Die Beschreibung der Vorzeige-Frau aus Sprüche 31 wirft für christliche Frauen viele Fragen auf. Ist das tatsächlich die Messlatte, an der eine Frau sich messen sollte? Und ist dieses Anforderungsprofil überhaupt noch zeitgemäß? Die New York Times-Bestsellerautorin und Bloggerin Rachel Held Evans steht mitten im Leben, ist verheiratet und macht beruflich Karriere. Sie ist überzeugte Christin, trotzdem stand sie mit der „Superfrau“ aus Sprüche 31 immer auf Kriegsfuß. Auch andere Passagen aus der Bibel bereiteten ihr Kopfschmerzen. Was bedeutet das denn, dass die Frau in der Gemeinde schweigen soll? Muss die moderne Frau von heute buchstäblich genau nach diesen Versen der Bibel leben, um als bibeltreue Frau zu gelten?
Karrierefrau entdeckt Häuslichkeit
Evans will es wissen und beginnt ein verrücktes Experiment. Sie übernimmt ein Jahr lang Traditionen aus der Bibel. Ihre Erfahrungen teilt sie regelmäßig mit ihren Bloglesern und steht mit ihnen im angeregten Gespräch. Um bewusster einzelne Aspekte zu reflektieren, stellt Evans jeden Monat des Jahres konkret unter Motti wie Häuslichkeit, Zucht und Anstand, Mut, Fruchtbarkeit und Gerechtigkeit. Die einzelnen Themen entfaltet sie, indem sie dazu Bibelstellen heraussucht und diese auch anhand der damaligen Kultur bewertet. Dann versucht sie das Motto praktisch im Leben umzusetzen und ist sich dabei nicht zu schade, auch verrückte Aktionen zu machen.
Die Ausführungen von Evans sind inspirativ und spritzig. Durch ihre offenen sympathischen Art dockt sie schnell am Leser an. Es macht Spaß so hautnah an dem Leben der Autorin dran zu sein und sie bei ihren teilweise doch absurden Aktionen zu begleiten. Als das Motto Häuslichkeit heißt, stürzt sie sich emsig in die Hausarbeit: Tägliches Essenkochen, Wäsche, Grundreinigung sämtlicher Zimmer und vieles mehr. Ihr Fazit am Ende des Monats ist: Nicht alles ist perfekt gelaufen. Dennoch ist sie in diesen alltäglichen Arbeiten Gott begegnet.
Sie ist froh, dass Gott nicht nur in großen Dingen gegenwärtig ist, sondern auch im ganz normalen Alltag. Mir fehlt allerdings auch in diesem Kapitel am Ende ihre Bewertung. Will sie weiterhin den Schwerpunkt Häuslichkeit bewusst in ihren Alltag umsetzen oder bleibt es bei diesem Experiment? Wenn es nur bei dem Experiment bleibt – was bringt ihr das für die Zukunft?
Unterordnung – wie geht das?
Auch beim Thema Unterordnung hat mich Evans Herangehensweise etwas befremdet. Die Bloggerin nimmt den Vers „Sara vertraute sich Abrahams Führung an und nannte ihn ihren Herrn“ (1. Petr. 3,6) wörtlich und spricht ihren Ehemann Dan im entsprechenden Monat ebenfalls mit Meister an. Authentisch und ehrlich beschreibt sie dabei ihre Gefühle und Gedanken. Auch lässt sie ihren Mann Dan zu Wort kommen. Für ihn ist dieser Monat keineswegs ein Triumph, vielmehr fühlt er sich unwohl dabei.
Das Ehepaar Evans legt für sich persönlich noch einmal fest, dass sie kein hierarchisches Paar sein wollen, sondern ein Team. Diese Entscheidung treffen sie aufgrund der vielen negativen Beispiele aus der Bibel und der Geschichte. Außerdem fühlt sich das für beide seltsam an, wenn die Autorin ihren Mann mit „Meister“ anspricht und er permanent die endgültigen Entscheidungen treffen soll. Doch ist damit Unterordnung überflüssig? Vielleicht geht es bei Unterordnung vielmehr um den Respekt seinem Partner gegenüber als um die Frage, wer das letzte Wort bei Entscheidungen hat.
Schade: Den Kern der Traditionen nicht entdeckt
Evans beschäftigt sich in ihrem Buch intensiv mit Traditionen aus der Bibel. Jeden Monat packt sie leidenschaftlich ein neues Thema an. Viele der angesprochenen Themen scheinen in der modernen Welt verjährt zu sein. Da ist es gut, sich auf frische Art neu damit zu beschäftigen. Dennoch reicht Spaß und Verrücktheit für ein Experiment nicht aus, um dem Kern der Gebote aus der Bibel auf den Grund zu gehen. In ihrem Elan und Tatendrang zieht sich Evans oft einfach einzelne Verse aus der Bibel heraus und setzt sie wortwörtlich in ihrem Alltag um. Dadurch entstehen urkomische Situationen. Anstatt sich intensiv mit den Prinzipien hinter den Geboten zu beschäftigen, bleibt sie häufig nur an den Formen hängen.
Dadurch wirken die Gebote stellenweise weltfremd und beinahe lächerlich. Mehr eine leere Hülle als ein Hilfsmittel für das Leben. Schade, dass Evans die sensible Gratwanderung zwischen dem Respekt gegenüber der Form und dem Hinterfragen für das Leben heute nicht schafft. Zwar haben sich die Formen über die Jahre geändert, dennoch hatten sie damals ihre Berechtigung. Auch heute noch steckt in den Prinzipien eine Botschaft für die moderne Frau von heute. Leider hebt Evans diese Schätze für das Leben heute nicht und verschenkt mit ihrem Buch viel Potenzial.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Kommentar zum Kommentar von Brigitte (2014).
Der biblische Vers: "die Frau schweige in der Gemeinde" hat nichts damit zu tun, dass Frauen nicht Lehren sollen. Wenn man den Vers im Zusammenhang mit … mehrdem Text davor und danach liest ergibt sich eine ganz andere Aussage. Die Frauen durften damals nicht die Thora (Altes Testament) studieren und hatten darum viele Fragen, die sich für die Männer nicht stellten. Die Männer kannten die Schriften auf die sich Jesus bezog, die Frauen aber nicht. Darum haben sie während des Gottesdienstes Fragen gestellt und das störte. Sie sollten darum zu Hause ihre Männer Fragen. (Wer keinen Mann hatte, durfte bestimmt auch den Vater, Onkel, Bruder o.a. Fragen.
Ich kenne das Buch nicht, aber das Thema finde ich interessant. Ja, die Frau, die in Sprüche 31 beschrieben ist, ist ein hoher Anspruch, wenn frau ihn gesetzlich erfüllen soll, wird das … mehrwahrscheinlich nichts. Und was das Schweigen in der Gemeinde angeht: Für mich ist das keine Diskriminierung, in der Gemeinde nicht zu lehren, sondern es ist einfach von Gott nicht vorgesehen, und zum anderen ist eine Frau viel mehr von Gefühlen getrieben als der Mann, wenn eine Frau predigt, kommen wahrscheinlich auch ihre Emotionen usw. durch. Man sollte Gottes Wort doch einfach Gottes Wort sein lassen und sich sagen: Mein Schöpfer hat das sich ausgedacht und in der Schöpfungsgeschichte steht: Siehe, es war sehr gut.