Navigation überspringen
© Brunnen Verlag

20.10.2016 / Interview / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Sigrid Offermann

„Alles Gute zum Alltag“

Praktische Tipps für mehr „Glanz“ im Banalen von Buchautorin Kerstin Wendel.

Ihr Thema ist „Mit Gott im Alltag leben“. Autorin und Referentin Kerstin Wendel aus Wetter an der Ruhr sucht Gott in ganz alltäglichen Begebenheiten und Erlebnissen. Und sie schreibt das auf, was sie findet. Ihr aktuelles Buch heißt „Alles Gute zum Alltag“, in dem sie 15 Geschichten zum Mitfühlen und Nachempfinden aufgeschrieben hat. ERF Online hat mit ihr gesprochen.

ERF: Frau Wendel, Gott und Alltag – das scheint auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenzupassen. Sie allerdings sprechen in Ihrem Buch davon, dass Sie Gott erleben. Geschieht das mehr im Normalen oder mehr im Außergewöhnlichen?

Kerstin Wendel: Da gibt es keine Patentantwort. Das Wichtige ist, dass ich überhaupt merke, dass Gott da ist. Das kann sowohl im ganz Banalen sein als auch in einer heftigen Situation. Ich würde es umgekehrt sagen: Der Moment, in dem ich Gott erlebe, ist für mich außergewöhnlich. Und so kann auch eine ganz normale Alltagssituation für mich auf einmal besonders werden. Das ist vielleicht das Schöne und Spannende am Glauben.

Feste Zeiten mit Gott helfen, ihn im Alltag zu erleben

ERF: Wie funktioniert das: Gott im Alltag zu entdecken?

Kerstin Wendel: Ich bin ein aufmerksamer Mensch und beobachte mein eigenes Leben sehr genau. Manchmal denke ich, das ist eine Gabe von Gott, die er in mich hineingelegt hat.

ERF: Es geht also darum, die Augen nach ihm offen zu halten. Sie machen das zum Beispiel, indem Sie mit Ihrem „kleinen Schwarzen“ aus dem Haus gehen – so schreiben Sie es in Ihrem Buch.

Kerstin Wendel: Mein „kleines Schwarzes“ ist die Bibel und die spielt eine ziemlich große Rolle. Denn die Bibel ist für mich einer der Kanäle, durch die Gott zu mir spricht. Und deshalb lese ich häufig darin, fast täglich. Ich lese sehr gerne draußen, weil ich mich da einfach besser konzentrieren kann. Das heißt, ich laufe mit der Bibel 200 Meter entfernt von unserem Haus einen Weg entlang.

ERF: Müssen Sie sich die Zeit dafür immer wieder neu erkämpfen?

Kerstin Wendel: Nein, da kämpfe ich gar nicht drum. Diese Zeit mit Gott steht für mich genauso fest wie morgens aufzustehen oder die Waschmaschine anzuwerfen. Das ist gesetzt!

Was tun, wenn die Ruhe fehlt?

ERF: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie durch diese Auszeiten zum Beispiel den sehr bekannten Psalm 23 ganz neu entdeckt haben. Wie kam das?

Kerstin Wendel: Ich neige manchmal dazu, mir im Alltag zu viel zuzumuten. Und da ist dieser Psalm für mich eine echte Entlastung geworden. In dem Text heißt es „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Da wird der Psalm alltagsrelevant, denn auch mir mangelt oft etwas. Zum Beispiel Zeit oder Weisheit. Manchmal mangelt es an Ideen oder an der Fähigkeit, „nein“ zu sagen.

Durch diesen Psalm hat Gott mich ermutigt, es anders zu machen: von den vielen Dingen, die ich für den Tag geplant habe, Abstand zu nehmen und mich einfach von Gott versorgen zu lassen. Gerade dann, wenn ich denke „Dieser Tag wird oberstressig!“, erinnere ich mich an den Satz „Mir wird nichts mangeln!“ und sage mir „Du musst nicht alles heute machen. Du kannst was weglassen. Die Welt geht trotzdem nicht unter. Du darfst heute gut leben.“.

ERF: Mal ganz konkret. Wenn Sie einen Tag erleben, in dem es an Zeit, Ruhe oder Gelassenheit mangelt: Was machen Sie dann?

Kerstin Wendel: Es gibt ein paar spontane Schaltstellen, die man bedienen kann. Stoßgebete sind schon mal eine ganz wichtige Sache. Wenn alles zusammenkracht und man keine Zeit für eine größere Pause hat, kann man einfach zu Gott sagen: „Herr, schenke mir das, was ich gerade brauche“. Manchmal ist es auch gut, einfach nach draußen zu gehen. Kurz raus aus der schwierigen Situation. Das ist der erste Schritt, um eine Außensicht zu kriegen.

Und man darf sich nicht unter Druck setzen und erwarten, dass ausnahmslos jeder Alltagstag toll, einfach und gut sein muss. Es gibt Tage, die sind einfach schwer, belastet und mühsam. Ich selbst bin oft krank. Von daher weiß ich, wovon ich spreche.

Wenn ich mit Gott im Gespräch bleibe, werden meine Tage dadurch nicht automatisch super, easy, locker, flockig, leicht. Aber ich lasse mich dann innerlich fallen und sage: „Bitte, Herr, trage mich jetzt hier durch.“

Vier Tipps für mehr Glanz im Alltag

ERF: Was kann man noch tun, um dem Alltag ein wenig mehr Glanz zu verleihen?

Kerstin Wenden 1. Ich sorge dafür, dass ich mehr vom Tag habe als das Pflichtprogramm. So fremdbestimmt sind wir gar nicht, wie wir manchmal stöhnen. Jeder Mensch kann sich normalerweise eine Stunde am Tag freinehmen, um das zu machen, was er oder sie will. Nur eine Stunde! Da kann ich in der Hängematte liegen und dem Wind in den Zweigen lauschen. Oder ich säe Kresse in meinem kleinen Garten. Oder ich setze mich ans Klavier oder lese einen Artikel und esse meine Erdnüsse dazu… Jeder hat irgendwas, was er richtig schön findet. 

2.Man kann die Freude am Kleinen einüben. zum Beispiel, indem ich meine Umgebung bewusst wahrnehme: Was schmecke ich? Was höre ich? Was sehe ich? Allein dadurch hat man schon viel Genuss im ganz Banalen. Das ist schon ein kleiner Funke Glanz im Alltag.

3. Zum Alltagsglanz gehört für mich, dass ich mir bewusst mache, dass viele gute Menschen zu meinem Leben gehören. Das macht mich oft glücklich und ist ein echter Schatz. Da muss gar nicht viel passieren. Sondern das trage ich einfach so in mir.

4. Ich schaue, wo ich mit meinen Ansprüchen meinem eigenen Alltagsglück im Weg stehe. Ich hab zum Beispiel früher viel Wert darauf gelegt, dass alles sehr sauber ist bei uns. Irgendwann habe ich aber gemerkt: Wenn ich so leben will, dann hat das leider einen ganz hohen Preis. Und den bin ich nicht mehr bereit zu zahlen. Also musste ich meine Einstellung ändern, und lernen, auch mal ein bisschen mehr Dreck zu tolerieren.

Zum Geburtstag habe ich einen Button bekommen, auf dem steht: „Egal, ich lass das jetzt so.“ Das ist der Kern: Die eigenen Ansprüche etwas runterschrauben und nicht dauernd überall nachbessern. Das entlastet den Alltag sehr.

ERF: Vielen Dank für das Gespräch!

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (2)

G-L. W /

Vielen Dank für die lebensnahen Tipps! Auch als Christ kann man Lebensberatung brauchen, damit das Leben besser gelingt...

Annette V. /

Diese Tipps klingen ziemlich gut.
Besonders "Mir wird nichts mangeln", denn ich muss, wenn ich angespannt bin, immer an Essen denken. ;-)

Das könnte Sie auch interessieren