten das Trauma einer Kriegsgefangenschaft. So stand das Leben von Ursulas Eltern ganz unter dem Eindruck von Überlebenskampf und Wiederaufbau. Die Eltern haben sich Wohlstand aufgebaut, doch eines fehlte: Eine ausgelassene Fröhlichkeit, Momente, die die Härten des Lebens vergessen ließen, kurz: Glück.

In Ursula wuchs eine Sehnsucht, die sich im Bild von Kindern ausdrückte, die glücklich aufwachsen. Als ihr drittes Kind behindert zur Welt kam, geriet Ursula in ein Dilemma. Es stand nicht mehr in ihrer Macht, die Familie vor den Härten des Lebens zu schützen und glücklich zu machen. Sie erschöpfte sich und brach schließlich zusammen.

Die Macht der Träume

In meiner psychotherapeutischen Arbeit begegnet mir beides: die schier unerschöpfliche Kraft, die Lebensträume freisetzen, und die Gefahr des Scheiterns, wenn sich Lebensträume verselbstständigen und keine Korrektur erfahren.

Ursula teilt ihren Lebenstraum mit mancher Mutter, die Schweres erlebt hat. Daneben gibt es den Traum, sich ein Heim und eine Heimat zu schaffen, einer wichtigen Idee zur Anerkennung zu verhelfen, das schöpferische Potenzial von Menschen freizusetzen, Gerechtigkeit zu schaffen, einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft zu gewinnen oder eine unerschütterliche Gelassenheit zu finden.

Vom Traum zur Vision

Im Leben von Menschen, die ihren Traum verwirklicht haben, entdecke ich drei Schritte.

  1. Im Lauf ihrer Lebensgeschichte formt sich ein starkes inneres Bild.
  2. Der noch vage Lebenstraum wird durch ein Schlüsselerlebnis konkreter. Er wird zur Vision.
  3. Der Lebenstraum erfährt Korrekturen und reift.
„Du bist eine Führernatur. Du schaffst das schon“, sagt der Vater und setzt seinen Jungen gefährlichen Anforderungen aus. Dem Jungen prägt sich ein Bild ein. Ein Lebenstraum wird geboren. Als später ein College-Dozent seinen Studenten das Bild der „christlichen Urgemeinde“ vor Augen malt, gewinnt der Lebenstraum des jungen Mannes plötzlich klare Konturen.

Er sieht sich als Leiter einer solchen Gemeinde, die kompromisslos die Liebesbotschaft von Jesus verwirklicht. Seine Entschlossenheit wird bald mit einer rasant wachsenden Gemeinde belohnt, bringt ihn und seine Mitarbeiter aber an den Rand des Zusammenbruchs. Seine Ehe steht vor dem Scheitern, seine Kinder sind ihm fremd geworden. Nun muss er seinen Lebenstraum reifen lassen und Korrektur annehmen.

Der begabte Leiter lernt mehr von den Menschen als von den Zielen her zu denken. Er gönnt sich selbst und anderen Zeiten der Ruhe. Trotz dieser Umkehr wächst die Willow Creek Gemeinde weiter und er darf erleben, wie sich sein Traum in überwältigender Weise verwirklicht. Der Gemeindeleiter ist Bill Hybels und berichtet über diese Erfahrungen in seinem Buch „Mutig führen“ (2002, Gerth Medien) Aus dem Jungen mit der „Führernatur“ ist der Leiter der weltweit einflussreichsten Kirchengemeinde geworden.

Verwöhnte Kinder träumen nicht

Menschen aus jüngeren Generationen, zu denen ich mich zähle, haben oft ein Misstrauen gegenüber Träumen. Wir haben den Sozialismus, die Ökobewegung, vielleicht noch die Friedensbewegung abtreten sehen. Waren sie nicht Luftschlösser?
Manche gehen in Kirchen, in denen sich die Visionen abnutzen, weil nichts geschieht.
Und offen gesagt: Als Wohlstandskinder sind wir verwöhnt, es gab wenig Gründe für uns, die Komfortzone zu verlassen. Und dennoch schlummert in uns ein Traum, er will entdeckt werden, er wartet auf den Zündfunken, der ihn zur Vision werden lässt.

Jesus sagte einmal: „Ich bin gekommen, um ein Feuer anzuzünden.“ Wird eines seiner Worte zum Zündfunken für Deinen Traum? Ein Gleichnis, eine Weisheit, die Bergpredigt? Eine Vision, so unklar und vorläufig sie anfangs sein mag, schärft den Blick für die Möglichkeiten, die das Leben schenkt – die Gott schenkt. Sie drängt auf ihre Verwirklichung. Sie setzt dein Potenzial frei.