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© James Coleman / unsplash.com

24.03.2021 / Interview / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Katja Völkl

Ostern ohne Gottesdienst?

Kirchen reagieren zurückhaltend auf Bitte, an Ostern keine Präsenzgottesdienste abzuhalten.

 

 

Das öffentliche Leben sollte stillstehen rund um Karfreitag und Ostern. So hatten es die Regierenden von Bund und Ländern nach harter Diskussion beschlossen. Mittwochmittag machte Bundeskanzlerin Angela Merkel dann einen Rückzug. Sie bezeichnete den totalen Lockdown rund um die Feiertage als Fehler. Und hat sich dafür entschuldigt. Doch was bedeutet das für Gottesdienste an den Feiertagen? Fakt – Stand Mittwoch 16 Uhr – ist: Es gibt nur eine Bitte der Regierung, die lautet: Verzichtet auf Präsenzgottesdienste.
 

ERF: Katja, wie sahen denn die Reaktionen der Kirchen aus?

Katja Völkl: Die beiden großen Kirchen haben diesmal eher zurückhaltend reagiert. Georg Bätzing, der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz sagte: „Wir sind überrascht worden. Ostern ist das wichtigste Fest für uns, Gottesdienste sind kein Beiwerk“. Der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, sieht das ebenso: Der Beschluss des Corona-Gipfels habe ihn sehr überrascht. Deshalb will er von der Bundeskanzlerin eine gute Begründung dafür hören.
 

ERF: Warum sind die Kirchen denn jetzt überrascht? Aufgrund der steigenden Inzidenzzahlen war doch damit zu rechnen, dass es verschärfte Maßnahmen geben würde.

Katja Völkl: Ein Grund ist sicherlich, dass es ja Hygiene-Schutzmaßnahmen für die Gottesdienste gibt, die schon seit Monaten umgesetzt werden. Und dass das funktioniert, haben die Weihnachtsgottesdienste gezeigt – so argumentiert Bätzing.

Bedford-Strohm will sich in den Gesprächen mit der Regierung deshalb genau erklären lassen, warum diese Maßnahmen jetzt nicht mehr ausreichen sollen.
 

ERF: Und, was meinst du: Fällt Ostern dieses Jahr aus – oder findet es statt?

Katja Völkl: Ja, Ostern findet auf jeden Fall statt. Wir können immer und überall zu Gott beten und die Auferstehung Jesu feiern, ob wir nun vor Ort in einer Kirche sind, oder vor Radio, Fernsehen oder Tablet sitzen. Aber mal im Ernst: Die EKD will erst nach den Gesprächen in ihren Gremien entscheiden, wie sie damit umgehen.

Die Katholische Kirche will in den Gesprächen mit der Politik deutlich machen, dass sie nicht vorhat, auf Präsenzgottesdienste zu verzichten.
 

ERF: Und was ist gerade mit den Menschen, die an Ostern dann alleine sind?

Katja Völkl: Auch da tut sich von Seiten der Kirchen schon einiges: Der Verein „Andere Zeiten“ bietet zum einen am 31. März, der Mittwoch vor Ostern, einen telefonischen Sprechtag an für Menschen, die sich einsam fühlen. Zum anderen stellt er auf seiner Internetseite eine kostenlose Handreichung für die individuelle Osterfeier zur Verfügung. Mit dem Titel „Du bist gemeint“ nach einem Ostergedicht des Theologen Karl Barth.

Es bleibt abzuwarten, ob und wo es Präsenzgottesdienste gibt, aber es wird dann zumindest etwas anderes angeboten, um trotzdem Ostern feiern zu können.

ERF: Was wünschst du dir denn für das Osterfest von Kirche und Politik?

Katja Völkl: Vor allem von der Politik wünsche ich mir – wie die meisten anderen auch –mehr Klarheit und Konsequenz bei den Regeln: Warum gibt es einen solchen Ostereiertanz bei der Öffnung von Geschäften, Gastronomie und Kirchen? Sie alle haben ja Hygiene-Konzepte. Aber beim Fußball z.B. wird die große Ausnahme gemacht. Auch wenn ich den Sport prinzipiell mag: Warum dürfen da 22 Leute auf dem Rasen hinter einem Ball herlaufen – mit engem Köperkontakt, ein Ostergottesdienst in der Kirche soll aber nicht stattfinden. Das leuchtet mir nicht ein.

Und von den Kirchen wünsche ich mir klare Positionierung, dass sie nicht einfach klein beigeben.


ERF: Vielen Dank für das Gespräch.


Das Gespräch führte Oliver Jeske von der Aktuell-Redaktion

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Redakteurin und Moderatorin

Die gebürtige Münsteranerin ist für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

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Kommentare (1)

Andreas B. /

Weil ich ein freiher Mensch bin. Es gibt kein Leben ohne Risiko. Der Kurs und die Einschätzung der Regierung ist keinesfalls unumstritten. Die Geneinschaft der Gemeinschaft lasse ich mir nicht mehr nehmen. Die Massnahmen sind für mich nicht mehr angemessen und das persönliche Risiko annehmbar.

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