In Washington wurde mit Gebeten des gewaltsamen Sturms auf das Capitol gedacht. Deutschland hat einen neuen Beauftragten für Religionsfreiheit und die Holocaust-Zeugin Trude Simonsohn ist verstorben. Über diese Themen hat Ingrid Heinzelmaier mit Oliver Jeske im Freitagstalk von ARF Aktuell gesprochen.
ERF: Oliver, gestern wurde in Washington dem gewaltsamen Sturm auf das Capitol genau vor einem Jahr gedacht.
Oliver Jeske: Wir alle haben ja sicherlich noch die Bilder vor Augen. Anhänger von Donald Trump stürmten das Gebäude, um die Einsetzung von Joe Biden zu verhindern. Es gab einige Tote zu beklagen. Laut Medienberichten wurden rund 140 Polizisten verletzt.
Der Bischof des anglikanischen Episkopalkirche, Michael Curry, hatte deshalb gestern zu einem Gedenken eingeladen. Im Beisein zahlreicher Politiker betete er um Gottes Hilfe „in schwierigen Zeiten“.
Auch das Repräsentantenhaus trat gestern zu einer Schweigeminute zusammen. Die Pastorin des Repräsentantenhauses, Margaret Kibben, betete – so wörtlich – „ an diesem Jahrestag der Zwietracht und Verzweiflung“ um Gottes Beistand zum Stärken des Gemeinwohls.
Der Seelsorger des Senats, Barry Black, betete „für das Heilen einer geteilten Nation“. Zur Wahrheit gehört leider auch: Zahlreiche republikanische Politiker blieben dem Gedenken fern.
ERF: Richten wir den Blick zu uns nach Deutschland: Am Mittwoch hat der SPD-Parlamentarier Frank Schwabe als neuer Beauftragter der Bundesregierung für Religionsfreiheit seinen Dienst aufgenommen. Oliver, warum ist uns das eine Notiz wert?
Oliver Jeske: Natürlich zum einen, weil internationale Religionsfreiheit ein wichtiges Anliegen für uns als ERF ist. Was die Sache aber besonders spannend macht: Bis vor wenigen Tagen war noch gar nicht klar, ob die rot-grün-gelbe Regierung überhaupt einen Religionsfreiheits-Beauftragten berufen will. Bisher war das der CDU-Abgeordnete Markus Grübel. Durch die Neuwahl der Regierung war dieses Amt nun unbesetzt. Da haben wir jetzt Klarheit.
ERF: Und sicher wirst du, Oliver, demnächst Frank Schabe bei uns im Programm vorstellen. Kommen wir zu einem anderen Thema: Im Bereich der deutschen Flüchtlingspolitik hat sich in dieser Woche etwas bewegt. Konkret geht es um Menschen, die aus Afghanistan zu uns kommen. Oliver, was soll sich da ändern?
Oliver Jeske: Bis jetzt war es ja so: Wer nach Deutschland gekommen ist, musste erst einmal warten: Wird mein Asylantrag anerkannt oder nicht? Die Folge: Viele Asylbewerber mussten ohne sinnvolle Beschäftigung oft viele Monate in den Flüchtlingsunterkünften ausharren. Vereinzelt kam es zu Gewalt oder anderen Übergriffen. Jetzt hat das Bundesinnenministerium entschieden. Menschen, die aus Afghanistan zu uns kommen, dürfen jetzt sofort Integrationskurse besuchen. Auch wenn über ihren weiteren Verbleib noch nicht entschieden ist.
Im vergangenen Jahr wurden übrigens knapp 133.000 Erstanträge auf Asyl in Deutschland gestellt. Rund 20.500 davon entfallen auf Menschen aus Afghanistan.
ERF: In dieser Woche haben wir auch den Tod einer Person zu beklagen, die viel für die demokratische Kultur in Deutschland getan hat.
Oliver Jeske: Ja, am gestrigen Donnerstag ist Trude Simonsohn im Alter von 100 Jahren in Frankfurt am Main gestorben. Simonsohn hat die Konzentrationslager Theresienstadt und Auschwitz überlebt. Das Besondere: Von ihren schmerzhaften und traumatischen Erfahrungen hat sie seit 1978 unermüdlich vor allem in Schulen erzählt. Viele Kinder und Jugendliche sind dadurch mit ihr als Zeitzeugin des Holocaust konfrontiert worden. Sie hat dadurch viele Menschen in ihrem Einsatz gegen Antisemitismus und Judenhass geprägt.
Für ihr soziales und gesellschaftspolitisches Engagement erhielt sie unter anderem den Ignatz-Bubis-Preis für Verständigung, die Leuschner-Medaille des Landes Hessen und als erste Frau überhaupt die Ehrenbürgerschaft der Stadt Frankfurt. Dort gehörte Trude Simonsohn auch zur jüdischen Gemeinde.
ERF: Im letzten Jahr hat die deutsche Caritas – also der Wohlfahrtsverband der Katholischen Kirche – eine neue Präsidentin Berufen. Sie heißt Eva Welskop-Deffaa und hat in dieser Woche mit einer Aussage für Aufsehen gesorgt.
Oliver Jeske: Genau, die Präsidentin spricht sich vorerst GEGEN eine allgemeine Impfpflicht aus. Und zwar zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Ihre Argumentation: Es müsse noch klarer werden: Wenn sich jemand impfen lässt: In wieweit schützt das dann auch andere vor einer Ansteckung. Welskop-Deffaa sagt aber auch ganz klar: Eine Impfpflicht zum Beispiel für Menschen, die in der Pflege von alten und kranken Menschen arbeiten, findet sie angemessen.
Eine Stimme FÜR eine allgemeine Impfpflicht kommt hingegen aus den Reihen der Behindertenverbände. Ulla Schmidt, die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe sagt: «Eine allgemeine Impfpflicht bedeutet für Behinderte mehr Teilhabe, mehr Bewegungsfreiheit und mehr Lebensqualität bei gutem Infektionsschutz.»
Der Deutsche Bundestag will ja in diesem Jahr eine Entscheidung pro oder contra Impfpflicht in Deutschland fällen. Die Diskussion darum dürfte noch spannend werden.
ERF: Zum Schluss noch eine eher bunte Nachricht aus Berlin, wo du, Oliver, lebst und arbeitest: Die Polizei fahndet nach einem verschwundenen Christkind.
Oliver Jeske: Wahrscheinlich ist das der erste Fahndungsaufruf, den wir in der Geschichte des ERF verlesen. Die etwa 45 bis 50 Zentimeter große Holzfigur des Künstlers Ernst Kraus aus Oberammergau wurde am 19. Dezember vom Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Gendarmenmarkt gestohlen.
Die Figur aus coloriertem Lindenholz trägt ein Leinentuch, hat blaue Augen und hellbraune Haare. Die Polizei bittet um Hinweise, wenn jemandem die Holzfigur aufgefallen ist oder zum Kauf angeboten wurde.
ERF: Und damit endet unser Wochenrückblick vom Team ERF Aktuell. Ihnen wünschen wir ein gesegnetes Wochenende.
Ihr Kommentar