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© Oncken Verlag

29.05.2012 / Buchbesprechung: Ein Bibelkommentar zum Hohenlied / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Susanne Reddig

Er küsse mich mit Küssen seines Mundes

Christian Wolf schildert in seinem Kommentar „Die geerdete Himmelsmacht“ die Liebe zwischen Mann und Frau als Geschenk Gottes.

Wie hat sich Gott die Liebe zwischen Mann und Frau gedacht? Vielen Christen fallen bei dieser Frage zuerst verschiedene Gebote und Verbote ein. So, als sei die Liebe eine vorrangig gesellschaftliche oder ethische Angelegenheit. Doch Gott hat noch mehr zu diesem Thema zu sagen. Wir finden in der Bibel ein kleines, reizvolles Büchlein, das Hohelied, das für einen biblischen Text ungewohnt erotisch daherkommt.

Für manche Ohren mag das Hohelied vielleicht sogar zu anzüglich klingen. Möglicherweise ist es deshalb im Laufe der Jahrhunderte vorzugsweise rein allegorisch (d.h. sinnbildlich, gleichnishaft) ausgelegt worden: Als Bild für die Liebe Gottes zum Volk Israel oder als die Liebe Jesu zu seiner Gemeinde. Das kann eine legitime Möglichkeit der Interpretation sein.

Wie der Autor das Hohelied auslegt

Christian Wolf verfolgt in seinem Buch „Die geerdete Himmelsmacht. Das Hohelied der Liebe“ einen anderen Ansatz. Er nimmt den biblischen Text wörtlich und sieht hier die erotische Liebe zwischen Mann und Frau geschildert.

Er schreibt: „Ist es nicht wunderbar, dass ein ganzes Buch der Bibel Zeugnis gibt von der elementaren Kraft der Liebe, die vom Schöpfer selbst in unser Leben hineingelegt wurde, und die so vieles im Leben der Menschen bewegt? Die Liebe als „Himmelsmacht“, die stark ist wie der Tod (8,2), bleibt an den Schöpfer gebunden und ist mit ihrer Lust und ihrem Leid den Menschen zu treuen Händen übergeben. Gott selbst hat sie „geerdet“. (S.16)

Wie der Kommentar entstand

„Die geerdete Himmelsmacht“ ist das Ergebnis von Hebräisch-Lektürekursen am Theologischen Seminar in Hamburg. Dieses Seminar gehört zum Bund Evangelisch-freikirchlicher Gemeinden in Deutschland. Christian Wolf, Theologe und Lehrer des Alten Testamentes, bot dort Kurse zum Hohenlied an. Sie wurden unter den Studenten zu Rennern. Das Studium des hebräischen Textes offenbarte ihnen das Geheimnis der Liebe in seiner ganzen Tiefe. An diesen Erkenntnissen kann der Leser mit diesem Buch nun Vers-für-Vers teilhaben.

Die Poesie von Liebe und Leidenschaft

Das Hohelied schildert die Liebe in poetischer Sprache – bilderreich, sinnlich und zauberhaft. Dieser Poesie scheint sich Christian Wolf verpflichtet zu fühlen. Er nimmt seinen Leser gefühlvoll mit hinein in die leidenschaftliche Welt des Hohenliedes.

Blicke, Ahnungen, Düfte und Gefühle beherrschen das Bild. Das gesamte Panorama der Natur mit Landschaften, Edelsteinen und Metallen, Tieren und Pflanzen, wird entfaltet, um den erotischen Zauber der Liebe zu feiern. Christian Wolf geht in seinem Kommentar ausführlich auf diese spezielle Symbolik ein.

Bedeutung der Bildersprache

Ein Beispiel dafür ist der Garten, der die Frau symbolisieren kann. Dies wird z.B. im Hohenlied 4,12-5,1 deutlich. Dabei können die verschiedenen Bestandteile des Gartens, wie die Mauer um den Garten, Bäume, Blumen, Früchte, Düfte, Brunnen, Quellen und Wasserkanäle die Frau oder ihren Körper beschreiben. Wenn „der Freund“ „in den Garten hingeht“ um von „seinen köstlichen Früchten zu essen“, dann deutet dies auf die sexuelle Vereinigung zwischen Mann und Frau hin.

Im Alten Orient wurden diese Bilder gut verstanden, da der Garten nicht in erster Linie zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzt wurde, sondern eher der Freude diente, in Erinnerung an das Paradies, an den Garten Eden. „Eden“ bedeutet „Wonne“, der Garten Eden ist somit der „Wonnegarten“ (S.63)

Die dynamische Logik der Liebe

Der Autor verknüpft die auf den ersten Blick unzusammenhängend wirkenden Lieder des Hohenliedes zu einer fortlaufenden Geschichte mit ihrer eigenen, speziellen Logik, die durch die Dynamik der Liebe vorgegeben wird. So erhält das Hohelied von Vers zu Vers eine schlüssige Struktur. Das liest sich dann z.B. folgendermaßen (Auslegung zu Hoheslied 6,1-3):

„Doch dann: welche Überraschung! Sie weiß ja doch, wo ihr Freund hingegangen ist. Ist es ihr wieder eingefallen? Ahnt sie, dass er nur dort sein kann, wo sie sich immer getroffen haben? (…) Die Missstimmung zwischen der schönsten aller Frauen und dem schönsten Mann konnte überhaupt nicht von langer Dauer sein. Wo ist er hingegangen? Natürlich in „seinen Garten“.“ (S.79)

So geht der Leser in diesem Buch auf eine Reise durch das Land der Liebe.

Liebe entdecken leicht gemacht

„Die geerdete Himmelsmacht“ ist für alle, die ergründen wollen, wie sich Gott die Liebe zwischen Mann und Frau denkt. So kann der Leser tiefer in das Geheimnis der Liebe eindringen und darin nicht nur die menschliche Seite entdecken, sondern auch die göttliche Seite daran erahnen.

Der Autor fasst diese Verbindung folgendermaßen zusammen: „Die in der Bibel erzählte Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen, das Hohelied eingeschlossen, macht klar, dass die schönsten Liebesgedichte nicht aufgeschrieben, sondern gelebt werden. Das größte von ihnen ist die Geschichte von der Liebe, die „Fleisch“ wird.“ (S.8) Dies kann man allegorisch auf die Menschwerdung Jesu beziehen, dieser Kommentar zeigt jedoch, dass es sich auch auf die Liebe zwischen Mann und Frau anwenden läßt.

Leseprobe

 

Titel: Die geerdete Himmelsmacht. Das Hohelied der Liebe.
Autor: Christian Wolf
Verlag: Oncken
Seiten: 126
Preis: 14,95 EUR

Buch ist hier erhältlich

(Bild: oncken Verlag)

 

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (1)

Ludwig R /

Danke !
sehr Gut ! :-)
Es giebt nichts wichtigeres, außer daß Gott unsere Nr.1 sein soll. Danach kommt aber sofort die Liebe zwischen Mann und Frau. Nur wenn uns das bewußt wird, werden Ehen wieder mehr

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