
17.11.2017 / Soziales und Familie / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Oliver Jeske„Obdachlos kann jeder werden!“
Berliner Diakonie baut Notübernachtung für Familien aus.
Deutschland hat eins der besten Sozialsysteme der Welt. Ein Grund, dankbar zu sein. Doch auch in unserem Land fallen immer wieder Menschen durchs Raster. Immer öfter sind es ganze Familien, die plötzlich kein Dach mehr über dem Kopf haben. In Berlin finden sie erste Hilfe bei der Evangelischen Diakonie in der Notübernachtung für wohnungslose Familien.
Die Wände sind frisch in freundlichen hellen Farben gestrichen. Neben einfachen Zimmern zum Übernachten gibt es Spielzimmer für Kinder. In der neuen ist Platz für 30 Personen. Doch das reicht lange nicht. Im Monat klopfen 20 bis 40 Familien an, die Merte Mangels abweisen muss.
Der Zusammenhalt der Familie ist auch in der Obdachlosigkeit da
Die Sozialarbeiterin weiß, was das bedeutet: Die Kinder kommen ins Heim. „Das ist das schlimmste was man einer Kinderseele antun kann. Der Zusammenhalt der Familie ist da, egal ob man obdachlos ist oder nicht.“
Obdachlosigkeit: In Berlin und anderen gefragten Großstädten ist das schon lange nicht nur ein Thema für unterprivilegierte Familien. Zwar kommen regelmäßig Großfamilien aus Rumänien und Bulgarien in die Notunterkunft. Menschen, die auf der Suche nach einer besseren Lebensperspektive gestrandet sind. Doch auch so genannte Bio-Deutsche trifft der hart umkämpfte Wohnungsmarkt in der Hauptstadt.
Verborgene Wohnungsnot
Ein Großteil der Wohnungsnot ist unsichtbar. Wer aus Deutschland kommt, wer Bekannte hat, versucht meist irgendwie noch bei Freunden oder in der Familie unterzukommen, , weiß die Leiterin der Notübernachtung, Viola Schröder: „Das erleben wir oft, dass Menschen herkommen uns sagen: ‚Ich wohne jetzt schon seit zwei Jahren wieder bei meinen Eltern, jetzt hat’s gekracht mit meinem Vater.“ Frauen kämen oft mit ihren Kindern bei einer Freundin unter. Doch auch das geht nur für eine begrenzte Zeit.
In der Notunterkunft versucht Viola Schröder erst einmal Ruhe in die Situation hinein zu bringen. Gemeinsam mit ihren Klienten ergründet sie nach der Ursache für die Obdachlosigkeit.
Der Zusammenhalt der Familie bleibt das Ziel
Im Kontakt mit den zuständigen Behörden geht es dann auf die Suche nach einer neuen Wohnung. Doch das ist immer schwerer geworden. Oft bleibt den Familien nichts anderes übrig, als Berlin – und damit ihre gesamten sozialen Kontakte – zu verlassen. Doch das ist immer noch besser, als dass die Familie auseinandergerissen wird.
Auch wenn die Arbeit oft schwer ist. Viola Schröder kämpft weiter für ihre obdachlosen Familien: „Das hat mit meiner Berufswahl zu tun und dass ich Christin bin.“
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Wie schnell man heutzutage als Normalverdiener trotz stets pünktlicher Mietzahlung seine Wohnung verlieren und damit vor dem Nichts steht, könne sich vermutlich viele Leser hier noch gar nicht … mehrrichtig vorstellen. Um diese Vorstellungskraft dann zu erhöhen bedarf es bei vielen Wählerinnen und Wählern noch ein paar Jahre. Dann hat entweder Draghi und/oder die aktuelle Rentenlage endgültig dafür gesorgt, dass ein Großteil der Bevölkerung um Grundsicherung betteln darf. Denn bei einem Rentenniveau von 42 % des Durchschnittsnettoverdienstes muss der 45 Jahre arbeitende Mitbürger je nach Steuersatz schon mal etwa 3000 € Brutto verdient haben um nur geringfügig über der Grundsicherung zu liegen. Davon kann er sich dann aber auch keine Wohnung mehr in einer Stadt leisten. Aber der Vorteil dieser etwas über dem Durchschnitt liegenden Verdiener soll hier nicht kleingeredet werden, denn der muss um seine Rente zumindest nicht betteln.