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© Gerth Medien

05.06.2021 / Interview / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Simone Merz

Vergeben – unmöglich?!

Leonie Hoffmann hat nach schwerer Misshandlung Heilung erlebt.

 

 

Es ist Liebe auf den ersten Blick. Leonie Hoffmann steht ihrem Traummann gegenüber. Doch sehr schnell wendet sich das Blatt. Die Beziehung entwickelt sich zum Albtraum. Ihr krankhaft eifersüchtiger Partner kontrolliert, demütigt und schlägt sie. Trotz massiver Misshandlungen hängt Leonies Herz an ihrem Freund. Bis sie eines Tages die Kraft findet, sich von ihm zu trennen. Leonie Hoffmann erzählt von ihrem inneren Heilungsprozess, in dessen Zentrum die Vergebung steht. Hier ein Auszug aus der Radio-Sendung „Glaube – erlebt, gelebt“.

 

Simone Nickel: Leonie Hoffmann, Sie haben eine traumatische Partnerschaft hinter sich. Sie sind von Ihrem Freund gedemütigt und schwer misshandelt worden. Mancher denkt: „Wenn mich mein Partner schlagen würde, das würde ich mir nicht bieten lassen. Da würde ich sofort gehen.“ Sie haben vermutlich auch nicht erwartet, dass Ihnen sowas mal passieren würde.

Leonie Hoffmann: Tatsächlich habe ich mir früher über so etwas nie Gedanken gemacht. Das kam mir absurd vor. Und selbst, wenn es passieren würde, ist es doch die selbstverständliche Reaktion zu gehen. Aber spätestens seitdem ich selbst so etwas erlebt habe, denke ich: „Sag niemals nie!“. So platt wie es klingt. Aber ich glaube, wer es nicht selbst erlebt hat, kann nicht nachvollziehen, was in einer solchen Situation in einem vorgeht und wie schnell man in so etwas hineinrutschen kann.


Simone Nickel: Sie haben in Ihrer Beziehung ein Trauma erlitten, wurden, geschlagen, mit der Pistole bedroht. Aber Sie haben es auch irgendwann geschafft, aus der Beziehung auszubrechen. Ihr Ex-Freund wurde verurteilt. Was blieb, waren die seelischen Wunden. Wie sah Ihr Heilungsprozess aus?

Leonie Hoffmann: Das war auf jeden Fall ein langer Prozess. Ich habe eine Therapie gemacht. Ich war sieben oder acht Wochen stationär in Behandlung, was ich auch wirklich jedem empfehlen würde, der so etwas erlebt hat. Ich musste mich der Frage stellen, warum ich überhaupt in so eine Beziehung geraten konnte.

Natürlich ist man das Opfer, aber trotzdem muss man sich auch ehrlicherweise damit auseinandersetzen, warum man das alles mit sich machen ließ. In der Therapie habe ich mich dann sehr intensiv mit mir selbst und mit meinem Leben auseinandergesetzt. Das ist unbedingt notwendig, sonst besteht die Gefahr, dass man immer wieder in die gleichen Beziehungsmuster gerät.
 

Simone Nickel: Man hört sehr oft, dass Vergebung ein Schlüssel im Heilungsprozess sei. Wie war das bei Ihnen?

Leonie Hoffmann: Die Therapie war der, ich sage mal, weltliche Weg, der mich befreit hat. Aber ich muss auch ganz klar dazu sagen, das hat wirklich Jahre gedauert.

Der wahre Weg in die Freiheit war durch die Kraft der Vergebung. Ich denke, das kann man mit keiner Therapie erreichen, sondern das kann in diesem Maße nur Gott schaffen.

Simone Nickel: Aber sie wurden geschlagen, misshandelt, bedroht. Können Sie tatsächlich Ihrem Ex-Freund vergeben? Wie sind Sie an diesen Punkt gekommen?

Leonie Hoffmann: Ich bin an diesen Punkt gekommen, als ich zutiefst verstanden habe, dass jeder Täter auch ein Opfer seiner eigenen Geschichte ist. Das heißt nicht, dass dadurch Gewalt gerechtfertigt wird. Auf keinen Fall! Aber man kann sich ein Stück weit herleiten, warum ein Mensch so geworden ist, wie er jetzt ist. Das war auch das, was mich immer bei meinem Ex-Freund gehalten hat. Ich habe nicht nur dieses Monster gesehen, sondern auch den zutiefst verletzten Jungen, der sich eigentlich auch nur nach Liebe und innerer Heilung sehnt.

Trotzdem war ich nach meiner Therapie immer noch emotional gebunden. Mein Ex-Freund hatte immer noch Einfluss auf meine Seele, auch wenn ich schon sehr große Schritte Richtung Heilung gegangen bin. Aber dann kam irgendwann der Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass ich ihm vergeben muss. Nur so kann ich diese innere Verbindung endgültig trennen.

Ich war für eine Auszeit im Kloster. Dort hatte ich einen sehr intensiven Moment. Ich habe mit Gott gesprochen und gesagt: „Im Kopf habe ich irgendwie schon vergeben, aber ich bekomme immer noch Aggressionen, wenn es mir gerade sehr schlecht geht und ich mir vorstelle, dass es ihm gerade gut geht.“

Danach habe ich ihn ganz bewusst bildlich in meine Hände gelegt. Ich habe ihn Jesus entgegengestreckt und gesagt: „Vater, hilf mir, diesem Mann zu vergeben, und bitte vergib du ihm auch. Mache ihn frei von dem, was ihn so quält und was ihn zu diesem Menschen hat werden lassen.“

Es ist sehr schwer, in Worte zu fassen, was dann passiert ist. Aber es war wirklich ein überwältigender Moment für mich. Tränen der Befreiung sind mir in Strömen über das Gesicht gelaufen, und ich habe gemerkt: Jetzt ist etwas in der unsichtbaren Welt und in mir selbst passiert! Nun wurde endgültig ein Schalter umgelegt.
 

Simone Nickel: In Ihrem Buch schreiben Sie aber auch, dass es Ihnen sehr schwergefallen ist, sich selbst zu vergeben.

Leonie Hoffmann: Ja, das war tatsächlich der schwierigste Teil auf dem Weg der Vergebung.


Wie dieser Prozess der Vergebung bei Leonie Hoffmann weitergegangen ist, und wie sie es mit Gottes Hilfe geschafft hat, wieder ein neues Leben zu beginnen, das erzählt Leonie Hoffmann in der Radiosendung „Glaube - erlebt, gelebt“.

 

 Simone Merz

Simone Merz

  |  Moderatorin

Simone ist Mama und Moderatorin. Sie ist in einem badischen Dorf aufgewachsen, doch seit ihr ihr hessischer Traumprinz über den Weg gelaufen ist, befindet sich in ihrem Haushalt nicht nur der Spätzlehobel, sondern auch ein Bembel. Als Redakteurin und Moderatorin kann sie genau das machen, was sie schon immer machen wollte: Menschen für den Glauben begeistern.

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