Ein Bischof hat eigentlich nie so richtig frei. Deshalb ist der Kalender von Dr. Heiner Koch, dem katholischen Erzbischof von Berlin, auch am 8. März gut gefüllt. Dabei können die meisten Hauptstädter ab sofort an diesem Tag die Füße hochlegen. Denn die Landesregierung hat den Internationalen Frauentag als arbeitsfreien Tag beschlossen. So richtig glücklich ist Koch damit nicht, dennoch unterstützt er das Grundanliegen dieses Tages. „Das hat auch damit zu tun, dass Frauen ihr Leben als Frau in der Gesellschaft entfalten können.“
Kritik an Vorstellungen von Wirtschaft und politischen Bewegungen
Viel zu lange in der Geschichte seien Frauen unterdrückt worden, so Koch. Und auch seine eigene, die katholischen Kirche habe sich in Bezug auf das weibliche Geschlecht nicht immer mit Ruhm bekleckert. Trotzdem: Wenn es darum geht, dass Frauen sich ohne Diskriminierung in unserer Gesellschaft entfalten können, dann gelte es nach Überzeugung Kochs auch den Gedanken der Freiheit wirklich ernst zu nehmen. Frauen sollten nicht auf ein bestimmtes Bild „normiert“ werden. Dass Frauen so würden, „wie sich das Wirtschaft, Parteien oder politische Bewegungen vorstellten.“
Fragwürdiges Zustandekommen des Feiertags
Eine Lanze bricht der katholische Bischof von Berlin für Frauen mit Kindern, die sich entscheiden, einige Jahre aus dem Erwerbsleben auszusteigen. Sie seien im aktuellen Rentensystem benachteiligt. Für Koch geht das Anliegen des Internationalen Frauentags an ihren Bedürfnissen vorbei. Überhaupt findet Heiner Koch das Zustandekommen des neuen Feiertags in Berlin zumindest fragwürdig: „Es stand ja fest: Es muss ein neuer Feiertag her. Das ist schon ein seltsames Unterfangen: Wir brauchen einen neuen Feiertag. Also welchen nehmen wir!“
Der katholische Erzbischof von Berlin sieht ein echtes Defizit in der Hauptstadt: „Wir haben in Berlin kein gemeinsames großes Fest, das alle verbindet.“ Hier sei eine Chance vertan worden.
Christen „müssen zusammen gehen“
Aus Sicht Kochs hätte sich der 9. November als Tag des Mauerfalls und Erinnerung an die Pogrome an Juden geeignet. Oder der alte Tag der Deutschen Einheit, der 17. Juni im Gedenken an die Arbeiteraufstände in der DDR von 1953. Doch auch mit einem arbeitsfreien Reformationstag in Berlin hätte sich der katholische Oberhirte anfreunden können. „Wir sind knapp zehn Prozent Katholiken, 16 Prozent sind evangelisch. Wir müssen zusammen gehen.“
Wenn es also jetzt dennoch den Internationalen Frauentag als neuen Feiertag in Berlin gibt, dann – so der Appell von Heiner Koch an die Hauptstädter: Nehmt bitte besonders die Frauen in den Blick, die es am dringendsten benötigen. „Ich denke da ganz besonders an Frauen, die am Rande stehen – bei den Obdachlosen und Armen.“
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