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© jeangill / istockphoto

06.06.2012 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Joachim Bär

Mitten am Tag bist du mir nah

Wie überlebt mein Glaube im stressigen Alltag? Peter Scazzero zeigt, wie hilfreich die alte Übung des Tageszeitengebets heute sein kann.

Schon eine ganz normale Woche macht es Christen wirklich nicht leicht: Während der Arbeit jagt ein Termin den nächsten, die Kinder denken zu Hause an alles andere als an Ruhepausen und Oma braucht mehr und mehr Hilfe.

Auf der Strecke bleibt der Kontakt zu Gott. Den wünschen sich viele natürlich. Christen versuchen, eine Stille Zeit einzuhalten, zu beten und irgendwie im Glauben zu wachsen – und haben doch allzu oft ein schlechtes Gewissen, weil es nicht so recht klappt. Das setzt sie noch mehr unter Druck. Schließlich fühlen sie sich seelisch erschöpft, geistlich leblos und halten sich anhand von Predigten und Büchern mit der Spiritualität anderer über Wasser. Wie kann man aus dieser Tretmühle aussteigen?

Pause mit Gott
Einen möglichen Ausweg beschreibt Peter Scazzero in seinem Buch „Mitten am Tag bist du mir nah“. Sein Schlüssel für eine enge Beziehung zu Gott ist das Tageszeitengebet. Was sich nach Kloster anhört, hat schon biblische Ursprünge. Schließlich beteten schon David und Daniel mehrmals am Tag (Psalm 119, 164; Daniel 6, 11). Aber zugegeben, auch Benedikt von Nursia verordnete seinen Mönchen acht Tageszeitengebete – inklusive eines Dates mit Gott mitten in der Nacht.

Scazzero bezieht sich aber nicht auf diese klösterliche Tradition. Er geht entspannter an das Tageszeitengebet heran. Seine Grundidee lautet: Halte dir mehrmals täglich kurze Zeiten mit Gott frei und verbringe diese in bewusster Gemeinschaft mit ihm. Ziel der Aktion ist es, den Arbeitsfluss zu unterbrechen und eine Pause einzulegen, um Gott zu begegnen. Zum Beispiel morgens, mittags oder abends. So bricht der Kontakt nicht ab, die Nähe Gottes bleibt mitten im Alltag spürbar. So kann man mehr und mehr offen werden für Gottes Reden.

Endlich Erfolgserlebnisse!
Das Buch bietet geistliche Impulse für acht Wochen, um solch ein persönliches Tageszeitengebet zu gestalten. Scazzero schlägt zwei Treffen mit Gott pro Tag vor, also zum Beispiel morgens und mittags. Seine Impulse beinhalten einen Bibeltext, einen Gedankenanstoß, einen Impuls für die Stille und ein Gebet. Flankiert wird das alles von Zeiten der Stille vorher und nachher.

Die Stärke dieses Modells: Es ist flexibel und ausgewogen. Wann ich die Zeiten mit Gott setze, kann ich frei wählen. Auch zeitlich überfordern sie mich nicht. Diese kleinen Treffen mit Gott können mir also helfen, mein schlechtes Gewissen zu überwinden, dass ich schon wieder nicht die zwei Stunden Bibelstudium geschafft habe. Dieses Buch kann also sehr befreiend sein und viele kleine, ermutigende  „Erfolgserlebnisse“ in der Beziehung zu Gott ermöglichen.

Wenig Beiwerk, umso mehr Potential
Eine Frage stellt sich natürlich gezwungenermaßen: Wie geht es nach diesen acht Wochen weiter? Dafür bietet Scazzero leider keine befriedigende Antwort. Weitere Literaturhinweise wären hilfreich gewesen. So kann man nur hoffen, dass sich das persönliche Tageszeitengebet ausreichend eingeschliffen hat. Ich persönlich hätte mir auch ein wenig mehr Einordnung des Tageszeitengebets gewünscht. Scazzero legt nach knapp zehn Seiten Einleitung schon mit Tag 1 los. Er bietet folglich auch keine Tipps, wie sich das Tageszeitengebet auf Dauer durchhalten lässt oder wie ich nicht doch wieder in eine „Stille Zeit“ hineinrutsche, die ich als Christ wohl zu halten habe.

Trotzdem bietet dieses Buch einiges an Potential. Das Tageszeitengebet kann helfen, Gott im Alltag zu suchen und zu finden – und damit mein Leben immer weniger in geistlich und profan zu trennen. Damit bietet Peter Scazzero nicht weniger als einen möglichen Einstieg zu einem alltagstauglichen Glauben, der das ganze Leben durchdringt.

 Joachim Bär

Joachim Bär

  |  Unit Leader erf.de / Antenne

Koordiniert die übergreifenden Themen der redaktionellen Angebote des ERF. Er ist Theologe und Redakteur, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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Kommentare (1)

Gertrud /

Dass das Leben nicht mehr getrennt ist, in geistlich und pfofan - das wünsche ich mir auch mehr - ich glaube sogar, dass genau diese Trennung der Nährboden für Zweifel und Abgleiten in mehr

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