Navigation überspringen
© Charly PN

13.11.2021 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Micaela Kassen

Eine Liebe, die hält

4 Punkte, die für eine langfristige Beziehung wichtig sind.

Wer schon einmal verliebt war, weiß: Verliebtsein kann wie eine Droge wirken. Das liegt daran, dass dopaminreiche Glücks-, Belohnungs- und Motivationszentren des Gehirns aktiviert werden. Doch sind leidenschaftliche Gefühle mit Liebe gleichzusetzen? Die Sozialpsychologie hat erkannt: Ohne eine tiefe langfristige Zuneigung unter Partnern kann man nicht von Liebe sprechen. Was ist also Liebe?

Laut des Psychologen Robert Sternberg besteht die Liebe aus einer Kombination von drei Komponenten: Vertrautheit, Leidenschaft und Verbindlichkeit. Ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis führt der Psychologe John Stacy Adams als wesentliche Komponente der Zufriedenheit in Beziehungen ein.

Was steckt hinter diesen vier, teils eher nüchtern anmutenden Begriffe? Hier 4 Grundsätze für eine langfristig stabile Beziehung.

1. Vertrautheit

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Innofact hat ergeben, dass Paare durchschnittlich 102 Minuten am Tag miteinander reden. Unverheiratete sprechen 114 Minuten miteinander, Ehepartner etwa 93 Minuten. Kein Wunder, schließlich ist das vertraute Zwiegespräch einer der entscheidenden Faktoren, damit meine Beziehung stabil bleibt. Dabei ist es wichtig, dass beide Partner Wärme, Wertschätzung sowie emotionale Unterstützung erfahren.

Weil ich mich, wie in einer guten Freundschaft auch, um das Wohl meines Gegenübers sorge, schaffe ich einen Raum, in dem mein Partner die Möglichkeit hat, über seine Gedanken und Pläne zu sprechen und seine Ansichten und Vorlieben zu teilen.

Sätze wie „Kannst du bitte den Müll raustragen?“ oder „Packst du noch die weiße 60° Wäsche in die Waschmaschine?“ sollten nicht die tiefgründigsten Sätze sein, die ich mit meinem Partner austausche. Sympathie und emotionale Verbundenheit sind wesentliche Bestandteile einer Beziehung.

2. Leidenschaft

Leidenschaft meint das Empfinden körperlicher Anziehung sowie das Motiv, sexuelle Bedürfnisse zu erfüllen. Leidenschaft ist oft der Grund, was mich als Mensch dazu bewegt, überhaupt eine Beziehung einzugehen. Nicht selten passiert es aber auch, dass nach anfänglicher Vertrautheit zusätzlich Leidenschaft entsteht.

Für eine langfristige Liebesbeziehung ist es wichtig zu wissen: Leidenschaft ist nicht konstant vorhanden. Dass ich mich zu meinem Partner hingezogen fühle, seine Berührung und Nähe wertschätze, ist nicht immer gleich stark ausgeprägt. Das ist normal und heißt nicht, dass ich meinen Partner nicht liebe. Allerdings ist die gemeinsame Sexualität auch ein guter Gradmesser, wie es um die Beziehung im Allgemeinen bestellt ist.

Wenn zum Beispiel der Raum für Intimität über eine längere Zeit fehlt, kann man sich fragen: Ist es lediglich eine stressige Phase oder gibt es einen tieferliegenden Grund, warum man als Paar die körperliche Nähe des Anderen nicht aktiver sucht? Stehen möglicherweise Verletzungen oder Enttäuschungen im Raum, die es schwierig machen, Nähe zuzulassen?

3. Verbindlichkeit

Verbindlichkeit ist die kognitive Komponente in einer Beziehung. Sie kann als Entscheidung bzw. Bindung umschrieben werden. Manche Menschen mögen die Zeit miteinander genießen, ohne langfristig zu denken. Es könnte aber auch der Gedanke auftauchen, ob der andere Mensch der Richtige ist und ob man sich langfristig an diesen Menschen binden möchte.

Liegt in einer Beziehung nur die Verbindlichkeit vor, spricht man von einer „leeren Liebe“. Verbindlichkeit in Kombination mit Vertrautheit und Leidenschaft jedoch schafft Stabilität und Sicherheit in einer Beziehung.

Deswegen ist es wichtig, dass ich meinem Partner immer wieder vermittle: „Ich bleibe bei dir. Wir gehen durch dick und dünn“. Wenn ich mich auf meinen Partner festgelegt habe, zeige ich ihm gegenüber große Vergebungsbereitschaft und versuche mich von anderen attraktiven Menschen abzuschirmen.

Eine Strategie ist es, mich bewusst auf die positiven Aspekte meiner Beziehung zu fokussieren, um ein ungesundes Vergleichen meines Ehepartners mit anderen Menschen zu vermeiden. Dabei geht es nicht darum, die Fehler des Partners zu ignorieren, sondern ihn als komplexen Menschen wahrzunehmen, mit Schwächen und Stärken.

Dies beginnt schon bei kleinen Gewohnheiten: Wie äußere ich mich zum Beispiel gegenüber meinen Freunden über meinen Partner? Spreche ich liebevoll über sie oder ihn oder beklage ich mich vor allem über das, was mich stört?

4. Ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis

Der Gedanke einer Kosten-Nutzen-Rechnung im Zusammenhang mit Vertrauen und Liebe scheint zunächst ein Widerspruch zu sein, dennoch kann Zufriedenheit in einer Beziehung durch ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis erreicht werden. Geben und Nehmen muss auf beiden Seiten stattfinden.

Eine gesunde Beziehung findet auf Augenhöhe statt: Beide Partner bringen ihre Gaben und Stärken ein, um das gemeinsame Leben zu gestalten. Entscheidungen werden gemeinsam erörtert und getroffen. Auch Pflichten und Alltagsaufgaben werden aufgeteilt, je nachdem, wie es in der aktuellen Lebensphase möglich ist. Ich investiere viel in die Beziehung – und bekomme viel zurück.

Dafür ist es wichtig zu wissen, was mir selbst in der Beziehung wichtig ist, dies vermitteln und darüber Bescheid wissen, was meinem Partner wichtig ist. Schon in der Bibel trägt Paulus den Männern auf, ihre Frauen zu lieben, wie sich selbst (Epheserbrief 5,33). Die Bedürfnisse beider Partner müssen gesehen werden.

Wer das Gefühl bekommt auf Dauer mehr zu geben als zu nehmen, wird in der Beziehung nicht glücklich, beendet sie oder sucht sich gar positive Emotionen in Affären. Trotz eines angestrebten ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnis muss ich natürlich bedenken: Mein Partner ist nicht perfekt. Ich sollte daher nicht jede Kleinigkeit aufwiegen. Manches braucht auch Zeit, um sich zu verändern.

Es gibt auch Situationen, in denen ein Partner mehr Verantwortung für das gemeinsame Leben übernehmen muss. Wenn einer der beiden zum Beispiel eine schwere Krankheit bekommt, bedeutet dies oftmals, dass der gesunde Partner mehr Aufgaben übernimmt und auf emotionaler Ebene mehr investiert. Doch selbst dann gilt es als Ehepaar mittelfristig dafür zu sorgen, dass dieses Ungleichgewicht nicht auf Dauer die Beziehung ausmacht.

Wenn ich eine Beziehung haben will, die hält, gilt das, was auch in einer guten Freundschaft wichtig ist: Vertrauen. Habe ich den Entschluss gefasst, meine Beziehung aufrechtzuerhalten, vergesse ich nicht, dass es schwierige Zeiten geben wird, in denen ich das Gefühl habe, dass mein Partner oder meine Partnerin mir mehr oder weniger im Weg steht. Hier kann ich den Vorsatz gelten lassen, den anderen in Liebe zu ertragen (vgl. Epheser 2,4). Zusammen und mit Gottes Hilfe kann ich in meiner Beziehung eine Kraft finden, die mich trägt:

Einer mag überwältigt werden, aber zwei können widerstehen, und eine dreifache Schnur reißt nicht leicht entzwei“ (Prediger 4,12).

 

Literatur

Partnerschaft: Partner reden täglich 102 Minuten miteinander. (2010, 1. September). Welt (abgerufen am 3. November 2021).
 

 Micaela Kassen

Micaela Kassen

  |  Freie Mitarbeiterin

Theologin, studiert derzeit Psychologie und ist auf Kinder- und Jugendpsychologie spezialisiert. Sie hat als Lerntherapeutin gearbeitet und ist aktuell als Sozialarbeiterin in einer intensiv-pädagogischen Einrichtung tätig. Redaktionell setzt sie ihre Schwerpunkte auf die psychische Gesundheit und Kindererziehung. 

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (1)

g.w. /

soo wichtig!! Sehr zu empfehlen und weiterzugeben
Segensgrüsse

Das könnte Sie auch interessieren