
20.11.2018 / Service-Artikel / Lesezeit: ~ 5 min
Autor/-in: Katrin FaludiGott schweigt.
Warum machen scheinbar immer nur die anderen tolle Erfahrungen mit Gott?
Es muss im frühen Grundschulalter gewesen sein. Ich saß in meinem Kinderzimmer auf dem Teppich und forderte Gott zu einem Gespräch heraus. Ich sagte laut: „Hallo, Gott!“ und lauschte … und lauschte … und versuchte es noch einmal, diesmal mit mehr Nachdruck: „Hallo, GOTT!“ Doch Gott antwortete nicht. Etwas irritiert schickte ich hinterher: „Hör mal, wenn es dich gibt, warum sagst du dann nichts?“ Aber wieder erntete ich nur Stille. Schließlich gab ich das Experiment auf und saß frustriert und allein in meinem Zimmer. Weitere Versuche zu späteren Zeitpunkten ergaben dasselbe Ergebnis, sodass ich schließlich zu der Erkenntnis kam: Wenn Gott nicht antwortet, liegt es wohl daran, dass es gar keinen Gott gibt. So verlor ich mit sieben oder acht Jahren meinen Kinderglauben.
Zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt gab ich Gott eine neue Chance. Voller Zweifel, ob es ihn überhaupt gibt oder ob ich mir von all den Christen, die angeblich so eng mit ihm in Kontakt standen, nur einen Riesenbären habe aufbinden lassen. Ich tat das, was man gemeinhin „beten“ nennt, „verbrachte Zeit mit Gott“ und wartete sehnlichst darauf, dass er laut und deutlich zu mir sprach. Dabei kam ich mir wieder vor wie damals auf dem Kinderzimmerteppich: Ich rief ins große, unbekannte Irgendwas hinaus, aber es kam nichts zurück. Mehrfach war ich kurz davor, das Ganze wieder zu beenden. Wenn Gott uns alle angeblich so überschwänglich liebt, dann würde er doch antworten, wenn man ihn direkt fragt. Oder?
Wenn Gott uns alle angeblich so überschwänglich liebt, dann würde er doch antworten, wenn man ihn direkt fragt. Oder?
Die Verbindung kommt nicht zustande
In der Gemeinde, auf Veranstaltungen, in Medienberichten – ständig stieß ich auf Menschen, die strahlend erzählten, wie unglaublich geliebt sie sich von Gott fühlten. Oder sie berichteten von Dingen, die Gott konkret zu ihnen gesagt hatte. Von Eindrücken, Heilungen, Wundern. Ich erlebte von all dem nichts, obwohl ich es mit Beten, Bibel lesen & Co. versuchte. In mir nagte das Gefühl, etwas Grundlegendes falsch zu machen.
Alle anderen schienen eine Standleitung zum Allerhöchsten zu haben, aber ich war anscheinend schon zu blöd, die richtige Nummer zu wählen. Dabei wünschte ich mir sehr, Gott einmal so richtig eindrücklich zu erleben und bat ihn: Mach doch endlich mal was Krasses! Etwas Übernatürliches, das richtig knallt! Aber Gott schwieg.
Nachdem ich mich lange Zeit darüber geärgert hatte, dass ich Gott nicht hörte, dämmerte mir allmählich mein Fehler: Vielleicht erwartete ich das Falsche? Ich hatte durch meine Beobachtungen von den Christen um mich herum zu dem Glauben verleiten lassen, dass ein Lebensweg mit Gott mit ständigen intensiven Gefühlen, Eindrücken und am besten noch Wundern gepflastert sein müsste. Dass eine Beziehung zu Gott nur dann „gut“ sei, wenn sie zu jeder Zeit besonders innig ist. Ich glaubte, ich müsste von Gott ein Gefühlsspektakel erwarten und war enttäuscht, dass es nicht eintraf. Wie Elia in der Bibel wartete ich auf die versprochene Begegnung mit Gott. Doch sie fiel anders aus als erwartet.
Und Gott spricht doch – nur anders
Da antwortete ihm der HERR: „Komm aus deiner Höhle heraus und tritt vor mich hin! Denn ich will an dir vorübergehen.“ Auf einmal zog ein heftiger Sturm auf, riss ganze Felsbrocken aus den Bergen heraus und zerschmetterte sie. Doch der HERR war nicht in dem Sturm. Als Nächstes bebte die Erde, aber auch im Erdbeben war der HERR nicht. Da kam ein Feuer, doch der HERR war nicht darin. Danach hörte Elia ein leises Säuseln. (1. Könige 19, 11-13)
Ich habe meine Erwartungen geändert. Seitdem ich mich nicht mehr über das ausgebliebene Spektakel ärgere, höre ich hin und wieder dieses leise Säuseln, das Elia erlebte. Schließlich machte ich dann doch die Erfahrung, dass Gott sogar deutlich spricht, wenn es notwendig ist. In Krisenzeiten, zum Beispiel, oder an Wendepunkten in meinem Leben. Als eine Angehörige schwer erkrankte und nur wenig später mein Vater plötzlich starb, erlebte ich, dass Gott auf eine Art und Weise sprach, die ich als „übernatürlich“ bezeichnen würde. Aber wieder war es nicht das strahlende Feuerwerk, sondern ein kleines, flackerndes Licht. In dunklen Zeiten kann auch ein unspektakuläres Licht genügend Erleuchtung bringen. Es muss nicht zwangsläufig auch knallen und puffen (kann es aber).
In dunklen Zeiten kann auch ein unspektakuläres Licht genügend Erleuchtung bringen. Es muss nicht zwangsläufig auch knallen und puffen (kann es aber).
Der Druck ist raus
Warum aber erlebt der eine Mensch spektakuläres Reden Gottes am laufenden Band, während der andere jahrelang auf ein einziges Wort warten muss?
Gott liebt alle Menschen gleich. Deshalb begegnet er nicht allen gleich, sondern so individuell, wie er jeden einzelnen geschaffen hat. Die einen führt er sehr nah und steht in engem Austausch mit ihnen. Andere begleitet er eher still und setzt Akzente in ihrem Leben. Problematisch wird es, wenn Menschen ihre Erfahrungen mit Gott verallgemeinern und auf andere übertragen, oft mit den besten Absichten. Sie schüren die Erwartung, dass Gott auf eine ganz bestimmte Weise sprechen müsste, nämlich so, wie sie ihn selbst intensiv erleben. Das mag für andere Menschen aber gar nicht die Art sein, wie Gott sich ihnen mitteilen will. Das führt zu Enttäuschung und Frust und letztlich sogar von Gott weg.
Gott liebt alle Menschen gleich. Deshalb begegnet er nicht allen gleich, sondern so individuell, wie er jeden einzelnen geschaffen hat. Die einen führt er sehr nah und steht in engem Austausch mit ihnen. Andere begleitet er eher still und setzt Akzente in ihrem Leben.
Ich habe mir immer einen schickes, kleines Stürmchen gewünscht, durch das Gott zu mir spricht. Aber Gott geht lieber säuselnd an mir vorbei. Offenbar ist er der Ansicht, dass das besser zu mir passt. Seitdem ich das akzeptiert habe, ist der Druck raus. Seitdem erlebe ich, dass Gott mit mir kommuniziert. Allerdings an ganz anderen Orten als denen, wo ich ihn zuvor gesucht habe. Mittlerweile sitze ich nicht mehr auf meinem geistlichen Kinderzimmerteppich und stelle trotzig Fragen. Ich vergleiche mich nicht mehr mit anderen Christen und ihren persönlichen Erlebnissen mit Gott. Stattdessen freue ich mich, wenn ich nach Zeiten des Schweigens etwas von Gott höre. Leise, unaufdringliche Wegmarken in einer Welt, die so auf Stürme, Erdbeben und Feuer fixiert ist.
Ihr Kommentar
Kommentare (8)
Gott hat mir diesen Artikel geschickt, anders ist es nicht zu erklären. Mir geht es gesundheitlich nicht gut und ich bete und bitte zu Gott er möge mich heilen und ich schaue so viele wunderschöne … mehrZeugnisse auf YouTube in denen Menschen Jesus gesehen haben oder er zu ihnen gesprochen hat.
All dies will ich auch und erst gestern Abend lag ich weinend auf dem Sofa, betete, dass Jesus sich mir zeigen würde, ich ihn sehen möchte oder wenigstens diese wunderschöne Liebe einmal spüren dürfte, von der andere Menschen immer erzählen.
Doch ich fühlte mich wie die Autorin des Artikels, so als würde ich beten und niemand würde zuhören. Und ich fragte mich, nicht zum ersten Mal, warum andere Menschen immer gleich Jesus zu Gesicht bekommen oder ihn intensiv fühlen können und ich scheinbar nichts erleben darf.
Und nun fand dieser Artikel zu mir. Nun habe ich verstanden. Danke Jesus! ♥
Ja genau die üblich Floskeln von wegen Gott hat schon einen Plan usw. Und jetzt noch das Gerede von Gott ist Liebe und so. Wer weiss das schon, warum Gott schweigt. Ich muss nur richtig glauben, also … mehrfest etwas für wahr halten, was überhaupt nicht passiert. Das finde ich wirklich eine Frechheit: Sich was einreden zu müssen, was keinerlei Wirkung in meinen Leben hat. Also wenn "Gott" so ist, brauche ich ihn nicht. Wozu auch? Mir schöne Gefühle einzureden, die nicht da sind? Irgendwas für wahr halten und auf irgendwas hoffen hilft schon. Das hat aber mit Gott, oder seiner angeblichen Hilfe, rein gar nichts zu tun. Autosuggestion wird so etwas genannt. Wenn Gott so etwas nötig, hat dann Prost Mahlzeit. Bitte schreiben sie keine solch nutzlosen Artikel mehr. Regt mich masslos auf. Helfen tut so etwas nur den Esoterikern unter uns, die sich das Leben schön denken können. Manchmal wünscht ich das auch zu können. Eine Gute Nachricht/Evangelium ist für mich etwas anderes. Am Besten sie benennen sich um in "Schön das wir mal drüber geredet haben"-Rundfunk anstelle von "Gute-Nachricht"-Rundfunk.
Naja sie werden wohl den Post hier löschen. Passt ja nicht zu ihrer Weltsicht. Hätte ich mir also auch sparen können.
Dieser Bericht ist völlig nutzlos und gibt mir in meinem Leben keine Antwort. Was ist denn jetzt die Ponte in diesem Bericht. Ich lese hier nur letztendlich heraus das Gott eben bei manchen Menschen … mehreinfach nichts tut. Was aber wenn die Not so existentiell ist das es um Leben oder Tod geht und Gott (wie im Falle Hiobs oder Jeremias) immer noch schweigt? Was wenn Gottes Schweigen eigentlich Gericht über eine gefallene Welt bedeutet und überhaupt nicht aus seiner Liebe entspringt? Ich will mich auch nicht aufs Himmelreich vertrösten lassen, denn mit Gott der mich in diesem Leben allein gelassen hat möchte ich überhaupt nicht im Himmel sein. Was soll ich mit einem Gott der mir schon auf der Erde nicht hilft? Wie soll er mir denn dann im Himmel helfen? Bin seit 35 Jahren Christ aber ich habe durch eine existenzielle Not wo es um alles geht, meinen Glauben verloren. Und ein Plan sehe ich in all diesem auch nicht, besonders keinen Plan der Liebe. Ich habe gebetet und gebetet, und mit Sicherheit 40 mal die Bibel von hinten bis vorne durchgelesen. Das Resultat: Freunde haben mich verlassen (besonders christliche) Seelsorger wussten keine Antworten mehr usw. und ich stehe kurz vor dem Ende. Das soll alles Gottes Plan sein? Ich möchte einmal den Menschen sehen der in meinen Schuhen "steckt" besonders die Menschen die heute in den Gottesdiensten ihre Hallelujas rufen und wie Gott sie angeblich gesegnet hat. Oder bin ich nur ein Christ zweiter Klasse? Ein Stück Dreck für Ihn?
ja, so komme ich mir gerade auch vor. Bete ich vielleicht nicht genug? Rede ich nicht genug mit Gott? Eine Freundin von mir redet den ganzen Tag mit Gott und Gott antwortet ihr. Ich höre nichts.
Wie ist es mit dem kosmischen Laut, dem OM der Inder? Es wird gesagt, das sei die Stimme Gottes
(der heilige Geist).
Hallo Stefan, auch ich habe mich riesig über deine Bekehrung gefreut. Sei gewiss, dass was immer auch passieren mag und wohin auch immer dein Leben dich führt, Jesus immer das Regiment hat und immer … mehran deiner Seite ist. Ich wünsche dir eine besonders schöne Begegnung mit unserem lebendigen Herrn und Gott Jesus.
Das freut mich sehr zu lesen. Ich kann Sie nur ermutigen: Dranbleiben und Geduld haben lohnt sich. Auch, wenn es mitunter viele Jahre dauern kann ... Ich wünsche Ihnen diesen Segen!
Oh, wie gut kann ich das verstehen! Auch auf meine Gebete als Kind waren nie Reaktionen erfolgt, was mich dann ebenfalls dazu brachte, nicht mehr an einen persönlichen Gott zu glauben. Ganz "tot" war … mehrGott für mich zwar nie, aber ich glaubte nicht mehr an einen persönlichen Gott, sondern eher an so eine Art überpersönliches Prinzip. Einige Jahrzehnte und viele Irrwege später - ungefähr zu dem Zeitpunkt, als dieser Artikel veröffentlicht wurde - habe ich mich, einer inneren Sehnsucht nach Gott folgend, wieder dem Gott meiner Kindheit zugewandt, schließlich Jesus "mein Leben gegeben" und mich taufen lassen. Hierzu haben die tollen und berührenden Bekehrungsgeschichten in ERF MenschGott nicht unerheblich beigetragen. Heute, 10 Monate nach meiner Bekehrung warte ich allerdings immer noch auf ein Zeichen von Gott bzw. auf eine wie auch immer geartete Begegnung mit ihm, die meine Sehnsucht nach ihm stillt. Ich werde meine Erwartungen jedenfalls nicht herunterschrauben - da bleibe ich trotzig wie ein Kind: "Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!" (1. Mo 32,27)