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© Sergio Alejandro / unsplash.com

30.03.2016 / Interview / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Miriam Schaumburg

3 Irrtümer über Identität

Wie können die anderen und wir selbst erkennen, wer wir wirklich sind?

Neulich auf einem Empfang: Ich begleite meinen Mann, der auf eine Galerieeröffnung eingeladen ist. Im Gegensatz zu ihm bin ich eher das Anhängsel. Bekannt kommt mir hier keiner vor, aber als Journalistin gehe ich auf die mir Unbekannten zu. Kontakte knüpfen - für mich kein Problem. „Hallo! Schöne Ausstellung, oder? Welches Bild gefällt Ihnen am besten?“ Mein Gegenüber strahlt zu meiner Verwunderung „Ach Sie sind doch die Frau von Günther (Name geändert). Schön Sie kennenzulernen! Was machen Sie eigentlich beruflich?“

Mit meiner Antwort glaubt mein Gegenüber Bescheid zu wissen. Er macht seine Schublade „Journalist“ auf, und je nachdem welche Erfahrungen er mit dieser Spezies gemacht hat, ist sein Bild von mir positiv oder negativ. Inwieweit wollen Klischees und Co mir etwas darüber sagen, wer ich bin? Ich merke, dass es auf dem Weg zur wahren Identität einige Fallstricke gibt: Klischees, Lebenslügen und das berühmte „Image“. Ich spreche darüber mit meiner Kollegin Sigrid Röseler, der ÜberLebensHelferin von Gott sei Dank.

Ich merke, dass es auf dem Weg zur wahren Identität einige Fallstricke gibt: Klischees, Lebenslügen und das berühmte „Image“, so ERF Redakteurin Miriam Schaumburg.

Irrtum Nr. 1: Klischees

ERF: Klischees und Schubladendenken, kennst du das auch?

Sigrid Röseler: Meine Eltern haben eine Gastwirtschaft geführt und dadurch war ich früher bei vielen Kindern in meiner Schule das „Kneipen-Kind“. Die hatten also ein bestimmtes Bild von mir und das passte für viele nicht mit meinen guten Noten zusammen. Heute lache ich drüber, aber damals habe ich das regelrecht als ein Stigma empfunden. Ganz klassische Klischees findet man zum Beispiel bei den Rollenbildern von Männern und Frauen. Das Frauenbild in Filmen oder in den Medien allgemein suggeriert uns ja wie eine Frau zu sein hat – oder auch das Bild einer „christlichen Frau“. Da springen bei vielen sofort klischeehafte Vorstellungen an: sittsam, mit Rüschenbluse etc.
 

ERF: Klischees können doch manchmal auch gute Anhaltspunkte sein, mein Gegenüber einzuschätzen. Was ist denn das Problem an diesem Schubladendenken?

Sigrid Röseler: Durch Klischees legt man Menschen auf Identitäten fest, die ihnen nicht gerecht werden. Deswegen können Klischees Personen davon abhalten, sich voll zu entfalten. Beispielsweise die Identität der Männer: Die Gesellschaft drückt ihnen eine Vorstellung auf, wie sie als Männer zu sein haben – das kann ein richtiges Joch sein. Ich glaube viele, zum Teil auch junge Männer, haben damit zu kämpfen. So wie Billy Eliot aus dem Film „I will dance“, der eigentlich Boxer werden soll. Nur leider hat er zum großen Kummer seines Vaters eine glühende Leidenschaft für den klassischen Balletttanz. Es ist für Billy ein harter Kampf, bis er es endlich schafft, seiner musischen und künstlerischen Begabung nachgehen zu dürfen und trotzdem als vollwertiger Mann zu gelten. Billy Elliot ist einer meiner Lieblingsfilme bis heute.
 

ERF: Wie kann man mit negativem Schubladendenken besser umgehen?

Sigrid Röseler: Es kostet schon etwas Überwindung und eine neue Gewöhnung – wie jede andere Veränderung auch. Es ist wichtig, sich selbst und andere immer wieder aus Schubladen herauszulassen. Was auch sehr helfen kann, ist sich vertraute Menschen zu suchen, mit denen man sich austauschen kann; denen man erzählt, welche Herzenswünsche man hat und die einen darin fördern, diese zu verwirklichen. Ich bete auch dafür, dass ich Mut bekomme meine Träume zu verwirklichen und das gibt mir Kraft, auch Widerstände, Vorurteile oder vorläufige Niederlagen auszuhalten.

Irrtum Nr. 2: Lebenslügen

ERF: Was sind Lebenslügen?

Sigrid Röseler: Eine Lebenslüge ist zum Beispiel: „Nur wenn ich genügend leiste, dann bin ich angenommen!“ Vom Kopf her können wir alle sehen, dass das eine Lebenslüge ist, aber für viele ist es eine Herzensüberzeugung geworden. Ich denke da immer an den berühmten „Knick in der Optik“. Ich habe ein bestimmtes, unbewusstes Bild von mir; ich sehe mich so und so und die Außensicht ist wahrscheinlich eine ganz andere. Diese Selbstbilder entstehen durch Prägung in der Herkunftsfamilie, aber auch durch die Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens machen.
 

ERF Medien Was ist das Problem bei Lebenslügen?

Sigrid Röseler: Das Fatale ist, dass Lebenslügen einen blind halten. Sie hindern uns daran, die Möglichkeiten zu sehen und die Potenziale zu erkennen, die in anderen und in uns selbst stecken. Sie haben die Tendenz uns klein zu machen. „Du kannst nichts!“ „Du bist nichts!“ Diese Sätze rauben uns den Selbstwert. Vor allem, wer Lebenslügen über sich glaubt, der glaubt auch Lügen über andere und da sind wir wieder bei den Schubladen, in die wir wiederum andere stecken.
 

ERF: Was kann man gegen Lebenslügen tun?

Sigrid Röseler: Wenn ich mit einer Person Schwierigkeiten habe, hilft es mir, mich immer wieder daran zu erinnern, dass ich nur einen Ausschnitt der Person sehe. Die Taten, die ich von dieser Person mitbekomme, bilden nicht 1:1 ihre Identität ab. Außerdem: Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.

Um Lebenslügen zu enttarnen, brauchen wir das Licht Gottes: Sein Reden, seine Weisheit und sein Wort machen uns bewusst, wie wir über uns und andere denken. Man kann es auch Offenbarung nennen. Solch ein Bewusstwerden kann auch im Gespräch mit Menschen stattfinden, die einem Dinge spiegeln können – deshalb brauchen wir auch einander. Denn nur, was uns bewusst wird, können wir verändern.

Irrtum Nr. 3: Image

ERF: Was heißt Image im Zusammenhang mit Identität?

Sigrid Röseler: Jeder von uns hat diese Neigung ein bestimmtes Bild von sich zu präsentieren. Wir reden von einer Maskengesellschaft, in der wir den Menschen geben, was sie wollen. Wir geben uns so, wie wir denken sein zu müssen und wie wir vielleicht auch gerne sein würden. Wir versuchen unsere eigene Identität immer wieder neu zu inszenieren. Dabei versuchen wir krampfhaft, jemand zu sein. Jeder Mensch hat nämlich eine Sehnsucht danach bedeutsam oder angenommen zu sein. Und wir denken oft, dafür müssten wir einem selbsterzeugtem Bild entsprechen.

Jeder Mensch hat eine Sehnsucht danach bedeutsam oder angenommen zu sein.

ERF: Was ist das Problem?

Sigrid Röseler: Das Image ist ein Sklaventreiber. Ständig ein Bild von mir aufrecht erhalten zu müssen – das kann man nicht lange durchhalten. Ich denke da an die sozialen Medien. Bei Facebook gibt es immer wieder Fälle von jungen Menschen, die zusammenbrechen, weil sie sich eine Pseudoidentität aufgebaut haben. Menschen, die glauben, diese Internet-Plattform immer wieder befüllen zu müssen mit Darstellungen dieser Pseudoidentität. Sie füttern regelrecht dieses Bild, was andere von ihnen haben und vielleicht auch haben wollen. Ein Mädchen postete vor einiger Zeit eine Art „Comingout“: Dass sie süchtig danach geworden war, sich immer wieder neu produzieren zu müssen. Irgendwann ist sie also einfach unter der Last ihres Images zusammengebrochen. Das heißt aber nicht, dass einer, der viel auf Facebook postet, eine Pseudoidentität aufbaut - bitte nicht falsch verstehen!
 

ERF: Was kann ich tun, um der Macht eines „Images“ zu entkommen?

Sigrid Röseler: In dem Wort Identität steckt „identisch“ drin: D. h. dass das Innere eines Menschen mit dem, was er nach außen trägt, identisch sein sollte. Das nach außen Getragene ist das Bild eines Menschen und das Innere hat Gott längst in mich hinein gelegt. Damit meine ich nicht in erster Linie Talente, Gaben oder Fähigkeiten, sondern wie Gott mich gemeint hat. Als Christ hilft es mir, dass meine Identität auch ganz klar in meinem Glauben verankert ist. In dem Moment, als ich ein Leben mit Jesus begonnen habe, war meine Heimat bei Gott. Ich bin als ein Kind Gottes praktisch in einen ganz anderen, geistlichen Stammbaum eingepflanzt worden und der bestimmt jetzt meine Identität: Ich bin jetzt eine Himmelsbürgerin, sagt die Bibel.

Ich finde es stark, was Gott alles in der Bibel über unsere Identität sagt, zum Beispiel auch, dass wir ihm zum Eben-Bild Gottes geschaffen sind. Dieses Bild will ich leben – und kein anderes.
 

ERF: Danke für das Gespräch.
 

Ich finde es stark, was Gott alles in der Bibel über unsere Identität sagt, zum Beispiel auch, dass wir ihm zum Eben-Bild Gottes geschaffen sind.

Ihr Kommentar

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Kommentare (4)

Chris /

bezügl.: Die meisten Deutschen wollen das Licht und die Wahrheit nicht annehmen. Nicht Deutsche sondern solche die sich als Christen bezeichnen machen anderen das Leben schwer, nach meiner Erfahrung. Statt Menschen zu Gott zu führen vermitteln sie ein falsches Bild des Erfinders

Simon /

Danke für diese wertvollen, hilfreichen Gedanken!
Gott hat mir dadurch Mut gemacht, mehr zu mir selbst zu stehen und mich anzunehmen!
Gottes Segen euch allen!

Gast /

Die meisten Deutschen wollen das Licht und die Wahrheit nicht annehmen. Deshalb gibt es so viele Götzen in diesem Land.

Julia B. /

Hallo,
danke, dass ihr so einen tollen Job macht!
Gerne hätte ich das Video angesehen, bei mir kommt aber leider die Fehlermeldung #2035.
Viele Grüße & Gottes Segen euch,
Julia B.

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