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© Gerth Medien

20.11.2012 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Nelli Löwen

Noch mehr Leben, bitte!

Mehr erleben und erreichen, ohne sich selbst zu überfordern. Ist das möglich?

„Kann der Tag nicht mehr Stunden haben?“ ist bei Frauen oft der Gedanke, wenn sie es nicht geschafft haben, alle Häkchen auf der gedanklichen Tages-To-Do-Liste zu setzen. Christine Caine schreibt in ihrem Buch, wie man als Frau viel erleben und erreichen kann, ohne sich damit zu überfordern. 

Unzählige Frauen haben sie gefragt, wie sie es schafft, als gefragte Referentin auch eine gute Mutter, eine gute Ehefrau und eine gute Freundin zu sein. Das hat sie motiviert, dieses Buch zu schreiben. Sie stellte durch die Fragen fest, dass viele Frauen mit ihren Verantwortungen, Aktivitäten und Terminplänen jonglieren. Sie wünschen sich ein erfülltes Leben und versuchen es über einen hohen Aktivismus und hoher Anstrengung zu bekommen. In der Realität verhaspeln sich viele Frauen in vielen Aufgaben, anstatt wenige gut zu machen. Sie machen viele Dinge nur halbherzig oder landen in ein Burn-Out. Der Wunsch nach einer perfekten Partnerschaft, nach perfekten Kindern, dem perfekten Beruf sowie einer perfekten Gottesbeziehung frustriert sie, da es im Leben oft nicht ganz so perfekt läuft, wie sie es sich vielleicht wünschen. Um tatsächlich allem gerecht zu werden, brauchen sie also noch mehr Leben. Wie kann diese Spannung gelöst werden?

Der eigene individuelle Lebensentwurf

Christine Caine sieht die Lösung schlicht darin, dass jede Frau ihren eigenen individuellen Lebensentwurf hat. Anstatt dem nebulösem Allem gerecht zu werden, soll die persönliche Bestimmung ausgelebt werden. Dabei betont sie den Bibelvers aus Prediger 3,11: „Für alles auf der Welt hat Gott schon vorher die rechte Zeit bestimmt. In das Herz des Menschen hat er den Wunsch gelegt, nach dem zu fragen, was ewig ist.“ Tief im Inneren will jeder etwas machen, was einen tieferen Sinn hat. Diesem Sinn sollen verschiedene Fragen nach den persönlichen Stärken, nach Fähigkeiten, die vielleicht schon in der Kindheit sichtbar wurden, nach eigenen großen Erfolgen und Triumphen aufdecken und dadurch verlorene Leidenschaften freilegen. Verschiedene Fragen und auch die Reflektion von eigenen Beziehungen, der persönlichen Identität und mehr führen auf eine spannende Entdeckungsreise, wie man zu einem erfüllten und gleichzeitig ausgeglichenen Lebensstil kommt.

Christine Caine ist eine weltweit gefragte Rednerin aus Australien, Autorin, Ehefrau und Mutter zweier Töchter. Außerdem setzt sie sich seit 2007 mit ihrer Organisation "A 21 Campaign" couragiert gegen den Menschenhandel in der Welt ein.

„Nicht schon wieder ein Frauenbuch dieser Art“ könnte der erste Gedanke sein, wenn man das Cover des Buches mit dem Titel „Noch mehr Leben, bitte!“ ansieht. Jedoch trügt dieser Gedanke, denn es lohnt sich, dieses Buch zu lesen. Die Autorin erzählt auf humorvolle und erfrischende Art aus ihrem persönlichen Nähkästchen. Sie scheut sich nicht vor ehrlicher Selbstkritik, während sie ihren persönlichen Alltag unter die Lupe nimmt. Ebenso behält sie ihre eigenen Sprünge ins Fettnäpfchen dem Leser nicht vor, sondern erlaubt ihm aus ihren Erfahrungen zu lernen. Sie erwähnt die Notwendigkeit einer leidenschaftlichen Gottesbeziehung als etwas, dass die Quelle eines gut geordneten und erfüllenden Lebens ist. Immer wieder schreibt sie darüber, wie die Liebe zu Gott ihre eigenen Wünsche und Träume sortiert und priorisiert.

Die Themen sind logisch aneinander gereiht und vermitteln den Weg zu einem richtig gewichteten Leben. Mit dem Kapitel „Es geht um unseren Wert“ unterbricht Christine Caine diesen roten Faden. Es wirkt sperrig und nicht ganz zugehörig zu den anderen Kapiteln des Buches. Die Autorin setzt sich gegen den modernen Sklavenhandel ein und daher ist ihr das Thema „Wert des Menschen“ äußerst wichtig. Es scheint, als könne sie es nicht lassen, ihr Herzensthema auch in ihrem neuen Buch zu thematisieren.

Die gedankliche To-Do-Liste

Seitdem ich das Buch gelesen habe, versuche ich die gedankliche To-Do-Liste nicht ständig vor Augen zu haben. Ich muss das utopische „Alles“ nicht an einem einzigen Tag machen, sondern kann jeden Tag neu entscheiden, was für mich dran ist. Gott hat mich als Mensch geschaffen und nicht als Gott. Ich habe Begrenzungen, mache Fehler und muss nicht in allen Bereichen perfekt sein. Genauso wenig muss ich über sämtliche Themen Bescheid wissen und darin auf der Überholspur sein.

Caine hat mir gezeigt, dass es vielmehr darum geht, im persönlichen Leben das auszuleben, was Gott in mich hineingelegt hat und wozu er mich beruft. Unter diesem Gesichtspunkt bekommen Bereiche meines Lebens einen besonderen Wert. Ich gehe nicht mehr allen Dingen nach, die vielleicht gut wären zu tun. Statt noch eben ein Schnäppchen im Schuhladen zu ergattern, einen Kuchen für die Familie zu backen und mit meiner Freundin zu telefonieren, entscheide ich mich einfach meine Freundin zu einer Tasse Kaffee einzuladen. So habe ich zwar nur eine von drei Ideen umgesetzt, jedoch diese intensiver. 

Ganz nach dem Motto: Weniger ist mehr, setze ich auf einzelnen Dingen meine Priorität und merke, dass mein Leben entspannter wird und mehr Spaß macht. Ich glaube, dass Caine mit diesem Buch den Nagel auf den Kopf trifft. Wenn Frauen in der Vielschichtigkeit der Aufgaben und Verantwortungen sich wieder bewusst auf einzelne Dinge konzentrieren und ihre ständig aufblinkende gedankliche To-Do-Liste ausstellen, geraten sie nicht in einen Kreislauf, der zu Überlastung und Unzufriedenheit führt. Vielleicht sagen sie dann trotzdem „Noch mehr Leben, bitte!“. Nicht, weil die Zeit so begrenzt ist, sondern, weil die Zeit so schön ist.

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Kommentare (1)

Gertrud /

Ich kann mir gut vorstellen dass dieses Buch absolut lesenswert ist. Auch ich kenne das Gefühl unüberbietbarer Frustration, wenn ich meine Ziele von gestellten Aufgaben nicht erreiche, obwohl es bis mehr

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