
26.06.2020 / Bericht / Lesezeit: ~ 3 min
Autor/-in: Katja VölklOstafrika im Dilemma
Dreifach-Katastrophe durch Überschwemmungen, Heuschreckenplage und Corona-Virus.
Es erinnert an die zehn Plagen aus der Bibel: Ostafrika wird von Überschwemmungen, Heuschreckenschwärmen und dem Corona-Virus heimgesucht. Allein in Kenia mussten mehr als 150.000 Menschen ihre Dörfer nach sintflutartigen Regenfällen verlassen. In Ruanda starben mindestens 65 Menschen nach Erdrutschen. Bereits die erste Welle der Heuschreckenschwärme im Februar hatte die Nahrungsversorgung von Hunderttausenden gefährdet. Schon jetzt sind sieben Millionen Menschen im Südsudan von Hunger bedroht.
Die Vereinten Nationen rechnen mit bis zu 13 Millionen Menschen die in Ostafrika in den nächsten Monaten von Hunger betroffen sein könnten.
Die christliche Hilfsorganisation World Vision versucht zu helfen. Dirk Bathe von World Vision beschreibt vor welchen Herausforderungen die Menschen in Ostafrika derzeit stehen, um den Alltag zu gestalten und ihr Überleben zu sichern: „Die Leute die von der Heuschreckenplage betroffen sind haben teilweise gar nichts mehr und müssen damit rechnen, wenn die zweite Welle der Heuschrecken kommt, dass die Schäden noch größer werden.
Das Gleiche gilt natürlich auch für die Leute, die von den Überschwemmungen betroffen sind. Durch die starken Regenfälle in den letzten Wochen müssen auch sie schauen, wo sie bleiben. Viele sind obdachlos geworden, haben ihre Häuser verloren. Die sind weggespült worden. Aber auch die Gestaltung des Alltags: ‚Wie komme ich von A nach B, wenn die Straße nicht mehr existiert. Wie kann ich sichern, dass ich jetzt in der Regenzeit, wo ja eigentlich die Saat ausgebracht werden muss, eben diese Saat setzen kann auf Feldern, die schwer beschädigt sind von den Überflutungen?‘“
Ein tödliches Trio
Gerade die Kombination aus Überschwemmungen Heuschreckenplage und Corona-Pandemie ist für die ostafrikanische Bevölkerung besonders katastrophal: Die Überschwemmungen begünstigen die Ausbreitung der Heuschrecken, die Heuschrecken fressen die Ernte und die Corona-Pandemie erschwert die Hilfsmaßnahmen.
Auch für World Vision, erklärt Dirk Bathe: „Durch die Lock-Downs sind wir als Hilfsorganisation so wie alle anderen Beteiligten in unserer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Wir können nicht so, wie wir es bislang immer gemacht haben, in Katastrophenfällen sofort losziehen und Verteilungen organisieren. Sowohl von Saatgut als auch von Lebensmitteln oder anderen Gütern. Das ist momentan einfach nicht machbar und das heißt, wir müssen mit Verzögerungen leben. Und diese Verzögerungen können über Tod und Leben entscheiden.“
Ostafrikanische Regierungen stehen vor einem Dilemma
Hinzu kommt, dass auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Heuschreckenschwärme vom Corona-Lockdown betroffen sind. Hilfsgerät, Fachpersonal und die wenigen Insektizide können nur eingeschränkt zu den Hotspots transportiert werden, wo sich die Heuschrecken aufhalten und vermehren. Damit stehen die Regierenden in Ostafrika vor einem großen Dilemma, sagt Dirk Bathe: „Gehe ich als afrikanische Regierung das Risiko ein, dass sich diese Epidemie in meinem Land ungehemmt ausbreitet, um die Wirtschaft zu stärken, um die Überlebens-Basis für diejenigen zu stärken die von der täglichen Arbeit und dem täglichen Einkommen abhängig sind, oder versuche ich die Ausbreitung zu mindern und gehe das Risiko ein, dass die Leute dann Hunger leiden, weil sie eben kein Einkommen mehr haben und die Armut rasant steigt?“
Im Gegensatz zu Deutschland haben die ostafrikanischen Länder nur wenige finanzielle Reserven für staatliche Unterstützungen. Eine Möglichkeit, die Situation ein wenig zu verbessern, besteht darin, die sehr strengen Corona-Maßnahmen ein wenig zu lockern, damit die Menschen die Chance haben, ihre Familien zu versorgen.
World Vision unterstützt Ostafrikas Bauern
Darüber hinaus hilft World Vision so gut wie möglich, so Dirk Bathe: „Wir werden erfassen, wie groß die Schäden sind und welche Regionen besonders betroffen sind. Meist ist das so, dass wir Lebensmittel verteilen oder Non-Food-Items. Das sind zum Beispiel Hygiene-Kits. Dort, wo die Überschwemmungen besonders stark gewütet haben. Wir werden die Bauern mit Saatgut ausrüsten, damit sie die nächste Ernte setzen können. Bis diese eingebracht wird, müssen sie ja auch überleben. Das heißt, wir versuchen die Menschen auch dort, wo es geht, mit Bargeld zu versorgen, damit sie dort auf lokalen Märkten Lebensmittel einkaufen können. Und so können sie als Nebeneffekt eben auch die lokale Wirtschaft stärken.“
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