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© Deutscher Bundestag / Simone M. Neumann

13.03.2020 / Politik / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Oliver Jeske

Neues Gesetz gegen Hasskriminalität

Deutscher Bundestag sagt kriminellen Botschaften im Internet den Kampf an.

 

 

Das Internet ist eine schier unerschöpfliche Quelle für alle wissenshungrigen und medienaffinen Menschen, es bietet Gelegenheit zur Diskussion und zum Austausch mit Gleichgesinnten. Doch zur Wahrheit gehört längst:

Verleumdungen, übelste Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen sind an der Tagesordnung . Dem will der Deutsche Bundestag einen Riegel vorschieben. Am 12. März 2020 diskutierten die Abgeordneten ein neues Gesetz. Es soll verbale Übergriffe von politisch ganz Links bis Rechts zur Anzeige bringen. Mehrere Redner betonten aber auch: Die Mehrheit der Hasskommentare komme derzeit von Rechtsextremisten – von bis zu 75 Prozent ist die Rede . Uli Grötsch sitzt für die SPD im Innenausschuss und konstatiert: „Wir wollen und werden die sozialen Netzwerke nicht rechten Trollen überlassen, weil sich normale Nutzer womöglich aus Angst zurückziehen. Wir erleben eine beispiellose Spirale von Hass und Gewalt in einem durch Rechte vergifteten Klima. Jeden Tag gibt es zwei rechte Gewalttaten in Deutschland.“

Keine Einschränkung der Meinungsfreiheit

Oft seien Hasskommentare im Netz die verbalen Brandstifter dafür. Der konkrete Plan dagegen: Alle Anbieter sozialer Netzwerke sollen verpflichtet werden, Hasskommentare ans Bundeskriminalamt zu melden. Dort sollen 300 Mitarbeiter zur Verfügung stehen. Sie geben Fälle an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter. Gleichzeitig sollen sie aufdecken, wo in der Bundesrepublik sich radikale Gruppen formieren. Ingmar Jung ist für die CDU im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Er wehrt sich dagegen, in diesem Vorgehen eine Zensur des Internets zu sehen. „Wenn ich höre, wir wollten hier die Meinungsfreiheit einschränken – immer unter diesem Stichwort ‚Man wird doch wohl noch mal was sagen dürfen.‘ Wissen Sie, was das besondere an Rechtsstaat ist? Man darf hier wirklich jeden Unsinn sagen. Nur eine Grenze ist da zu ziehen, wo man Andere bedroht und einschüchtert.“

Der Konsens zu dieser Aussage ist so groß, dass auch die Oppositionsparteien den Gesetzesvorschlag der Regierung begrüßen. Renate Künast von Bündnis 90/Die Grünen weist auf die Ausmaße des Problems hin: „Jeden Tag werden in diesem Land rassistische, antisemitische, antiziganistische, antimuslimische, frauenfeindliche, homo- und transphobe und behindertenfeindliche Diskriminierungen und Übergriffe getätigt. Jeden Tag findet Entmenschlichung statt, und dem müssen wir alle gemeinsam entgegentreten.“

Justiz bereits jetzt überlastet

Bei aller Zustimmung:  Es gibt aber auch Kritk. FDP-Innenpolitik-Experte Konstantin Kuhle bemängelt: Es dürfe nicht bei schön formulierten Gesetzestexten bleiben. Schon heute sei die Justiz bei der Verfolgung von Internetkriminalität überlastet. „Wenn ich aber sehe, dass wir – Stand Anfang des Jahres – knapp 500 offene Haftbefehle im Bereich des Rechtsextremismus haben, dann haben wir hier ein Vollzugsdefizit. Das muss dringend angegangen werden, wenn wir dieser Gefahr Herr werden wollen.“

Kulhle fordert deshalb mehr Stellenbesetzungen in Staatsanwaltschaften und an Gerichten. Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau von den Linken hingegen möchte zuverlässige Finanzierungszusagen für Bürger im Kampf gegen den Extremismus.

„Zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich im Alltag für Demokratie und Toleranz engagieren, müssen ausreichend und verlässlich gefördert werden, auch finanziell; sie müssen wertgeschätzt werden.“

Auch von der ganz anderen Seite des politischen Spektrums kommt Zustimmung, Extremismus und Hass zu bekämpfen. Der stellvertretende Bundessprecher der AfD, Stephan Brandner, möchte über den aktuellen Vorschlag der Regierungsparteien hinausgehen: „Das Ziel der Bekämpfung muss aber auch sein, die Personen zu schützen, und zwar in besonderem Maße, die sich in besonderer Weise für unser Gemeinwesen einsetzen und deshalb täglich Gefahren durch Angriffe von Kriminellen, psychisch Auffälligen und Extremisten ausgesetzt sind. Beispielhaft genannt seien hier vor allem zunächst die Richter, die Schöffen, die Kommunalpolitiker.“

Für sie sieht das Gesetz der Bundesregierung bereits mehr rechtlichen Schutz bei Hassangriffen vor. Die AfD schlägt darüber hinaus vor, dass der Wohnort all dieser Personen zum Schutz geheim bleiben kann.

Fazit: Im Kampf gegen Extremismus und Hasskriminalität gibt es eine seltene Einigkeit im Deutschen Bundestag. In den nächsten Wochen und Monaten wird es darum gehen, dem Gesetz noch den letzten Schliff zu verpassen.

 Oliver Jeske

Oliver Jeske

  |  Redakteur

Sprachlich Hannoveraner, seit einem Vierteljahrhundert in Berlin zu Hause, liebt er Jesus, Tanzen mit seiner Frau, Nordsee-Spaziergänge mit seinen Söhnen und leckeren Fisch. Von Gott ist er fasziniert, weil der ihn immer wieder überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert.

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Kommentare (1)

Jörg /

„Jeden Tag werden in diesem Land rassistische, antisemitische, antiziganistische, antimuslimische, frauenfeindliche, homo- und transphobe und behindertenfeindliche Diskriminierungen und Übergriffe mehr

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