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03.01.2008 / / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Yvonne Kälbli

April, April – und das im August

Der Aprilscherz – eine Frühform des verballhornenden Humors mit vermutlich christlicher Tradition. Denn der 1. April liegt manchmal in der Passionszeit – traditionsgemäß eine Spanne mit eher gedrückter Stimmung. Humoristisch gesehen ein perfektes Timing – oder doch ein Affront gegen religiöse Ernsthaftigkeit?

Der Aprilscherz ist eine Frühform des scherzhaften Humors auf Kosten Anderer. Menschen werden am 1. April „in den April geschickt“ – also veräppelt. Diese Tradition kommt vermutlich aus der christlichen Tradition – interessanter Weise! Wird den Christen doch das Fehlen jeglichen Humors nachgesagt. Doch dazu später.

Der 1. April 2004 lag ausgerechnet in der Passionszeit – traditionsgemäß eine Zeit mit eher gedrückter Stimmung. In bezug auf den Humor gesehen ein „perfektes Timing“ – oder doch ein Affront gegen religiöse Ernsthaftigkeit? Nein, so wird es dann doch nicht empfunden. Obwohl sich manche Christen tatsächlich damit schwer tun.

Der Aprilscherz

Den seltsamen Brauch, Menschen "in den April zu schicken" gibt es schon mindestens seit dem 17. Jahrhundert. Dabei werden dem Opfer erfundene Geschichten möglichst glaubwürdig untergejubelt. In den letzten Jahren auch in den Medien sehr beliebt. So kündigte Thomas Gottschalk am 1. April 2006 seine Trennung von der Show „Wetten dass...?“ an, trotz bestehendem Vertrag an – und Manager, Kollegen, sogar seine eigene Frau fielen darauf herein.

Die Herkunft des Brauchs ist unklar.
  • Eine Erklärung:
    Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 sollte das Münzwesen geregelt werden. Als es nicht dazu kam, wurde für den ersten April ein besonderer Münztag ausgeschrieben. Als auch dieser nicht stattfand verloren viele Spekulanten, die auf diesen Münztag gesetzt hatten, ihr Geld und wurden zum Gespött.
  • Nicht verbürgt ist, ob es etwas mit dem sprichwörtlichen Aprilwetter zu tun hat, von dem man sich oft genug genarrt fühlt.
  • Für den kirchlichen Bereich besonders ein Ansatz interessant:
    Der 1. April soll der Geburts- oder Todestag des Verräters Judas Iskariot sein. Unklar ist dabei die Interpretation:
    War es die Ernsthaftigkeit, die irgendwann ins Gegenteil umschlug, oder machte man sich über Judas lustig?
Lachen in der Bibel

Auf jeden Fall macht es Spaß, andere "in den April zu schicken". Und es gibt immerhin keine biblischen Einwände dagegen. Aber gibt es Lachen in der Bibel? Im Vergleich zum Umfang des Buchs nicht oft, zugegeben.

Alle Lachverse auf einen Blick
In der Bibel taucht das Wort "lachen" 20 Mal auf (Nach Luther 1984; in 19 Versen), oft in Form eines bitteren Lachens oder als Versprechen einer zukünftigen Freude angesichts aktuellen Leidens. (Stellen, siehe Liste rechts)

Auch von Jesus wird nicht berichtet, dass er mal herzhaft über einen Witz gelacht habe. Dennoch hat er auf zumindest einer Hochzeit getanzt und dort wird sicher auch gelacht worden sein. Daraus insgesamt zu schließen, der Glaube sei an sich eine trübselige Sache, wäre ein großes Missverständnis. Wir glauben immerhin an die "Frohe Botschaft", und einer der zentralen Sätze des Neuen Testaments lautet "Freut euch!" und "Fürchtet euch nicht!". Es ist oft die Rede von „Freude“ in der Bibel (210 Mal) und „fröhlich“ (147 Mal), nur nicht von dem, was wir heute so unter „Humor“ verstehen.

Die Lebensfreude, die aus der Frohen Botschaft entsteht, hat andere Dimensionen als das Erzählen eines Witzes. Das bedarf keiner weiteren Erklärungen. Aber gibt es zwischen Humor und Freude wirklich einen so großen Unterschied, dass Christen den Humor aus dem Leben verabschieden müssten? (Leider gehen ja manche Christen durchs Leben, als hätten sie nichts zu lachen...)

Humor und Freude

Das Wort Humor kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Feuchtigkeit“, „Flüssigkeit“. Die "humores" kennzeichneten im Mittelalter die Körpersäfte, die für die verschiedenen Stimmungen und Temperamente verantwortlich gemacht wurden. Daraus wurde die speziellere Bedeutung der heiteren Laune, der Fähigkeit, dem Unbill des Lebens mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.

Humor (oder Witz, Lustigkeit) ist eine Eigenschaft, etwas, das man besitzt, während Freude ein Gefühl ist, ein Empfinden, das nicht produziert werden kann. Der Satz "Ich habe Humor" hat eine völlig andere Bedeutung als "Ich habe Freude". Humor kann Freude hervorrufen, Freude bewirkt Lachen, und das Lachen ist nichts anderes als eine explosive laute Manifestation der Freude.

Osterlachen

In christlicher Tradition wird an Ostern dem Teufel vor Freude über die Auferstehung Christi mit lautem Lachen begegnet, dem so genannten Osterlachen. Die erlösten Christen lachen dem Tod ins Gesicht, weil sie wissen: Er hat seit der Auferstehung Jesu keine Macht mehr – denn wir dürfen teil haben an seiner Auferstehung.

Freude kann auch ohne Humor vorkommen (macht vielleicht nicht soviel Spaß), aber Humor ohne Freude ist bitter. Dabei ist festzustellen, dass auch der bittere, zynische Humor seinen Platz hat. Er ist oft der einzige Weg, sich gegen Unabänderliches aufzubäumen. Aber Christen wird ja nicht der Mangel an Zynismus sondern eher die Abwesenheit von Lustigkeit vorgeworfen.

Humor in der Bibel?

Die Freude ist ein wichtiger Bestandteil des christlichen Glaubens. Der Humor nicht. Den Autoren der Bibel ging es damit anscheinend schon so wie den Redakteuren der modernen Nachrichten: »normale, gute Nachrichten sind keine Nachrichten« oder im modernen Medienjargon: »Only bad news is good news«. Die "guten Nachrichten" sind zu selbstverständlich:

Natürlich ist Jesus zu einer Hochzeit gegangen, wenn er eingeladen wurde. Warum sollte man darüber Worte verlieren, wenn er dort „nichts besonderes“ getan hat – Wasser in Wein zu verwandeln zum Beispiel. Wenn er die Gelegenheit zu einer Predigt genutzt hätte, wäre dies einer Aufzeichnung wert gewesen. Fehlende Berichte bedeuten am wahrscheinlichsten, dass einfach nichts aufregendes passiert ist, dass er das getan hat, was die anderen auch getan haben: Gelacht, gefeiert und das Brautpaar hochleben lassen.

Nun muss ich gestehen: Bei diesen letzten Worten zwickt mich meine protestantische Ernsthaftigkeit. Hat sich Jesus mit so weltlichen Dingen abgegeben, er hatte doch wichtigeres zu tun.

Und muss man nicht aufpassen, welchen Humor man pflegt? Es heißt ja „Wohl dem, der nicht sitzt, wo die Spötter sitzen“. Die christliche Fröhlichkeit muss doch gewiss eine andere sein, eine tiefer gegründete, ernstere? Da hat die (kirchliche?) Tradition ganze Arbeit geleistet. Und das sogar mit guten Gründen:

In der Bibel, im Glauben geht es um das Existenzielle, um das, „worum es eigentlich geht“. Wenn ich über den Sinn meines Lebens nachdenke, und wie viel mehr wenn ich den leidenden Jesus sein Kreuz schleppen sehe, ist nicht der Augenblick für Scherze. Wenn auch – sogar dabei! – manchmal ein Augenzwinkern helfen kann, schwere Dinge zu ertragen und unaussprechliches zur Sprache zu bringen.

Aber: „Weinen hat seine Zeit, Lachen hat seine Zeit“ (Prediger 3,4). Nur weil es Wichtigeres gibt, sind die unwichtigeren Dinge nicht unnötig. Beim Bemühen, ein rechter Christ zu sein, muss nicht der Humor abhanden kommen. Leider scheint genau das in der Geschichte der Kirche passiert zu sein:

Karl Barth erzählt einmal, er habe einen „aufrichtigen frommen Mann“ getroffen, der der Meinung gewesen sei, ein Christ dürfe nie scherzen.

In Umberto Ecos Roman "Der Name der Rose" wird beschrieben, wie ein Mönch lieber ein ganzes Kloster abfackelt, als eine aristotelische Schrift über die Komödie in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, denn „das Lachen befreit den Bauern von seiner Angst vor dem Teufel.“ Hier wird vor lauter Angst vor dem Teufel das „Freut euch!“ ganz vergessen.

Vor lauter Angst, einen „falschen“ Humor zu pflegen, und Gott damit irgendwie zu beleidigen, lässt man ihn lieber ganz bleiben. Die Angst ist der natürliche Feind des Lachens, der Freude und des Glaubens. Das Lachen hingegen besitzt eine entlarvende, manchmal erlösende, Kraft, die auch in den Evangelien genutzt wird.

...und sie lacht doch

In der Bibel kommt eben doch einiges an Witz vor, er erschließt sich nur auf Grund des zeitlichen Abstandes nicht mehr so einfach. Oft sind die Geschichten zu bekannt, so dass wir sie nur noch aus der gleichen, langweilig gewordenen Perspektive sehen können. Wir sind es zu sehr gewohnt, die Bibel brav und ernst zu lesen. Der Inhalt wird zunehmend moralisiert und der Kern mit der Prise Humor gewürzt kommt allzu öde daher.

Sogar lakonischer Humor ist zu finden: Das Bild vom „Balken im eigenen Auge“ (Matthäus 7,3) steht zwar in ernstem Zusammenhang, ist aber, wenn man es sich bildlich vorstellt, ziemlich verschroben.

Der folgende Satz sprüht zwar nicht vor Witz, aber schmunzeln mag ich schon darüber:
Im Gleichnis vom bittenden Freund wirt dieser seinen Kumpel um Mitternacht aus dem Bett wirft, weil er ganz dringend noch drei Brote braucht. „Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, dann wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, soviel er bedarf.“ (Lukas 11,8) Hier kann ich mir gut einen ebenso müde wie genervt dreinblickenden Menschen vorstellen. Klassische Situationskomik. Lies diesen abschnitt einmal und versuche Dir vorzustellen Stan Lauren und Oliver Hardy alias „Dick und Doof“ spielten die Szene...

Erinnerst Du Dich an die TV-Serie „Timm Thaler“ aus dem 80er Jahren? Sie handelte von einem Jungen, der sein Lachen (!) an den Teufel (!!) verkauft hat, weil der keines hatte. Der Teufel lacht nicht... oder nur aus Schadenfreude?

Schließlich sagt Jesus den vielzitierten Satz, bei dem wir Erwachsene so milde lächeln können: „Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Und was tun Kinder, im Gegensatz zu uns Erwachsenen? Stell Dir doch mal spielende Kinder ohne Lachen vor...
Richtig: Kinder spielen, lachen und sind grundlos fröhlich. Und treiben Erwachsene mit Streichen und der pausenlosen Fragerei in den Wahnsinn. Irgendetwas sagt mir, dass Gott genau das ziemlich witzig findet.

Die entscheidende Frage „Hat Gott Humor?“ lässt sich ganz einfach beantworten:
Wie sollte er nicht, er hat ihn schließlich erfunden.

Betrachten Sie nur mal ein Faultier, oder einen Pinguin – die Geschmäcker sind da verschieden, wie eben jeder seine Art von Humor hat. Wahrscheinlich tun wir Gott einfach (mal wieder) Unrecht, wenn wir ihn so feinsäuberlich aus den Gebieten unseres Lebens raushalten, in denen wir Spaß haben.

Fazit

Schicken wir doch mal wieder jemanden in den April (und weil gerade August ist: Veräppeln wir doch mal wieder jemanden) – das zeugt von Humor. Oder lassen wir uns veräppeln – das zeugt von mehr Humor.

Und um die christliche Humorfähigkeit zu beweisen:

Wie lautet die Telefonnummer von Gott?

"5015"!

Denn im Psalm 50,15 steht: "Rufe mich an in der Not." 


(Das Original dieses Artikels von Yvonne Kälbli ist unter dem Titel "April, April - Humor und Christentum" in auf www.ekiba.de in der Rubrik Glaube aktuell vom 27.03.04 erschienen und wurde für jesus-online.de von Martin Mandt bearbeitet.)

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Kommentare (1)

B.M. H. /

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