
16.07.2014 / Filmrezension / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Martin Mandt„Wir sind die Neuen“
Wenn Lebenserfahrung und Lebensgefühl aufeinander prallen
Wenn drei Alt-68er wieder ihre alte WG aufleben lassen und dann auf eine moderne WG der heutigen Studenten trifft, könnte es sich so zutragen, wie im folgenden Film – naja, vielleicht auch nicht.
Nach 35 Jahren ziehen Anne, Johannes und Eddi wieder zusammen in eine WG. Anne ist knapp bei Kasse. Das ist der Ausgangspunkt der Idee, die alte WG wieder aufleben zu lassen. Zunächst ist außer Johannes von den alten Freunden keiner begeistert. Doch wenigstens Eddi lässt sich anstecken und willigt ein. Anfangs geht auch alles gut – und tatsächlich schwebt irgendwie der alte 68er-Geist in der WG. Die Rentner hören Musik, feiern und unterhalten sich gern laut in der WG-Küche.
Kleinkrieg zwischen Alt-68er und moderner WG
Für die Studenten über ihnen etwas zu laut, denn die fühlen sich in ihrer Lern- und Examensphase empfindlich gestört. Das machen sie den alten Leuten auch ziemlich arrogant klar. Und so entbrennt ein Streit zwischen Nachbarn – bis die gebügelte Fassade der jungen Generation bröckelt und sich herausstellt, dass auch bei ihnen nicht alles so toll ist, wie es zunächst den Anschein hat.
„Wir sind die Neuen“ ist eher ein liebevoller Blick auf die Generationen, als ein Film über Generationskonflikte. Alle haben ihre Macken, an denen sie mehr oder weniger hartnäckig festhalten – und das passt oft nicht ins Lebensgefühl der anderen Gruppe. Doch die Lebenserfahrung der Alten und das Lebensgefühl der Jungen prallen zunächst mit viel Unverständnis auf einander, um dann in einer Win-Win-Situation zu gipfeln, die es allen Seiten recht macht.
Spiel mit den Klischees
Ralf Westhoff ist nicht nur Regisseur, sondern hat – wie in den wunderbaren Beziehungsfilmen „Shoppen“ und „Der letzte schöne Herbsttag“ – auch das Drehbuch geschrieben. In „Wir sind die Neuen“ leistet er sich einen insgesamt schmeichelhaft charmanten Blick. Natürlich spielt er mit den Klischees, aber er nimmt diese nie zum Anlass, eine der Fraktionen ins offene Messer laufen zu lassen.
Allerdings münden die überspitzten Darstellungen in Realitätsferne. Dass Dialoge und Situationen dennoch zielsicher aufs Zwerchfell treffen, macht diesen Fauxpas schnell vergessen. Gisela Schneeberger und Heiner Lauterbach spielen ihre jüngeren Kollegen – u.a. Claudia Eisinger – mit Leichtigkeit an die Wand. Bereits etablierte deutsche Schauspieler wie Julia Koschitz oder Katharina Marie Schubert haben in dieser Komödie nur kleine Nebenrollen. Macht nix – funktioniert trotzdem! Es gibt noch Hoffnung für den Deutschen Film.
Fazit: Fern der Realität, trotzdem lustig und charmant.
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Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Neulich sagte ein 20jähriger zu mir, dass ihm seine Großeltern näher stünden als seine abgehalfterten 68er Eltern. Letztere stehen für die gegenwärtige moralische Malaise in Deutschland. Sie waren … mehrdie erste Generation, die in absolutem Wohlstand und rundumversorgt aufgewachsen sind. Für eine weiterführende kritische Betrachtung empfehle ich "Unser Kampf" des Historikers Götz Aly, der erschreckende Parallelen zwischen 33ern und 68ern aufzeigt. Erinnert sei hierbei auch die Rückkehr, der bei den Alt-68ern hoch im Kurs stehenden jüdischen Intellektuellen - Adorno, Vögelin, Horkheimer, et al. Allen - so belegt Götz Aly- fällt, als sie das Treiben der 68er erleben, sofort die SA ein. Und wie Gee M. schon festgestellt hat: Je älter sie werden, desto widerlicher wird ihr Erscheinungsbild. Eine destruktive Erscheinung auf die man gerne verzichtet hätte.
Ich habe den Film auch schon in der Pressevorführung gesehen und kann nur sagen, dass er absolut toll ist! Ich werde ihn mir auf jeden Fall ein zweites Mal ansehen. Heiner Lauterbach spielt seit langem mal wieder eine richtig gute Rolle ;-)
Die 68er waren von Anfang an zum Kotzen, und je älter sie werden, desto schlimmer sind sie. Es sei denn, sie wenden sich von ihrem 68er-Quatsch ab.