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13.01.2016 / Schwerpunktthema Gebet / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Simon Kümmling

Beten ist Atmen

Moderator Simon Kümmling: „Nichts ersetzt mein Gespräch mit Gott.“

Die Regler der Mikrofone sind hochgestellt. Der letzte Ton des Anspielers zur Sendung „Das Gebet“ verklingt. Noch einmal tief Luft holen, dann geht es los: „Einen wunderschönen Mittwoch Abend wünscht Ihnen Simon Kümmling. Schön, dass Sie eingeschaltet haben zu dieser ganz besonderen Sendung, in der wir für Sie beten. Denn was Sie bewegt, bewegt Gott auch.“ Für zwei Stunden ist es jetzt meine Aufgabe, für andere da zu sein und für sie zu beten.

Jeden Mittwoch von 20-22 Uhr stehe ich im Studio von ERF Pop und moderiere die Sendung „Das Gebet“. Dabei werde ich von einem Co-Moderator unterstützt, mit dem ich über die Anliegen unserer Hörer rede, um anschließend für sie zu beten. Für mich ist es ein Privileg, den Menschen in diesen zwei Stunden Glaube vorzuleben, der nicht trocken oder vorgefertigt ist, sondern lebendig, persönlich und weltverändernd. Aber die Sendung fordert mich auch heraus: Gehe ich denn mit all meinen Anliegen zu Gott – so wie ich es unseren Hören rate?

Bei Gott kann ich aufatmen

Jemand sagte einmal, Gebet sei das Atmen eines jeden Christen. Mittwochs von 20-22 Uhr atme ich ziemlich viel. Es fühlt sich für mich oft mehr nach einer Mund-Zu-Mund-Beatmung an als ein genüssliches, tiefes Einatmen. Ich muss schon ein wenig aufpassen, dass mir nicht die Puste ausgeht. Viele  Male habe ich mich deshalb kurz vor der Sendung zurückgezogen, um noch einmal tief „Luft zu holen“ und mit Gott alleine zu sein.

In diesen Zeiten rede ich mit Gott ganz ehrlich, nicht mit gekonnten Formulierungen oder tief geistlichen Wahrheiten. Ich sage ihm, was in der Woche bei mir nicht gut gelaufen ist, weshalb ich mich auf die Sendung freue oder genau das Gegenteil: Weshalb ich mich nicht in der Lage fühle, für andere zu beten. Dieses ehrliche Reden helfen mir, mich immer wieder neu auf die Anliegen der Menschen einzulassen. Denn die Zeit mit Gott macht mir bewusst, dass es nicht an mir liegt, ob die Sendung Menschenleben verändert, sondern an Gott. Es ist sein Handeln, das bei mir, meinem Co-Moderator und unseren Zuhörern den Unterschied macht.

Trotzdem fordert es mich heraus, dass ich oft nicht erfahre, welche Auswirkungen das Gebet hatte: Ob der Hirntumor wirklich verschwunden ist oder der Mann tatsächlich von seiner Alkoholsucht frei geworden ist. Umso mehr baut es mich auf, wenn ich an die Wunder denke, die uns mitgeteilt wurden: Ein kleines Baby konnte einen Tag nach unserem Gebet aus dem Krankenhaus entlassen werden, weil es wieder richtig atmen konnte. Ein Mann hat nach langer Zeit endlich den passenden Job gefunden. Oft muss ich jedoch allein darauf vertrauen, dass die Sache jetzt in Gottes Hand liegt und dort gut aufgehoben ist – was auch nicht immer einfach ist.  

Ein gesunder Mensch atmet

 „Vielen Dank, dass Sie eingeschaltet haben. Danke für Ihr Vertrauen, wenn Sie uns Ihr Anliegen geschrieben haben. Machen Sie´s gut und bis hoffentlich zum nächsten Mal“. Die Sendung ist vorbei. Ich atme erleichtert aus, schließe die Programme und fahre alle Rechner herunter. Dabei mache ich ein paar Scherze mit meinem Co-Moderator, spreche über Dinge, die in den nächsten Tagen noch anstehen oder was ich noch alles für die Uni zu tun habe. Die Anliegen von einer krebskranken Frau und dem Mann, dessen Ehe zu zerbrechen droht, scheinen im Studio zu bleiben. Oder sollte ich sagen: Bei Gott?

Zuhause mache ich mich erschöpft bettfertig. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich mir kaum Zeit genommen habe, das für mich persönlich umzusetzen, was ich den Menschen in der Sendung versuche, ans Herz zu legen: Meine Anliegen zu Gott zu bringen. Ein paar meiner Problemchen wirken im Vergleich zu den Sorgen einiger Hörer absolut unbedeutend und dennoch weiß ich, dass Gott auch sie ernst nimmt. Wenn ich es trotz meiner Erschöpfung schaffe, mir diese Zeit zu nehmen, merke ich, wie gut mir jede Sekunde mit meinen Vater im Himmel tut.

Anschließend lege ich mich ins Bett und versuche einzuschlafen. Ich spüre, wie mein Atem ruhiger wird. Ein letzter Gedanke schießt mir durch den Kopf: All die Bitten und das Reden über Gebet ist gut, doch es ersetzt nicht mein intimes persönliches Gespräch mit Gott. Ein gesunder Mensch beatmet nicht nur andere, wird nicht beatmet oder ist sich nur in der Theorie bewusst, dass Atmen wichtig ist. Ein gesunder Mensch atmet.

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (3)

Simon Kümmling /

Hallo,
vielen Dank für die freundliche Rückmeldung. Ich studiere derzeit Lehramt, bin aber davon überzeugt, dass mich das Thema Seelsorge in irgendeiner Form mein Leben lang begleiten wird. ERF Pop mehr

Karin D. /

Hallo Simon,
es hat mir sehr gut gefallen, wie Sie Ihre Erfahrungen mit der Sendung, was Sie bewegt und die Schritte zum eigenen Gebet erzählt haben.
Auch das Bild mit dem Atem fand ich sehr eingängig.
ERFpop ist wohl nur über Internet zu bekommen?
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen Karin Döscher

Gertrud-Linde W. /

Danke für Ihre Mitarbeit, lieber Simon Kümmling. Was studieren Sie denn? Werden Sie mal hauptamtlich etwas Richtung Seelsorger?
Alles Gute - GOTTES Segen - Ihnen und den anderen vom mehr

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