Navigation überspringen
© Priscilla du Preez / unsplash.com

26.09.2016 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Die Letzten zuerst

Wie Jesus die Hierarchien dieser Welt komplett auf den Kopf stellt.

Gestern ist es wieder einmal passiert. Ich war als Fußgänger unterwegs und plötzlich signalisierte mir ein Autofahrer, ich solle ihm auf dem Gehweg Platz machen, damit er dort parken könne. Das ist nicht das erste Mal, dass ich etwas Ähnliches erlebt habe, sondern in meiner Straße eher an der Tagesordnung. Oft schon habe ich mich gefragt, wie eine Mutter mit Kinderwagen an den parkenden Autos vorbeikommen soll.

Auch sonst erlebe ich im Straßenverkehr immer wieder, dass Autofahrer Radfahrern oder Fußgängern die Vorfahrt nehmen oder auf andere Weise die Straßenverkehrsordnung missachten. Einfach, weil sie es können und ein dickes Auto haben. Als Fußgänger bleibt einem dann wenig außer es hinzunehmen und darauf aufzupassen, dass man nicht unter die Räder gerät.

Im Leben ist es meist so, dass es ein „Oben“ und ein „Unten“ gibt. So können wir als Bürger zwar wählen, welche Partei in unserer Stadt oder unserem Land regiert. Aber wie sie das tatsächlich tut und ob sie hält, was sie verspricht, das können wir kaum beeinflussen. Genauso ist es auch in Firmen und sogar in einigen Gemeinden. Es gibt überall Hierarchien und das ist auch nicht einmal schlecht, solange die Herrschenden die Belange aller anderen im Blick haben.

Es gibt überall Hierarchien und das ist auch nicht einmal schlecht, solange die Herrschenden die Belange aller anderen im Blick haben.

Verkehrte Hierarchien

Doch bei Jesus gibt es solche Hierarchien nicht. Er hebt nicht nur die Unterschiede zwischen „Oben“ und „Unten“ auf. Er verkehrt sie ins Gegenteil. An mehreren Stellen sagt er zu seinen Jüngern: „So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein“ (Matthäus 20,16). Was meint er damit? Zum Einen heißt es: Bei Jesus ist keiner benachteiligt. Mir als Fußgänger macht das Mut, denn bei Jesus habe ich Vorfahrt, egal ob ich auf einem rostigen Fahrrad oder mit einem fetten Mercedes Benz ankomme. Er schaut nicht auf die Unterschiede, die mich vielleicht gegenüber anderen benachteiligen. Bei ihm muss ich mich nicht hinten anstellen.

Bei Jesus ist keiner benachteiligt. Mir als Fußgänger macht das Mut, denn bei Jesus habe ich Vorfahrt, egal ob ich auf einem rostigen Fahrrad oder mit einem fetten Mercedes Benz ankomme.

Aber dieser Vers ist auch eine Warnung. Im Kontext geht es hier nämlich darum, dass ein Weinbergbesitzer einige Arbeiter scheinbar übervorteilt hat, weil er gleichen Lohn für alle zahlt – unabhängig von der Anzahl der Arbeitsstunden oder der Leistung. Als die anderen Arbeiter sich darüber beschweren, macht der Weinbergbesitzer ihnen deutlich: Ich habe das Recht, gütig zu sein und alle gleich zu bezahlen.

Eine neue Form von Gerechtigkeit

Mal ganz ehrlich: Ich kann die Arbeiter sehr gut verstehen. Was gilt denn die eigene Anstrengung und Zeit noch, wenn sowieso alle am Ende das Gleiche bekommen? Will Jesus damit etwa den Kommunismus ausrufen? Ich denke nicht. Jesus geht es nicht darum, alle gleich zu machen. Er will etwas viel Wichtigeres: Er will, dass Gerechtigkeit herrscht. Nicht Gerechtigkeit in dem Sinn: Jeder bekommt, was er verdient. Jesus will, dass jeder Mensch das erhält, was er zum Leben benötigt.

Jesus geht es nicht darum, alle gleich zu machen. Er will etwas viel Wichtigeres: Er will, dass Gerechtigkeit herrscht.

Wenn ich mit diesem Wissen den Bibelvers noch einmal lese, wird mir bewusst, dass auch ich noch dazulernen muss. Wie leicht denke ich über Hartz4-Empfänger: „Wer arbeiten will, findet auch Arbeit.“ Oder ich ärgere mich, weil ich zwar mit meinem Gehalt anderen noch die Rente finanziere, damit selbst aber nur bedingt rechnen kann. Wäre es da nicht klüger die eigene Position auszubauen anstatt Solidarität zu zeigen. Doch Jesu Ansage ist klipp und klar: Wer vor allem auf seinen eigenen Vorteil achtet, der wird bei ihm leer ausgehen. Das sind harte Worte für die einen, eine ermutigenden Zusage für die anderen. Nun stellt sich nur noch die Frage: Wozu zähle ich mich?
 

 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Sie schätzt an ihrem Job, mit verschiedenen Menschen und Themen in Kontakt zu kommen. Sie ist verheiratet und mag Krimis und englische Serien.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (1)

Susanne S. /

Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihre Andacht "Die Letzten zuerst" hat mich außerordentlich angesprochen, da sie die Dinge beim Namen nennt und Klartext redet. Deshalb ein dickes Lob an die mehr

Das könnte Sie auch interessieren