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15.07.2022 / Wochenrückblick / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Katja Völkl

Früherer Synagoge droht Abriss

Der Freitagstalk des ERF Aktuell-Teams.

 

 

Gedenken an die Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal, Freispruch in Sachen Kirchenasyl für Ordensschwester, Schutz für frühere Synagoge, Furcht vor Zunahme religiöser Intoleranz in den USA und positive Halbzeitbilanz der Passionsspiele in Oberammergau. Damit herzlich willkommen zum Freitagstalk der ERF Aktuell Redaktion, am Mikrofon Andreas Odrich. Die Themen zusammengestellt hat Katja Völkl.


ERF: Gestern vor einem Jahr kam es in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu einer schweren Flutkatastrophe. Dabei starben mehr als 180 Menschen. Vertreter aus Politik, Kirchen und Hilfsorganisationen haben gestern gemeinsam mit Betroffenen der Opfer gedacht, unter anderem zusammen mit dem Bundespräsidenten.

Katja Völkl: Frank-Walter Steinmeier würdigte vor allem das Engagement und Durchhaltevermögen der Menschen in den Flutgebieten. Außerdem rief er dazu auf, den Menschen unbürokratisch zu helfen. Er könne sich vorstellen, dass viele Menschen „das Gefühl haben, dass vieles zu lange dauert, zu langsam vorangeht,“ sagte Steinmeier nach einem ökumenischen Gottesdienst in Euskirchen.

Und weiter: „Es ist sichtbar, was die Menschen trotz des unermesslichen Schmerzes und der Verzweiflung angesichts der vielen Verluste geleistet haben. Und davor habe ich enormen Respekt“, so Steinmeier wörtlich.


ERF: Der schleppende Wiederaufbau zog sich dabei wir ein roter Faden durch die Reden.

Katja Völkl: Ja, z.B. auch bei Landrätin Cornelia Weigand. Sie sagte: „Am Ende aller Worte bleibt noch so viel Trauer. Die Brachen überall in unserem Tal sind auch in unseren Herzen.“ Die Herausforderungen verlangten von den Menschen so große Kräfte, dass viele daran zweifelten, der Aufgabe gewachsen zu sein.

Außerdem schilderten mehrere Flutopfer bei der Gedenkfeier ihre Erlebnisse in der Unglücksnacht, ihre Erschöpfung aber auch die erlebte Hilfsbereitschaft.
 

Ordensschwester freigesprochen

ERF: Kommen wir zu einem anderen Thema, das immer wieder für Kontroversen sorgt - Freispruch für eine Ordensschwester, die zwei geflüchteten Frauen Kirchenasyl gewährt hat. Katja, worum geht’s?

Katja Völkl: Die Ordensschwester Juliana Seelmann hat zwei Nigerianerinnen Kirchenasyl im Kloster der Oberzeller Franziskanerinnen bei Würzburg gewährt. Dafür hatte das Amtsgericht zunächst eine „Verwarnung mit Strafvorbehalt“ gegen sie ausgesprochen. Sie sollte im Zusammenhang mit der Verwarnung 500 Euro an eine gemeinnützige Organisation zahlen.

Sowohl die Ordensschwester als auch die Staatsanwaltschaft Würzburg haben nach der Entscheidung im Sommer 2021 Berufung eingelegt. Die beschuldigte Franziskanerin hat sich vor Gericht von Anfang an auf ihren christlichen Glauben und auf ihr Gewissen berufen. Und nun ist sie gestern vom Landgericht Würzburg im Berufungsverfahren wegen dieses gewährten Kirchenasyls freigesprochen worden.
 

Parkplätze statt Synagoge?

ERF: Bei unserem nächsten Thema geht es um eine vom Abriss bedrohte frühere Synagoge in Detmold.

Katja Völkl: Die verfallende Synagoge stammt aus dem 17. Jahrhundert. Sie befindet sich in der Innenstadt von Detmold. Der Eigentümer will das Bethaus abreißen und an gleicher Stelle Parkplätze bauen lassen. Versuche der Stadt, das Gebäude zu kaufen, sind wohl bislang erfolglos geblieben. Der Eigentümer des Gebäudes ist ein Rechtsanwalt, der mehreren bekannten Rechtsextremen vor Gericht juristischen Beistand geleistet haben soll.

Nun hat sich der Grünen-Politiker Volker Beck in die Debatte eingeschaltet. Er ist Geschäftsführer des „Tikvah Instituts“ in Berlin, das sich mit Antisemitismus beschäftigt. Und Beck befürchtet, dass der Eigentümer wegen seiner Sympathien für rechte Ideologien dieses Zeugnis jüdischen Lebens auslöschen will.

Das dürfe man nicht zulassen, sagt Beck. „Das Alter des Baues und seine historische Bedeutung sollte hinreichen, um mithilfe des Denkmalschutzes das Gebäude zu erhalten und für eine angemessene Nutzung zu sichern“, so Beck.


ERF: Wie will er das denn erreichen?

Katja Völkl: Volker Beck hat ein Einschreiten der nordrhein-westfälischen Landesregierung gefordert. Ministerpräsident Hendrik Wüst soll die oberste Denkmalbehörde anweisen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um einen Abriss zu verhindern und die Enteignung des Gebäudes einzuleiten. So heißt es in einem Brief von Beck an Ministerpräsident Wüst.
 

Nimmt religiöse Intoleranz in den USA zu?

ERF: Kommen wir zu einer Umfrage aus den USA: Christen in den USA sind besorgt über eine wachsende religiöse Intoleranz.

Katja Völkl: Das evangelikale Institut Lifeway Research hat eine Erhebung durchgeführt. Dabei erklärten 59 Prozent der Befragten, US-amerikanische Christen würden zunehmend mit Intoleranz konfrontiert. 84% der evangelikalen Christen, 69% der Protestanten und 59% der Katholiken sprachen bei der Befragung von wachsender Intoleranz gegenüber Christen.

Interessant dabei: 53% der Angehörigen nicht-christlicher Religionen und 41% der Menschen ohne religiöse Bindung sahen das genauso. Außerdem gab etwas mehr als die Hälfte (54%) der Befragten an, dass ihrer Ansicht nach die Religionsfreiheit in den USA schwindet.


ERF: Wurden mögliche Ursachen dafür genannt?

Katja Völkl: Das wurde aus der Umfrage leider nicht deutlich. Allerdings hat das Institut noch eine andere Zahl vorgelegt. Mehr als ein Drittel der Befragten sind demnach der Meinung, dass Christen in den USA sich zu viel über Diskriminierung und Benachteiligung beschwerten. Besonders Menschen ohne religiöse Bindung äußerten diese Kritik. Insgesamt wurden für die Erhebung 1.005 US-Amerikaner online befragt.
 

Passionsspiele Oberammergau laufen gut

ERF: Zum Schluss schauen wir noch nach Oberammergau. Der Leiter der Passionsspiele Oberammergau, Christian Stückl, zieht eine erste positive Bilanz nach der Passionsspiel-Halbzeit.

Katja Völkl: Ja, trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie ist er zufrieden mit der ersten Hälfte der Festspiele. Die Darsteller sind Stückl zufolge auch nach 50 Vorstellungen immer noch mit Ernst bei der Sache und hoch konzentriert.

Auch beim Publikum kommt die diesjährige Passion offenbar an: Die Gesamtauslastung im Theater beträgt pro Vorstellung 85 bis 90 Prozent. Stückl sagte wörtlich laut epd-Meldung: „Wir sind froh, dass es so rausgegangen ist. Wir müssen wirklich dankbar sein.“

Allerdings gab es wohl auch viele Corona-Fälle bei den Darstellern. In der Spitze bis zu 20 am Tag. Einmal seien die Darsteller der zwei Verbrecher am Kreuz gleichzeitig krank gewesen. Dafür seien dann zwei Apostel-Darsteller eingesprungen und hätten am Kreuz hängen müssen. Es hat aber wohl alles gut geklappt.


ERF: Und nicht zu vergessen: Oberammergauer Festspiele haben eine fast 400 Jahre alte Tradition.

Katja Völkl: Genau. Die geht zurück auf ein Gelübde aus dem Jahr 1633. Als die Pest in vielen Teilen Europas wütete. Die machte natürlich auch vor dem oberbayerischen Dorf Oberammergau nicht halt. Seine Bewohner gelobten damals, in jedem zehnten Jahr das Leiden und Sterben Christi aufzuführen, wenn nur niemand mehr an der Pest sterben sollte.

Das Dorf wurde erhört, und so spielten die Oberammergauer 1634 das erste Passionsspiel. Und im Jahr 2022 haben Sie noch bis zum 2. Oktober die Möglichkeit, sich eine Vorführung anzusehen.


ERF: Und mit dieser Empfehlung verabschieden wir uns ins Wochenende. Eine gesegnete Zeit wünschen Ihnen Katja Völkl und Andreas Odrich.
 

 Katja Völkl

Katja Völkl

  |  Redakteurin und Moderatorin

Die gebürtige Münsteranerin ist für aktuelle Berichterstattung zuständig. Von Hause aus ist sie Lehrerin für Deutsch und Philosophie und Sprecherzieherin. Sie liebt Hunde, geht gerne ins Kino und gestaltet Landschaftsdioramen.

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