
27.05.2017 / Reportage / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Andreas OdrichGott sucht dich!
Frère Alois aus Taizé lädt in Bibelarbeit zur Christusbegegnung ein.
Ein Pult, ein Scheinwerfer und dazu das abgedunkelte Tempodrom am Berliner Anhalter Bahnhof. Mehr braucht Frère Alois, Prior der überkonfessionellen Gemeinschaft von Taizé aus Frankreich, nicht. Und seine Zuhörer auch nicht.
Dort im Tempodrom, wo es mit Alternativkunst und Varieté meist schrill und laut zugeht, suchen die Kirchentagsbesucher an diesem Samstagmorgen bei der Bibelarbeit des französischen Gastes Einkehr und Stille.
Nicht der Redner steht im Mittelpunkt
Frère Alois sieht sich nicht selbst im Mittelpunkt sondern seine Botschaft. Und die ist klar auf Gott und Christus ausgerichtet. Und damit unterscheidet er sich von anderen Bibelarbeitern auf dem Kirchentag. Als Politiker oder Künstler stehen viele in der Versuchung, die Bibeltexte an ihrem eigenen Programm, ihrem eigenen Lebensentwurf zu messen. Frère Alois geht die Sache anders an.
Wie alle predigt Frère Alois an diesem Samstagmorgen über Zachäus, den Zöllner, zu dem Jesus einkehrt und dem Jesus eine neue Perspektive verleiht und ihn zur Buße und Umkehr befähigt. „Gott sucht auch dich!“ sagt Frère Alois. Er ruft nicht, er schreit nicht, er sagt es ganz nüchtern und schenkt den Menschen etwas, das es auch auf diesem Kirchentag nur ganz selten gibt: Stille.
Christus als Basis für ein gelingendes Miteinander
Fünf Minuten lang sollen, nein, dürfen die Besucher schweigen und sich im Gebet bewusst auf Jesus Christus einlassen. Ihm sollen sie in der Stille begegnen und daraus wiederum Kraft ziehen, um ihren Mitmenschen zu begegnen. Er wisse, sagt Frère Alois, dass dies kein politisches Programm sei. Und dennoch ist er überzeugt davon, dass genau die Liebe Gottes in Christus der Schlüssel „für ein gelingendes menschliches Miteinander ist“.
Einheit der Christen - ein notwendendes Zeugnis
Auch mit gemeinsamen Liedern unterbricht der Prior immer wieder seine Predigt. Es sind Taizé-Gesänge. Die altersmäßig bunt durchmischten Zuhörer brauchen oftmals kein Liederbuch, sie können die Texte auch so mitsingen. Sie wissen, auf wen und auf was sie sich eingestellt haben.
Und so ruft Frère Alois die Christen zum Miteinander und zur Einheit auf. Nur so könnten sie für andere ein glaubwürdiges Zeugnis geben, ist er überzeugt. Und zu diesem christlichen Zeugnis gehört für ihn auch, dass sich viele Deutsche in letzter Zeit für Flüchtlinge eingesetzt haben.
Die besten fünf Minuten auf dem Kirchentag
So unaufgeregt wie sie begonnen hat, geht die Bibelarbeit zu Ende. Ich bin dankbar für die Stille und für die Einladung, in dem ganzen Kirchentagstrubel mich in einem schlichten Augenblick auf Christus zu besinnen.
Polizeipräsenz auf dem Platz erdet Bibelarbeit
Draußen scheint an diesem Morgen die Frühsommersonne. Sie beleuchtet die Jugendmeile des Kirchentages vor dem Tempodrom. Kirchliche Initiativen und Jugendgruppen bieten Spiele, Musik und Begegnung an und stellen ihre Arbeit vor. Die Besucher sind entspannt, genießen die Angebote. Ein kleiner Ausdruck dessen, was drinnen gerade gepredigt wurde. Die Präsenz der Polizei indes zeigt, dass in diesen Zeiten der latenten Bedrohung durch Terror solcherlei Momente kostbar sind, und dass der Friede in Christus, von dem Frère Alois gepredigt hat, existenziell umfassend ist und mehr meint, als nur ein bisschen Samstagvormittagsidyll, das es jetzt und trotzdem zu genießen gilt.
Alle weiteren Informationen zum Kirchentag finden Sie auf unserer Sonderseite Kirchentag bei ERF Medien.
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