
14.03.2019 / Deutsche Geschichte / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Oliver Jeske„Die große Freiheit! Wir konnten raus!“
Blinden-Seelsorgerin Daniela Nischik erinnert sich an den Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989.
Daniela Nischik war Augenzeugin des Mauerfalls in Berlin. Obwohl der Begriff bei ihr etwas hinkt. Denn Daniela Nischik ist von Geburt an sehbehindert.
Wie viele, die ihre Einschränkung teilen, hat sie eine besondere Begabung für Fremdsprachen. Doch ihren Wunschjob konnte die Christin in der DDR nicht anstreben. Nischik erinnert sich: „Dolmetscher für Englisch und Spanisch kam nicht in Frage, weil das westliches Ausland ist.“
Sprachlehrerin durfte sie wegen ihrer politischen Einstellung nicht werden. „Ich war weder bei den Pionieren noch in der FDJ. Ich hatte keine Jugendweihe.“
„Was geht hier eigentlich ab?“
Stattdessen studiert Daniela Nischik Theologie im Ostteil Berlins. Sie erlebt die Proteste derer mit, die sich mit friedlichen Demonstrationen gegen die sozialistische Diktatur aufbäumen. Anfang 1989 erlebt sie einen Gottesdienst mit dem Ost-Berliner Bischof Gottfried Forck in der Zionskirche.
Er predigt die Botschaft „Liebt eure Feinde!“ angesichts von Verhaftungen von Regime-Gegnern. „Ich habe mich gekniffen und gedacht: Ich bin doch nicht in Amerika. Das ist nicht Martin-Luther King. Was geht hier eigentlich ab?“
Schließlich passiert am 9. November 1989 das Unglaubliche: Die Mauer, die Millionen Deutsche im eigenen Land eingesperrt hat, fällt. Die DDR ist 1990 Geschichte. Daniela Nischik erinnert sich an das, was sie damals empfunden hat: „Die große Freiheit! Wir können raus! Was kostet die Welt. Das hat einem das Herz weit gemacht.“ Daniela Nischik wird im wiedervereinten Deutschland Pfarrerin für sehbehinderte Menschen.
Unglaublich? Nein!
Der Fall der Berliner Mauer, die deutsche Wiedervereinigung: Unglaublich? Nein! Beides ist passiert. Und genauso unglaublich scheint eine Zukunft zu sein, in der Daniela Nischik zum ersten Mal richtig sehen wird.
Doch sie ist sicher, dass sie das erleben wird. Dann, wenn Gott alle Tränen abwischen wird. Wenn alle Krankheiten und alles Leid beseitigt sind in Gottes neuer Welt. „Ich stelle mir das vor wie der Mauerfall. Da haben wir uns als Ostdeutsche gekniffen und gesagt: ‚Das ist ja wie ein Traum!‘ Wir haben es immer gehofft, aber nie geglaubt, dass es wirklich mal so wird.“
Wie das Leben als Frau mit Handicap in der DDR aussah und was sie in ihrer heutigen Arbeit als Blinden-Seelsorgerin bewegt, darüber spricht Daniela Nischik in einem ausführlichen Interview mit Oliver Jeske:
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