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21.04.2023 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Katja Völkl

Diakonie-Präsident Lilie: Schattenseiten der Diakonie- Geschichte in den Blick nehmen

…der Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion.

 

 

Die geplante Krankenhausreform ist nicht verfassungskonform. Am Samstag öffnet die diesjährige ökumenische Woche für das Leben, die Diakonie feiert 175-jähriges Jubiläum und das Netzwerk „Healing Culture“ will die heilende Kraft von Kultur fördern. Das sind unsere Themen im Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion, zusammengestellt von Katja Völkl.

ERF: Wir starten mit einer Nachricht aus der Gesundheitspolitik: Die geplante Krankenhausreform ist nicht verfassungskonform.

Katja Völkl: Das klingt fast wie der Anfang eines Gedichts. Ist aber ganz unpoetisch. Denn ein Rechtsgutachten besagt, dass die Reform die Zuständigkeiten der Länder zu stark beschneiden würde.

Das Gutachten erstellte der Augsburger Verfassungsrechtler Professor Ferdinand Wollenschläger im Auftrag der Landesregierungen Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.

 

Rechte der Länder durch Reform beschnitten

ERF: Wie begründet er sein Urteil?

Katja Völkl: Wollenschläger sagt, dass den Ländern bei einer Krankenhausreform „Kraft Verfassungsrecht“ eigene und umfassende Gestaltungsspielräume bleiben müssen.

Das verfassungsrechtliche Problem sieht er darin, dass der Bund zuerst die Versorgungslevel festlegen will. Dadurch werden die Vergütungsrahmen für die einzelnen Kliniken festgelegt. Die sind wiederum maßgeblich für das, was ein Krankenhaus anbieten kann.

Somit bekommen diese Vergütungsregelungen eine erhebliche Planungsrelevanz. Dadurch wäre die „Planungsbefugnis der Länder“ in einem Ausmaß beschnitten, dass diese kaum noch Gestaltungsspielräume hätten.

 

„Gutachterstreit darf Krankenhaussterben nicht verlängern“

ERF: Was sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach dazu?

Katja Völkl: Er begrüßt das Gutachten im Grundsatz. Allerdings meint er, dass es sich mit überholten Reformplänen befasst und von anderen Gutachtern nicht bestätigt wird. Die Diskussion sei inzwischen wesentlich weiter.

Zusammen mit den Ländern werde die Bundesregierung „die dringend notwendige Reform erarbeiten. Der übliche Gutachterstreit darf und wird das Krankenhaussterben nicht verlängern“, so Lauterbach.

ERF: Sag nochmal kurz was zum Hintergrund der Krankenhausreform.

Katja Völkl: Kern der geplanten Krankenhausreform ist, die seit mehr als 20 Jahren existierenden Fallpauschalen zu ergänzen. Das Vorhalten von Leistungen soll besser vergütet werden. Damit soll es weniger unnötige Eingriffe geben, die nur aus Profitgründen durchgeführt werden.

Zudem sollen sich künftig kleinere Kliniken mit niedrigerem Versorgungslevel auf eine Grundversorgung konzentrieren. Und die großen, spezialisierten Kliniken, sollen dann die komplexeren Eingriffe vornehmen.

 

Start in die Woche für das Leben 

ERF: Schauen wir mal nach Osnabrück, dort öffnet morgen, am Samstag, die diesjährige ökumenische Woche für das Leben mit einem Gottesdienst.

Katja Völkl: Und zwar um 17h im Osnabrücker Dom. Diesmal stellt die ökumenische Aktion die Lebenssituation junger Menschen zwischen 15 und 30 Jahren in den Mittelpunkt. Das Motto lautet „Generation Z(ukunft). Sinnsuche zwischen Angst und Perspektive“. Das Ganze geht bis zum 29.April.

ERF: Gestaltet wird der Eröffnungsgottesdienst von der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, und dem Diözesanadministrator des Bistums Osnabrück, Weihbischof Johannes Wübbe.

Katja Völkl: Kurz zum Hintergrund: Die „Woche für das Leben“ ist eine ökumenische Initiative der evangelischen und katholischen Kirche und gibt es seit mehr als 25 Jahren. Sie steht für den Schutz und die Würde des Menschen vom Lebensanfang bis zum Lebensende.

 

Diakonie feiert 175-jähriges Jubiläum

ERF: Es gibt etwas zu feiern: In diesem Jahr begeht die Diakonie ihr 175. Jubiläum. Aus diesem Anlass fand gestern in Bielefeld eine Tagung statt.

Katja Völkl: 175 Jahre ist schon eine beachtliche Zeit, wenn man zurückblickt. Und da will Diakonie-Präsident Ulrich Lilie auch durchaus kritisch sein und die Schattenseiten der eigenen Geschichte in den Blick nehmen.

Die organisierte Diakonie habe positive Traditionslinien hervorgebracht, aber in den 175 Jahren ihres Bestehens seien auch immer Abwege beschritten worden.

ERF: Was meint er damit konkret?

Katja Völkl: Ulrich Lilie bezieht sich auf die sogenannte Euthanasie im Nationalsozialismus sowie Missbrauch und Übergriffe in Erziehungsheimen.

 

Auseinandersetzung mit den Schattenseiten der Geschichte

ERF: Wie soll die Auseinandersetzung mit diesen Themen aussehen?

Katja Völkl: Heute befassen sich Expertinnen und Experten aus den Bereichen Geschichte, Diakoniewissenschaft und Theologie mit diesen Themen. Und zwar unter dem Titel „Ordnung und Freiheit - Ambivalenzen in der Geschichte der Diakonie“. Übrigens sagte Ulrich Lilie noch etwas, das ich wirklich beeindruckend finde.

Ich zitiere: „Wir sind als Diakonie nicht automatisch die Guten, weil wir irgendwie moralisch besser wären als andere Menschen. Was die Diakonie von anderen unterscheidet, ist, dass wir evangelisch sind. Das bedeutet, das Bestmögliche in unserer Arbeit mit den Menschen zu bewirken. Dazu gehört auch, Verantwortung dafür zu übernehmen, immer wieder nicht genügen zu können, schuldig zu werden und aus der Vergebung zu leben.“ Ein Satz, den ich mir gerne merken möchte.

 

Bürgerbegehren gegen finanzielle Zuschüsse für Kirchentag 2027 scheitert

ERF: Jetzt im Juni findet in Nürnberg der evangelische Kirchentag 2023 statt. Aber auch der Kirchentag 2027 steht schon in der Planung. Das stößt jedoch nicht nur auf Begeisterung.

Katja Völkl: Stimmt. Es gab ein Bürgerbegehren gegen finanzielle Zuschüsse der Stadt Düsseldorf für den Kirchentag. Das wird allerdings voraussichtlich scheitern, weil nicht genügend Stimmen zusammenkommen.

Um bei einem Bürgerentscheid abstimmen zu lassen, müssten 3% der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Düsseldorfs unterschreiben. Das sind rund 14.120 Unterschriften. So viele sind bislang offenbar nicht zusammengekommen. Und die Frist endet heute.

ERF: Wenn es hier um finanzielle Zuschüsse geht, von welcher Summe sprechen wir denn hier?

Katja Völkl: Der Stadtrat von Düsseldorf will den Kirchentag 2027 mit Zuschüssen in Höhe von 4,3 Millionen Euro sowie Sachleistungen in Höhe von 1,5 Millionen Euro unterstützen. Es werden mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher erwartet.

ERF: Was sagen denn die Kirchenvertreter dazu, dass der Kirchentag 2027 in Düsseldorf stattfindet?

Katja Völkl: Thorsten Latzel, der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, freut sich schon sehr auf die Veranstaltung. Er sagte gestern via Twitter, die Kirchentage seien „von jeher ein wichtiger Beitrag für eine offene, demokratische Gesellschaft gewesen.“

So wird der Kirchentag auch in Düsseldorf wieder ein „Forum für Zukunftsfragen unserer Gesellschaft und ein Fest für alle“ sein.

 

Netzwerk „Healing Culture“ will die heilende Kraft von Kultur fördern

ERF: Zum Schluss noch eine Meldung aus Kultur und Gesellschaft: Ein neues bundesweites Netzwerk will die heilende Kraft von Kultur fördern.

Katja Völkl: Dazu hat sich in Kaiserslautern der Trägerverein „Healing Culture Network“ gegründet. Ziel ist es, Partnerschaften zwischen verschiedenen Akteuren aufzubauen. Z.B. aus der Gesundheitsversorgung und Pflege, von Kulturschaffenden sowie Gesundheits-, Sozial- und Kultureinrichtungen, Forschung und Lehre sowie der Politik und Gesellschaft.

 

Ganzheitliche Perspektive auf Gesundheit und Wohlbefinden

ERF: Das klingt schonmal gut. Welche Idee steckt dahinter?

Katja Völkl: Menschen, die nicht oder nicht mehr medizinisch therapiert werden können, sollen sich gemeinsam mit anderen treffen, etwas Schönes erleben oder auch selbst kreativ werden können. Das Netzwerk will auch Fördermöglichkeiten unterstützen, Formate für Wissenstransfer entwickeln sowie eine Daten- und Wissensbasis aufbauen.

Der Verein will zu einer „ganzheitlichen Perspektive auf Gesundheit und Wohlbefinden“ beitragen und daran interessierte Menschen und Institutionen auch auf internationaler Ebene miteinander verbinden.

Denn Kunst und Kultur unterstützten die Gesundheit. In Großbritannien, Kanada und mehreren skandinavischen Ländern wird sogar „Kultur auf Rezept“ verschrieben. Da können erkrankte Menschen umsonst ins Konzert, Theater oder ins Museum gehen.

 

ERF: Und das Wochenende ist dazu ja eine gute Gelegenheit. Das war der Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion. Wir wünschen Ihnen ein schönes Wochenende und sagen tschüss, ihr David Sander und Katja Völkl.

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Redakteurin und Moderatorin

Die gebürtige Münsteranerin ist für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

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