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© Chatsam, via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

23.04.2017 / Interivew zum Thema / Lesezeit: ~ 2 min

Autor/-in: Michael Klein

Frankreich hat die Wahl

Wen die Franzosen am Sonntag zum Präsidenten wählen ist noch ungewiss.

Die Wähler in Frankreich entscheiden diesen Sonntag über die Besetzung ihres höchsten Staatsamtes, um das sich elf Kandidaten bewerben. Aber wohl nur drei dieser Bewerber werden das Rennen unter sich ausmachen. Darüber sind sich die Beobachter weitgehend einig. Michael Klein hat das Geschehen in unserem Nachbarland für uns beobachtet.

ERF:  Was unterscheidet die Präsidentenwahl in Frankreich von unseren Bundestagswahlen im kommenden Herbst?

Michael Klein: In Frankreich ist der Präsident zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef. Wir haben diese Ämter getrennt. Außerdem wird der französische Präsident direkt gewählt und er muss nicht zwingend von einer Partei unterstützt werden. Bei uns wählen wir ja die Abgeordneten des Parlamentes. Und die wiederum wählen dann den Kanzler. Wir wählen also eher eine Partei und ein Programm, die Franzosen wählen eine konkrete Person. Diesmal hat in Frankreich sogar einer der unabhängigen Kandidaten, der Wirtschaftsfachmann Emmanuel Macron, Aussichten auf einen der vorderen Plätze. Würde er gewählt, wäre er mit 39 Jahren der jüngste Präsident, den das Land je hatte.

ERF: Nun hat es ja bei einigen Wahlen in Europa in den vergangenen Jahren einen deutlichen Rechtsruck gegeben – in Polen, Ungarn, Tschechien. Wird sich dieser Trend in Frankreich fortsetzen?

Michael Klein: Die Vorsitzende des „Front National“, Marine Le Pen, liegt den Umfragen zufolge ebenfalls ganz gut im Rennen. Wie dem Seiteneinsteiger Macron wird ihr ein Stimmenanteil von mehr als 20 Prozent prognostiziert – und das bei allen Vorbehalten, die man inzwischen gegenüber Wahlprognosen haben muss. Aussichtsreich wäre eigentlich der konservative Kandidat der Republikanischen Partei, Francois Fillon. Aber ihn belastet gerade eine Affäre um illegale Gehaltszahlungen aus der Staatskasse an seine Ehefrau. Und das kommt bei den konservativen Wählern nicht gut an. Wenig Chancen werden dem Kandidaten der derzeitigen Regierungspartei, dem Sozialisten Benoit Hamon, eingeräumt. Denn viele Franzosen sind unzufrieden mit der Amtsführung des amtierenden sozialistischen Präsidenten Francois Hollande.

In französischen Wahlen stecken immer viele Unwägbarkeiten

ERF: Wie sieht denn deine Prognose aus?

Michael Klein:  Traditionell ist die Wahlbeteiligung hoch, ebenso ist der französische Wähler aber bekannt dafür, dass er seine Entscheidung eher kurzfristig fällt und den Wahlzettel gern zum Denkzettel macht. Ich denke mal, Dass Marine Le Pen und Emmanuel Macron für jeweils mehr als 20 Prozent gut sind. Von der Wechselstimmung im Land wird trotz seines angeschlagenen Rufes wohl auch Francois Fillon profitieren. Er gilt als gut katholisch und könnte die konfessionell gebundenen Wähler anziehen. Ich denke, auch er erreicht wohl um die 20 Prozent. Da in Frankreich das Prinzip der absoluten Mehrheit gilt, ist eine Stichwahl mehr als wahrscheinlich. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass zwei dieser drei Kandidaten dabei gegeneinander antreten werden. Sonntagabend wissen wir mehr, aber wir wissen dann wohl noch nicht, wer in den Elysee-Palast einziehen.

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