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03.02.2023 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Katja Völkl

Mehr Frauen in die Wissenschaft

…der Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion.

 

 

Im Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion widmen wir uns heute ausschließlich dem Thema Frauen und Mädchen in der Wissenschaft. Denn morgen, am 11.02.2023, ist der Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft.

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat diesen Tag ins Leben gerufen. Denn noch immer sind Frauen in den Wissenschaften unterrepräsentiert. Sie machen nur ein Drittel aller weltweit in der Wissenschaft Beschäftigten aus. Katja Völkl aus der Aktuell-Redaktion hat die Fakten zusammengestellt.

 

ERF: Katja, wie sieht es denn momentan aus mit der Verteilung der Geschlechter in der Wissenschaft?

Katja Völkl: Das UNESCO-Institut für Statistik erhebt regelmäßig Daten zum Frauenanteil in der Wissenschaft. Allerdings stammen die Zahlen, die ich gefunden habe, aus dem Jahr 2016. Danach betrug der Frauenanteil in der Wissenschaft weltweit 29,3 %. Deutschland liegt innerhalb der EU mit genau 28 % nur knapp vor dem Schlusslicht Niederlande.

Nur in vier (süd-)osteuropäischen Ländern ist es einigermaßen ausgeglichen. Im südlichen und westlichen Asien lag er bei gerade mal 18,5 %. Das zeigt, wie viel Forschungspotenzial durch die fehlenden Frauen eigentlich verschenkt wird.

 

ERF: Woran liegt es denn, dass hochqualifizierte Frauen in der Wissenschaft und dort auch in den Führungspositionen unterrepräsentiert sind?

Katja Völkl: Generell ist es so: von Studienbeginn über Hochschulabschluss, Promotion und Professur steigen immer mehr Frauen aus. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat sich damit beschäftigt.

Sie sagt: Das liegt vor allem an der Familiengründungsphase im Alter zwischen 30 und 40 Jahren als Hauptfaktor für den schwindenden Frauenanteil im Laufe der wissenschaftlichen Karriere. Viele Frauen schaffen es noch, ihren Doktor mit einem Kind zu machen, aber danach wird es schwieriger
 

Frauen nicht Schuld

ERF: Heißt das, dass es an den Frauen selbst liegt, dass ihre Beteiligung an Wissenschaft und Forschung so gering ist?

Frauen bekommen seltener eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin als Männer. Und sie sind häufiger als ihre männlichen Kollegen von Befristungen und Teilzeitbeschäftigungen betroffen. Solche unsicheren und instabilen Arbeitsbedingungen hindern Frauen daran, eine wissenschaftliche Karriere anzustreben. Und das steht dann auch wieder in Beziehung zur Familienplanung.

 

ERF: Wie könnte der Frauenanteil in der Wissenschaft erhöht werden und was wird schon getan?

Katja Völkl: Die Karrieremöglichkeiten in der Wissenschaft müssten flexibler und zeitgemäßer werden. Junge Doktorandinnen mit Kindern müssen entlastet werden.

Nachwuchswissenschaftlerinnen müssten zudem mit gezielten Mentoring-Programmen stärker begleitet und gefördert werden, die auf ihre besonderen Herausforderungen eingehen.
 

Frauen sind Vorbild

ERF: Nun gibt es ja durchaus Frauen in der Wissenschaft, inwieweit haben diese einen Einfluss auf die Karriereplanung von jüngeren Frauen?

Katja Völkl: Wissenschaftlerinnen sind tatsächlich wichtige Vorbilder. Renommierte Preise tragen dazu bei, dass Frauen in der Wissenschaft mit ihren Spitzenleistungen sichtbar und anerkannter werden.

Dazu gibt es beispielsweise das Programm L'Oréal -UNESCO für Frauen in der Wissenschaft. Dabei werden seit 23 Jahren herausragende Forscherinnen durch die jährliche Vergabe von Preisen und Forschungsstipendien gewürdigt, um die Wahrnehmung davon zu ändern, dass nicht nur Männer hochrangige Forschungsleistungen erbringen.


Negativbeispiel Afghanistan

ERF: Was auf der einen Seite eine gute Entwicklung ist, zeigt in einem anderen Land absolute Rückschritte: In Afghanistan haben die Taliban nach ihrer Machtübernahme im vergangenen Jahr die Rechte von Frauen und Mädchen massiv eingeschränkt.

Katja Völkl: Seit Mitte 2022 dürfen Frauen keinen Sport mehr treiben und die weiterführenden Schulen für Mädchen wurden geschlossen. Seit November 2022 dürfen sie noch nicht mal öffentliche Parks betreten.

Im Dezember wiesen die Taliban alle in- und ausländischen Nichtregierungsorganisationen an, keine Mitarbeiterinnen einzustellen. Außerdem zwangen sie alle Universitäten dazu, bis auf weiteres keine Studentinnen aufzunehmen. So berichtet es Amnesty International.

 

ERF: Und dieses Vorgehen der Taliban hat katastrophale Folgen für das Land.

Katja Völkl: Richtig. Viele Frauen haben bei den internationalen Nicht-Regierungs-Organisationen gearbeitet. Dazu gehören Save the Children und CARE. Da die Frauen dort nicht mehr mithelfen dürfen, kann die Gesundheitsversorgung und Ernährungshilfe nicht mehr gewährleistet werden, die durch diese Organisationen erfolgen.

Hier kann man sagen: Die humanitäre Katastrophe ist im Grunde vorprogrammiert. Handfester können die Folgen gar nicht sein, wenn man aus ideologischen und religiösen Gründen die Hälfte der Menschheit ausklammert.


Internationaler Protest

ERF: Gibt es denn internationale Reaktionen dazu über das Vorgehen der Taliban?

Katja Völkl: Ja, es gibt eine Gemeinsame Erklärung verschiedener Außenministerinnen und Außenminister über die Entscheidung der Taliban, Frauen von Universitäten auszuschließen. So verurteilen unter anderem die Außenministerinnen und Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens, der Vereinigten Staaten und der Hohe Vertreter der Europäischen Union das Vorgehen der Taliban aufs Schärfste.

Sie betonen, wie wichtig die Frauen für die wirtschaftlichen und humanitären Bedarfe des Landes sind und drohen Konsequenzen an, ohne jedoch konkret zu werden. Das Problem ist ja: Sanktionen wie z.B. Hilfsprojekte einzustellen, bestraft nicht die Taliban, sondern trifft die Bevölkerung.

 

ERF: Was können wir denn tun, um den Frauen und Mädchen zu helfen?

Katja Völkl: Ich denke, in der internationalen Staatengemeinschaft wird es Gespräche und Verhandlungen mit den Taliban geben.

Das ist etwas, wofür wir beten können: Dass solche Gespräche wirklich stattfinden, dass es gute und konstruktive Lösungen gibt und die Situation für Frauen und Mädchen wieder verbessert wird – letztendlich zum Wohle aller im Land. Und auch hierzulande ist noch viel zu tun, damit Frauen ihr Potenzial zum Wohle alle besser ausschöpfen können.

 

ERF: Und das war der Freitagstalk der ERF Aktuell-Redaktion heute zum Thema Frauen und Mädchen in der Wissenschaft – mit Hintergründen zur Situation von Frauen in der Wissenschaft. Die Infos dazu hatte Katja Völkl. Wir wünschen Ihnen ein angenehmes Wochenende. Tschüss und bleiben Sie wissbegierig!

Das wünschen Ihnen Katja Völkl und Andreas Odrich.

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Redakteurin und Moderatorin

Die gebürtige Münsteranerin ist für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

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