
29.07.2022 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 4 min
Autor/-in: Andreas OdrichNotfall Waldbrand: Seelsorge gefragt
Der Freitagstalk des ERF Aktuell-Teams.
Diakonie und Verbraucherzentralen fordern mehr Einsatz der Bundesregierung für Geringverdienenden und Rentner, Menschen in Somalia sind aufgrund der Folgen des Ukraine-Krieges und des Klimawandels von Hungerkatastrophe bedroht, Parlamentariergruppe fordert, pränatale Diagnostik darf nicht zur Pflicht werden,
Seelsorgerinnen und Seelsorger bei Betroffenen und Einsatzkräften von Waldbränden in Sachsen gefragt – die Themen der Aktuell-Redaktion für diesen Freitagstalk, zusammengestellt von Andreas Odrich.
ERF: Andreas, Die Themen Inflation, Energiekrise und Verschuldung reißen nicht ab, und werden uns noch länger beschäftigen.
Andreas Odrich: Einige Experten sehen durch die Inflation und die explodierenden Energiepreise bereits den sozialen Frieden in unserem Land gefährdet. So der Präsident der evangelischen Diakonie Ulrich Lilie. Schon jetzt seien viele Menschen verzweifelt, weil sie ihre Lebensmittel nicht mehr bezahlen könnten, so Lilie heute Morgen im Deutschlandfunk.
Fünfmal mehr betroffen
ERF: Dazu hat er eine Zahl vorgelegt, die zeigt, dass wieder einmal Menschen mit geringem Einkommen am stärksten betroffen sind.
Andreas Odrich: Ja, und zwar fünfmal stärker als diejenigen, die die höchsten Einkommen haben. Das kann man sich auch leicht denken. Wer ohnehin schon mit schmalem Portemonnaie den Lebensunterhalt seiner Familie oder das eigene Rentenleben gestalten musste, kommt jetzt erst recht an seine Grenzen.
Deshalb fordert Lilie auch angesichts der hohen Gas- und Lebensmittelpreise einen sogenannten Krisenzuschlag für arme Haushalte. 100 Euro soll es für ein halbes Jahr lang für alle Transferhilfe-Empfänger und Menschen mit niedriger Rente geben, so die Idee des Diakoniepräsidenten Ulrich Lilie.
ERF: Ob seine Idee allerdings umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Mehr Tempo und mehr Druck in Sachen Unterstützung von Geringverdienern gibt es auch von den Verbraucherzentralen.
Andreas Odrich: „Die Bundesregierung soll aufhören zu streiten und stattdessen neue Hilfspakete schnüren“ sagt deshalb auch die Präsidentin der Verbraucherzentralen, Ramona Pop. „Unsere Verbraucherzentralen leisten inzwischen nicht nur Beratung, sondern Sozialarbeit, weil die Menschen verzweifelt sind,“ sagte Pop den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Da klafft eine große Gerechtigkeitslücke, das geht so nicht“ sagt Popp weiter.
Sie fordert unter anderem ab September ein Nahverkehrsticket für 29 Euro. Die Grünen-Politikerin gehörte übrigens noch im vergangenen Jahr als Wirtschaftssenatorin und stellvertretende Regierende Bürgermeisterin der Berliner Landesregierung an, und weiß deshalb wahrscheinlich am besten, dass man den aktiv regierenden Politikerinnen und Politikern öfter mal Dampf machen muss.
Hungersnot in Ost-Afrika
ERF: Wie groß die Herausforderungen sind, sieht man daran, was einige Hörerinnen mir geschrieben haben, wie sie im täglichen Leben versuchen zu sparen. Dazu dann mehr am Montag in Aufgeweckt auf ERF Plus.
Andreas Odrich: Gleichzeitig sind wir aber weiter herausgefordert, die weltweite Lage nicht aus dem Blick zu verlieren. So hat das Kinderhilfswerk Worldvision darauf hingewiesen, dass in Somalia, Ostafrika, im fünften Jahr in Folge der Regen ausfallen könnte. Sieben Millionen Menschen wären davon direkt betroffen, und dürfen nicht vergessen werden, so Worldvision.
ERF: Wichtig bei allem bleibt auf jeden Fall, dass wir die Not der einen nicht gegen die Not der anderen ausspielen.
Andreas Odrich: Deshalb ist es gut, weiterhin global zu denken, so wie es die großen internationalen Hilfswerke tun. Mehr denn je gilt es zu beachten: Wir haben nur eine Erde, und die bewohnen wir gemeinsam.
Keine Diagnoseroutine
ERF: Keine Sommerpause macht auch die Bundespolitik, auch wenn offiziell Parlamentsferien sind. Einige Abgeordnete haben sich des Themas vorgeburtliche Diagnostik angenommen.
Andreas Odrich: Und zwar parteiübergreifend. Sie setzen sich dafür ein, dass vorgeburtliche Tests etwa auf Trisomie 21, dem sogenannten Downsyndrom, nicht zur Routine werden. Seit Juli übernehmen die Kassen die Kosten für den Test in begründeten Fällen.
Die Abgeordneten fürchten, dass die Tests sich aufgrund der Sorge vor einem Kind mit Behinderung ausweiten könnten und zur Standarduntersuchung werden , zumal weitere vorgeburtliche Tests im Blick auf weitere Behinderungen in Vorbereitung seien.
Zu den Parlamentarierinnen und Parlamentariern gehören unter anderem die Grünenpolitikerin Corinna Rüffer, die den Antrag vorgelegt hat, die SPD-Abgeordnete für den Lahn-Dill-Kreis, Dagmar Schmidt, und der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe.
Seelsorger gefragt
ERF: Blicken wir noch auf die Waldbrände in Deutschland, die in den letzten Tagen die Einsatzkräfte in Atem gehalten haben.
Andreas Odrich: Und genau für sie, wie für die Betroffenen, die ihre Häuser verlassen mussten, sind zahlreiche Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger im Einsatz. Das hat die sächsische Landeskirche mitgeteilt.
Pfarrerinnen und Pfarrer von Gemeinden in der Sächsischen Schweiz kümmern sich um Betroffene der Waldbrände. Das geht von Seelsorgegesprächen über Verpflegung bis hin zu Spendenaktionen auch für die Betroffenen. Der Wald ist in den betroffenen Regionen ein hohes Gut, er ist wichtig für das Klima, aber er spielt auch eine Rolle im Tourismus.
Kein Wunder, dass die Feuerwehrkräfte Tag und Nacht unermüdlich gegen die Flammen gekämpft haben, wie der Leiter der sächsischen Notfallseelsorge, Mathias Große, dem evangelischen Pressedienst mitgeteilt hat.
Beten und Fußballschauen
ERF: Ganz bestimmt ist es deshalb gut, an diesem Wochenende an die vielen Herausforderungen und vor allem die Betroffenen und alle, die sich für sie einsetzen, im Gebet zu denken. Am Sonntagabend werden dann aber sicherlich viele auch vor dem Fernseher sitzen.
Andreas Odrich: Ja, denn der Frauenfußball macht Quote. Über 12 Millionen haben die Übertragung des Halbfinales des Deutschen Teams gegen Frankreich verfolgt. Und da dürfte für gute Stimmung und Spannung auch diesen Sonntag beim Endspiel der deutschen Frauen gegen ihre englischen Kolleginnen gesorgt sein.
ERF: Und darauf freuen sich Andreas Odrich und Katja Völkl vom Team ERF Aktuell sowie Wolfgang Henrich in der Technik und wünschen Ihnen ein friedliches, unbeschadetes Wochenende und viel Freude beim Frauenfußballgucken.
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