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11.07.2023 / Zum Schwerpunktthema / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Jan Hendrik Kluitenberg

Ganz anders

Was tun, wenn die Ideen fehlen? Jan Hendrik Kluitenberg hat einmal mehr gelernt, was es braucht, um kreativ zu sein. Auch wenn es ganz anders läuft als geplant.


Die Herausforderung ist groß: Zusammen mit meiner Band arbeiten wir an unserem ersten kompletten Album. Dafür hatte ich mir vorgenommen, schnell viele Lieder zu schreiben, damit das Album möglichst bald fertig wird. Dann wollten wir rasch in die aufwendige Produktionsphase übergehen. Und wie es so ist, wenn man sich selbst unter Druck setzt: Das führt meistens zu Problemen.

Das erste Lied lief noch gut von der Hand. Ich hatte ein paar Ideen, konnte sie gut zusammensetzen und hatte recht schnell ein Gerüst für ein Lied. Ich war zufrieden. Ich konnte den Song den anderen Bandmitgliedern präsentieren, sie fanden ihn gut. Geschafft, erster Punkt abgehakt.
 

Pausetaste

Beim nächsten Lied habe ich schnell gemerkt, dass es schwerer wird. Mir kamen keine guten Ideen, alles hörte sich komisch an. Auch der Text hatte keine Aussage. Mir hat in diesem Moment die Kreativität gefehlt, mein Ziel so zu erreichen, wie ich es mir vorgenommen hatte. Aber ich habe weitergemacht und eine Idee nach der anderen aufgenommen – in der Hoffnung, dass schon irgendetwas Brauchbares dabei sein wird.

Meine Gedanken haben sich nur noch um dieses Album gedreht und bei jeder kleinen Regung in meinem Oberstübchen habe ich gedacht: „Das musst du schnell aufnehmen! Was, wenn das deine nächste gute Idee ist?“

Nach einiger Zeit habe ich gemerkt, dass das kein gesunder Umgang mit diesem Thema und meiner Zeit ist. Es war zu viel, zu schnell, zu gewollt. Dann habe ich getan, was ich schon viel früher hätte tun sollen: Ich habe eine Pause gemacht.

Ich habe die Entscheidung für Gott getroffen. Ich bin zu ihm umgekehrt. Es kamen keine Blitze vom Himmel, aber es fühlte sich gut und richtig an. Ich dachte das war es jetzt mit der Umkehr. Eine einmalige Aktion: Ich kehre um zu Gott, dann lerne ich, was es mit dem Glauben noch alles so auf sich hat. Wie Gott ist und was ich jetzt zu tun und zu lassen habe. Ein grandioser Irrtum.
 

Dem Schöpfer so nah

Kreativität ist für mich die Fähigkeit, etwas Neues zu erschaffen. Etwas, das zuvor so noch nicht existiert hat. Vollkommen egal, ob es Kunst in jeglicher Form, ein Rezept oder der nächste Quantensprung der Informationstechnologie ist. Die Ergebnisse meiner Kreativität und die von anderen umgeben mich täglich, ohne dass ich sie besonders wahrnehme. Schade eigentlich. Denn ich glaube, dass in der Wahrnehmung der eigenen Kreativität eine besondere Gottesbegegnung stecken kann.

So habe ich es dann erlebt. Ich habe mir einige Zeit keine aktiven Gedanken zu neuen Liedern gemacht. Ich habe mich bewusst zurückgezogen, mich auf Lobpreis-Musik konzentriert. Obwohl ich eigentlich Metal schreiben wollte. Mit harten Gitarren und schnellem Schlagzeug, das ist die Musik, die gern höre und spiele.

Die Zeit mit der anderen Musik hatte einen direkten Einfluss auf die Lieder, die mir danach in den Sinn kamen. Sie wurden deutlich melodischer und weniger hart. Das, womit ich mich in der Zwischenzeit beschäftigt habe, war ganz anders als anfangs geplant. Das Ergebnis ebenso.

Dann habe ich mich mit einem Freund zusammengesetzt. Wir haben meine vorherigen Ideen angehört – und alles gelöscht. Mit ein bisschen Abstand und einem klaren Blick war vollkommen offensichtlich, dass das Material nicht gut war. Ich hatte versucht, etwas zu erzwingen. Was nicht funktioniert hat.

Wir haben ein neues Projekt angelegt, von vorne angefangen und uns nicht von irgendwelchen Terminen und Deadlines stressen lassen. Und siehe da: Es hat funktioniert! Etwas Neues ist entstanden – und ich habe Gott dabei erlebt.

So ist alles anders gekommen, als ich zu Anfang gedacht hätte. Im Nachhinein bin ich froh, dass es sich so entwickelt hat. Die Kreativität, die man braucht, um wirklich Gutes zu erschaffen, braucht Zeit, Luft zum Atmen und Geduld. Diese Lektion habe ich mal wieder, aber wahrscheinlich nicht zum letzten Mal gelernt.

 Jan Hendrik Kluitenberg

Jan Hendrik Kluitenberg

  |  Aufnahmeleiter

Jan Hendrik Kluitenberg hat Literatur- und Medienwissenschaften studiert, arbeitet im ERF als Aufnahmeleiter und ist mit seiner Worship-Metal-Band „ode to the author“ leidenschaftlich kreativ.

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